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Moritz, Karl Philipp

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* 15. 9. 1756 in Hameln
† 26. 6. 1793 in Berlin

Aufgewachsen in einem ärmlichen, von pietistischen Moralvorstellungen geprägten Elternhaus, wurde Moritz Hutmacherlehrling, wandte sich jedoch dem Schauspielerberuf zu. 1782 kam er nach England, 1786 nach Italien (erste Begegnung mit Goethe), Ende 1788 nach Weimar. Von 1789 an lehrte er in Berlin als Professor für Altertumskunde. Zu seinen literatur- und kunsttheoretischen Schriften gehören der Versuch einer deutschen Prosodie (1786) und die Abhandlung Über die bildende Nachahmung des Schönen (1788); 1791 erschien die Götterlehre der Alten. 1783–93 gab er das „Magazin für Erfahrungsseelenkunde“ heraus.

Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. 4 Teile, V 1785–90.
In seinem weitgehend autobiografischen Werk schildert Moritz die von Armut, sektiererischer Frömmigkeit und Krankheit belastete Kindheit, den ihm auferlegten Verzicht auf eine höhere Schulbildung, den Besuch der Armenschule in Hannover, die Verbindung zur Schauspielertruppe Konrad Ekhofs und die Mitgliedschaft in der Speich’schen Theatergesellschaft. Entscheidende Bildungserlebnisse sind die Lektüre Youngs (Nachtgedanken), Goethes (Die Leiden des jungen Werthers) und Shakespeares. Das höchste Ziel ist die Verkörperung Clavigos, Lears oder Hamlets; hier sieht Reiser die Möglichkeit, „Empfindungen und Gesinnungen“ zum Ausdruck zu bringen, die „in die wirkliche Welt nicht passten“.
Das Streben nach einem „Ausgleich zwischen Ideal und Wirklichkeit“ durch das Theater steht im Zusammenhang der durchgehenden Thematik des „Widerspruchs zwischen außen und innen“, der sich auch in den sozialen Verhältnissen ausprägt: Reiser empfindet die Förderung, die ihm zuteil wird, als Demütigung.
Vorherrschend ist das (von pietistischer Selbsterforschung beeinflusste) psychologische Interesse, das sich in den Vorreden zu den vier Teilen unmittelbar bekundet. In kulturgeschichtlicher Hinsicht gibt der Roman Einblick in die Epoche des Sturm und Drang.