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Braun, Volker

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* 7. 5. 1939 in Dresden

Der Lyriker, Erzähler und Dramatiker war nach dem Abitur als Arbeiter tätig und studierte 1960–64 in Leipzig Philosophie; 1965 ließ er sich in Ost-Berlin als Dramaturg („Berliner Ensemble“, Dt. Theater) und freier Schriftsteller nieder. Sein zunächst von kritischer Solidarität mit der DDR geprägtes literarisches Schaffen setzt sich mit Hemmnissen und Widersprüchen auf dem Weg einer Fortentwicklung der sozialistischen Gesellschaft auseinander. Diese Grundhaltung führte ihn vor allem in seinen Gedichten auch zur Kritik an einem Verständnis der Literatur als Instrument politischer Agitation, die von den Belangen und der Befindlichkeit des Individuums absieht. Nach dem Ende der DDR verarbeitete der „eigensinnige Sozialist“ Braun als Dramatiker mehrfach antike Themen als Spiegel von Problemen der Gegenwart. Iphigenie in Freiheit (1992) handelt von der Enttäuschung und Mutlosigkeit der Geschwister Iphigenie, Antigone, Elektra und Orest. In Limes. Mark Aurel (2001) betrachten die röm. Intellektuellen die Welt vernünftig, ohne vernünftig zu handeln.
1980 wurde Braun mit dem Heinrich-Mann-Preis, 1988 mit dem Staatspreis erster Klasse der DDR und 2000 mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. 2006 wird Braun zum Direktor der Sektion Literatur der Akademie der Künste (Berlin) gewählt. 2008 wurde ihm der ver.di-Literaturpreis für seine Erzählung Das Mittagsmahl (Erzählband, 2007) zuerkannt.
2008 erschien das Machwerk oder Das Schichtbuch des Flick von Lauchhammer. Der altgediente Arbeiter Flick von Lauchhammer rennt hier in 48 Schwänken gegen die globalen „Windräder“ an: ein komisch-philosophisches Schelmenstück über die moderne Zeit. Volker Braun lebt in Berlin.

Gedichtbände: Provokation für mich (1965), Wir und nicht sie (1970), Gegen die symmetrische Welt (1974), Training des aufrechten Gangs (1979), Tumulus (1999). – Romane: Hinze-Kunze-Roman (1985). – Erzählungen: Das ungezwungene Leben Kasts (1972), Trotzdestonichts oder Der Wendehals (1995), Das unbesetzte Gebiet, historische Erzählung (2004). – Dramen: Hans Faust (1968, u. d. T. Hinze und Kunze 1973), Tinka (E 1973, U 1976), Guevara oder Der Sonnenstaat (1977), Simplex Deutsch. Schauspielkasten für Theater und Schule (1980), Transit Europa (1988), Der Staub von Brandenburg (1999). – Essays: Verheerende Folgen mangelnden Anscheins innerbetrieblicher Demokratie, Schriften (1988).

Die Kipper. Drama, E 1962–65, U 1972.
Angesiedelt Ende der 1950er Jahre, „nach der großen Vergesellschaftung der Maschinen“, handelt das Stück vom individualistischen, als „Sport“ betriebenen Leistungseifer des ungelernten Arbeiters Paul Bauch, der seine notwendige Grenze und Korrektur durch das Kollektiv findet. Es ist dies eine „Probe für andre Kämpfe der neuen Zeit“ (Vorspruch).

Unvollendete Geschichte. Erzählung, V 1975.
Karin, Tochter eines SED-Funktionärs, wird unter Druck gesetzt, ihre Beziehung zum vorbestraften „Rowdy“ Frank abzubrechen, zumal er angeblich „Republikflucht“ plant. Während des Bangens um Frank, der einen Selbstmordversuch unternommen hat, wird sich Karin ihrer Entfremdung von den Eltern und dem durch sie repräsentierten Staat bewusst.

Die Übergangsgesellschaft. Komödie in 3 Teilen, E 1982, U 1987.
Schauplatz ist der Garten einer Villa in der DDR in den 1980er Jahren. Hier versammelt sich die Familie Höchst zu einer Geburtstagsfeier, die in gedrückter Stimmung verläuft. Das Spiel, ein Reiseziel eigener Wahl zu beschreiben, wird zum Anlass, insgesamt unterdrückte Hoffnungen auszusprechen. Die Gespräche ergeben das Bild einer in Stagnation verharrenden Gesellschaft. Nur wer seine individuelle Identität verleugnet, kommt – z. B. als Opportunist – zurecht.
Brauns Stück, zu dessen Hauptpersonen die Schwestern Irina, Mascha und Olga gehören, erscheint als Neufassung von A. Tschechows gesellschaftskritischem Meisterwerk Drei Schwestern (U 1901). Wie bei mehreren Stücken Brauns ging auch hier der ersten Inszenierung in der DDR (Ost-Berlin 1988) die Uraufführung in der B. D. (Bremen 1987) voraus.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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