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Nagel, Thomas

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Lebenslauf

geboren: 4. Juli 1937 in Belgrad

Thomas Nagels Eltern wanderten 1939nach New York aus. Von 1954 – 1958 studierte er an der Cornell University in Ithaca, von 1958 – 1960 an der Oxford University. 1963 promovierte er an der Harvard University in Philosophie. In der Folge lehrte er drei Jahre an der University of California in Berkeley, vierzehn Jahre an der Princeton University und seit 1980 an der New York University als Professor of Philosophy and Law.


Bedeutung

Thomas Nagel ist ein bedeutender amerikanischer Philosoph und einer der einflussreichsten Philosophen des englischen Sprachraumes. Er ist ein Vertreter einer nicht reduktionistischen Philosophie des Geistes.


Lehre und Gedanken:

Bekannt geworden ist Thomas Nagel in der Philosophie 1974 mit dem Aufsatz „Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?“. Er fiel in eine Zeit, da die meisten Philosophen durch die rasanten Entwicklungen der Neuro- und Kognitionswissenschaften meinten, den menschlichen Geist bald restlos (naturwissenschaftlich) erklären zu können. Nagel hat mit dieser Schrift eine Diskussion ausgelöst, die in der Bewusstseinsphilosophie (auch „Philosophie des Geistes“ genannt) heute noch andauert.
Nagel tritt darin Theorien des menschlichen Bewusstseins entgegen, die den menschlichen Geist auf gehirnphysiologische Vorgänge reduzieren wollen. Er hält es für gänzlich falsch, den menschlichen Geist rein physikalisch erschöpfend erklären zu wollen. Was solchen (für ihn reduktionistischen) Erklärungsansätzen fehlt, ist die subjektive Perspektive, die Nagel für unabdingbar und unhintergehbar für das Phänomen des menschlichen Geistes hält. Dieses Subjektive hält er dabei nicht für objektiv mitteilbar. Wie es beispielsweise für mich ist, etwas Rotes zu sehen, kann ich nicht erschöpfend mit den Mitteln der Sprache beschreiben und für andere so gleich empfindbar machen. Es ist das subjektive Element meiner Erfahrungsperspektive, die es laut Nagel unmöglich macht, so etwas wie eine Rotwahrnehmung objektiv, beispielsweise mit den Mitteln der Gehirntomographie, darzustellen. Die Wissenschaften sind in ihrer Methode, so Nagel, auf eine „Außenperspektive“ von vornherein festgelegt, in der sich die „Innenperspektive“ des Erlebens gar nicht fassen lasse.

Berühmt ist Nagels Fledermaus-Argument geworden: Er argumentiert, dass wir niemals wissen können, wie es sich beispielsweise für eine Fledermaus anfühlt, Schmerzen zu haben. Wir können dies auch dann nicht wissen, wenn wir genau wissen, was in ihrem Gehirn im Moment der Schmerzempfindung vor sich geht und wir das auch graphisch darstellen können.

„Ich möchte wissen, wie es für eine Fledermaus ist, eine Fledermaus zu sein. Wenn ich mir jedoch dies nur vorzustellen versuche, bin ich auf die Ressourcen meines eigenen Bewusstseins eingeschränkt, und diese Ressourcen sind für das Vorhaben unzulänglich. Ich kann es weder ausführen, indem ich mir etwas zu meiner gegenwärtigen Erfahrung hinzudenke, noch, indem ich mir vorstelle, Ausschnitte würden davon schrittweise weggenommen, noch, indem ich mir Kombinationen aus Hinzufügungen, Wegnahmen und Veränderungen ausmale.
Bis zu dem Grade, in dem ich mich wie eine Wespe oder eine Fledermaus verhalten kann, ohne meine grundlegende Gestalt zu verändern, würden meine Erlebnisse gar nicht wie die Erlebnisse dieser Tiere sein.“ (Thomas Nagel: Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?)


Und was für die Fledermaus gilt, gilt auch für den Menschen: Egal wie viel wir über das Gehirn eines Menschen wissen, so können wir doch nie dessen ganz persönliche Erlebnisperspektive erschließen. Den Naturwissenschaften sind Nagel zufolge also grundsätzliche Erkenntnisschranken gesetzt.

Sehr erfolgreich ist Nagels kleine Einführung in die Philosophie mit dem Titel „Was bedeutet das alles?“ geworden. Sie wurde in 23 Sprachen übersetzt und widmet sich in überschaubarem Rahmen und allgemeinverständlicher Sprache den großen Fragen des Lebens: Woher wissen wir etwas? Wie hängen Körper und Geist zusammen? Was bedeuten Wörter? Gibt es Willensfreiheit wirklich? Was ist Recht und was ist Unrecht? Was ist der Tod? Und worin könnte der Sinn des Lebens bestehen?


Hauptwerke von Thomas Nagel

„Wie ist es, eine Fledermaus zu sein“ (1974)
Thomas Nagel: Wie ist es, eine Fledermaus zu sein? In: Manfred Frank (Hg.): Analytische Theorien des Selbstbewusstseins. Frankfurt /M.: Suhrkamp 1994, S. 135–152.

„Was bedeutet das alles?“ (1987)
Thomas Nagel: Was bedeutet das alles? Eine ganz kurze Einführung in die Philosophie. Stuttgart: Reclam 2008.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2010

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