Lexikon


Buber, Martin

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Lebenslauf

Geboren: 8. Februar 1878 in Wien
Gestorben: 13. Juni 1965 in Jerusalem

1878 in einer großbürgerlichen jüdischen Familie in Wien geboren, wuchs Martin Buber seit seinem vierten Lebensjahr bei seinem Großvater, einem der wichtigsten jüdischen Gelehrten der damaligen Zeit, im galizischen Lemberg (heute Ukraine) auf. Er studierte in Wien, Leipzig, Zürich und Berlin unter anderem Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte, Psychiatrie und Psychologie. In Wien schloss er sich der zionistischen Bewegung an, deren Ziel die Rückkehr aller Juden in das Land Israel war. Buber trat für eine friedliche Koexistenz von Juden und Arabern in einem gemeinsamen Staat ein. Für ihn war der jüdische Staat kein Selbstzweck, sondern sollte der Rahmen für einen hebräisch-biblischen Humanismus sein.
Von 1924–1933 arbeitete Martin Buber als Dozent und Professor für jüdische Religionswissenschaft und Ethik an der Universität Frankfurt am Main. 1938 emigrierte er nach Jerusalem, wo er von 1938–1951 als Professor für Sozialphilosophie tätig war.
Martin Buber hinterließ ein reiches, vielfältiges Werk: Schriften zum Chassidismus, zur Religionsphilosophie, Dialogphilosophie, Sozialphilosophie und Politik.


Bedeutung

Martin Buber ist ein Vordenker des christlich-jüdischen Dialogs und der Idee eines friedlichen Nebeneinanders von Juden und Arabern in Palästina. Seine Dialogphilosophie hat die Diskursethik von Jürgen Habermas, die auch dialogisch ausgerichtet ist, nachhaltig beeinflusst.


Lehre und Gedanken

Martins Bubers philosophisches Denken wird auch Dialogik genannt. Ein solches Denken denkt den anderen Menschen immer schon mit. Es gibt kein Ich ohne ein Du, es gibt keinen Menschen ohne andere Menschen. So lautet der grundlegende Satz in Bubers philosophischem Hauptwerk „Ich und Du“ auch:

„Im Anfang war Beziehung“. (Martin Buber: Ich und Du)

Hinter diesem kryptischen Satz verbirgt sich die Einsicht, dass der Mensch sein eigentliches Wesen nur in Verhältnis zu einem anderen erfahren kann. Grundlegend für die Selbstwerdung des Menschen sind also die Beziehungen und die Qualität dieser Beziehungen zu anderen Menschen. Diese damals nur rein philosophische Spekulation ist von modernen Theorien der Entwicklungspsychologie und Säuglingsforschung erst in jüngster Zeit empirisch bestätigt worden.
Die Ich-Du-Beziehung ist also grundlegend für menschliche Existenz und nicht weiter ableitbar. Es gibt bei Buber kein von der Welt, vom Gegenüber unabhängiges Subjekt, das der Welt gegenübertritt. Das Ich findet sich selbst immer schon in Beziehung, in Bezogenheit vor. Als Erklärung dieses Ergebnisses nimmt Buber ein „eingeborenes Du“ an, eine Art angeborenen Kontakttrieb, der den Menschen treibt, sich alles zum Du zu machen, in Beziehung zu treten.
Diesen Ansatz hat Buber auch auf die Beziehung zu Gott übertragen. Durch die Erfahrungen des täglichen Lebens wird der Mensch von Gott, dem „Ewigen-Du“ angesprochen und wird somit in seinem Glauben zum „Ich“. In seinen Handlungen spricht der Mensch als „Ich“ zu Gott. Damit über nimmt der Mensch vor Gott die Verantwortung für das, was er tut.


Hauptwerke von Martin Buber

„Ich und Du“ (1923)
Martin Buber: Ich und Du. Stuttgart: Reclam 1995.

„Das Problem des Menschen“ (1943)
Martin Buber: Das Problem des Menschen. Gütersloher Verlagshaus, 7. Aufl., 2007.

„Pfade in Utopia“ (1950)
Martin Buber: Pfade in Utopia. Über Gemeinschaft und deren Verwirklichung. Heidelberg: Schneider, Orig.-Ausg., 3. Aufl., erhebl. erw. Neuausg. 1985.


Werke über Martin Buber

Gerhard Wehr: Martin Buber: Leben, Werk, Wirkung. Zürich: Diogenes 1991.

Hans-Joachim Werner: Martin Buber. Frankfurt/Main u.a.: Campus 1994.

Siegbert Wolf: Martin Buber zur Einführung. Hamburg: Junius 1992.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

Philosophen und Denker
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