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Walther von der Vogelweide

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* um 1170 in Österreich
† um 1230 in Würzburg (?)


Obwohl nur ein einziges gesichertes biografisches Datum urkundlich überliefert ist (am Martinstag des Jahres 1203 erhielt der Sänger vom Passauer Bischof Wolfger fünf Denare für einen Winterpelz), tritt Walther von der Vogelweide im Spiegel seiner vielfach personen- und ereignisbezogenen Dichtung innerhalb eines konkreten historischen Bezugsrahmens in Erscheinung. Vor allem aber bildet sein Schaffen den Ausdruck einer individuellen Persönlichkeit. So ist es kein Zufall, dass sein Autorenbild in der „Manessischen Handschrift“ (um 1330) den Anfangsversen eines Gedichts nachgebildet ist, die als „Selbstbildnis“ wirken: „Ich saz ûf eime steine / und dahte bein mit beine: / dar ûf satzt ich den ellenbogen: / ich hete in mîne hant gesmogen / daz kinne und ein mîn wange“ (Ich saß auf einem Stein / und hatte ein Bein übers andere geschlagen, / darauf den Ellenbogen gesetzt, / ich hatte in meine Hand das Kinn / und eine meiner Wangen geschmiegt).
Walther stammt vermutlich aus niederem Adel, einem Ministerialengeschlecht. Um 1190 bis zum Tod seines Gönners, des Herzogs Friedrich von Österreich (1198), hielt er sich in Wien am Hof der Babenberger auf, als Schüler, Herausforderer und Konkurrent des betont höfischen, „klassischen“ Minnesängers Reinmar der Alte. Fortan führte er als „Fahrender“ ein Wanderleben; es kann zur Erklärung der Vielfalt der in Walthers Dichtung erkennbaren Einflüsse sowie der Aufhebung erstarrter Traditionen herangezogen werden. Zu Walthers Gönnern gehörten der dt. König Philipp von Schwaben und dessen Rivale, der spätere Kaiser Otto IV. aus dem Haus der Welfen, Landgraf Hermann I. von Thüringen, auf dessen Wartburg – wenn überhaupt – zwischen 1207 und 1210 der „Sängerwettstreit“ u. a. mit Wolfram von Eschenbach stattgefunden hat, und der Staufer Friedrich II., der ihm um 1220 ein kleines Lehen in Würzburg vermachte.
Die überragende Bedeutung der Lyrik Walthers von der Vogelweide beruht zum einen auf der Erneuerung des Frauenbildes der Minnedichtung. Der Lobpreis gilt nicht mehr einer Traumvorstellung, sondern der sinnlich erfahrbaren Schönheit: „Si wunderwol gemachet wîp, / daz mir noch werde ir habedanc! / ich setze ir minneclîchen lîp / vil werde in mînen hôhen sanc“ (Die wunderbar geschaffne Frau, / dass sie mir’s einst noch danken möge! / Ich setze ihre liebliche Gestalt / herrlich in mein hohes Lied). Die Themen der Liebeslyrik reichen bis zum Mädchenlied (als Rollendichtung) der „niederen Minne“: „‚Under der linden / an der heide, / dâ unser zweier bette was, / (…) tandaradei, / schône sanc diu nahtegal.‘“ Zum anderen entwickelte Walther eine politisch wirkungsvolle Spruchdichtung, die nicht allein Lebensweisheit vermittelt, sondern in umfassender Weise der Diagnose des moralischen, religiösen und staatlichen Lebens dient. In den Mittelpunkt rückte die Kritik an der Selbstherrlichkeit der päpstlichen Kirche: „ir pfaffen, ezzent hüenr und trinkent wîn“, lässt Walther Innozenz III. höhnen, „unde lânt die tiutschen leien magern unde vasten!“ (Ihr Priester, esst Hühner und trinkt Wein / und lasst die dt. Laien magern und fasten!). Als Vermächtnis ist Walthers wohl 1227 im Zusammenhang des zunächst gescheiterten Kreuzzugs Friedrichs II. entstandene sog. ´Elegie zu betrachten.

Sie finden hier online folgende Texte von Walther von der Vogelweide:



Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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