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Jonas, Hans

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Lebenslauf

Geboren: 10. Mai 1903 in Mönchengladbach
Gestorben: 5. Februar 1993 in New York

Hans Jonas wurde als Sohn einer jüdischen Textilfabrikantenfamilie geboren. 1921 begann er das Studium der Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Freiburg, wo zu dieser Zeit die großen Philosophen Edmund Husserl und Martin Heidegger lehrten. 1922 ging er für ein Jahr nach Berlin, um an der dortigen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums Judaistik zu belegen, entschloss sich aber ein Jahr später zur Rückkehr zu Heidegger nach Freiburg und folgte diesem in seinem Wechsel nach Marburg. In Marburg promovierte Jonas bei Heidegger mit der Arbeit „Der Begriff der Gnosis“. Im August 1933 emigrierte Hans Jonas zunächst nach London, 1935 nach Jerusalem. 1949 siedelte er nach Kanada und 1955 schließlich nach New York über. Er unterrichtete Philosophie in Ottawa und in New York. 1987 erhielt Jonas für sein philosophisches Werk den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.


Bedeutung

Hans Jonas ist ein bedeutender Philosoph und Religionshistoriker des 20. Jahrhunderts. Mit seiner Philosophie der Verantwortung gilt er als Begründer eines Umweltbewusstseins, das nachhaltiges Handeln fordert, und einer Ethik der wissenschaftlich technologischen Zivilisation.


Lehre und Gedanken

Am Anfang von Hans Jonas’ Philosophieren standen zunächst religionswissenschaftliche, aber auch geistes- und philosophiegeschichtliche Themen im Vordergrund, die er aus einer existenzphilosophischen Perspektive heraus behandelte.
Erst später wandte er sich ethischen Fragestellungen zu und untersuchte vor allem das Verhältnis von Mensch und Natur und den Umgang des Menschen mit der Technik. Dabei bemühte Jonas sich um einen ontologischen, objektiven Standpunkt, der nicht vom Menschen als denkendem und handelndem Subjekt ausgehen sollte, sondern von einem objektiven Sein, von der Natur. Dies brachte Jonas in einen Gegensatz zu vielen zeitgenössischen Ethikern, die den Menschen als Subjekt in das Zentrum ihrer Ethik setzten.

Sein philosophisches Hauptwerk „Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation“ erschien 1979 und ist schon im Titel gegen Ernst Blochs „Das Prinzip Hoffnung“ und seine marxistische Technikutopie gewandt. Nach Jonas habe eine zeitgemäße Ethik das veränderte Wesen des menschlichen Handelns unter den Bedingungen der modernen Technik zu berücksichtigen, was die klassischen Ethiken nicht mehr leisten könnten. Die moderne Technik und ihre enorme Handlungsreichweite verlangten in ethischer Hinsicht ein Hinausgehen über den unmittelbaren Nahbereich menschlicher Verantwortung. Verantwortung für zukünftige Generationen oder gegenüber fremden Kulturen ist mit althergebrachten ethischen Maximen wie z. B. der Nächstenliebe nicht zu erfüllen, vielmehr brauche es eine Erweiterung zur „Fernstenliebe“. So formuliert Hans Jonas, in Anlehnung an den Kategorischen Imperativ Kants, seinen sogenannten „ökologischen Imperativ“:

„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“ (Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung)

Jonas’ Ethik ist also eine Zukunftsethik, die Maßstäbe für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Welt und ihren Ressourcen und eine gewissenhafte Abschätzung der hochkomplexen Technikfolgen anmahnt und zu umreißen versucht.

In seiner 1987 erschienenen Schrift „Technik, Medizin und Ethik. Zur Praxis des Prinzips Verantwortung“ wandte Jonas seinen verantwortungsethischen Ansatz auf die Praxis an, indem er ihn für Anwendungsfelder wie Ökologie oder Biomedizin zu präzisieren suchte.

In seinen letzten Lebensjahren wandte sich Hans Jonas wieder religionsphilosophischen Themen der jüdischen Tradition zu. Unter anderem stellte er die Frage, ob und wie man nach der Erfahrung des millionenfachen Mordes an den Juden Europas überhaupt noch von Gott sprechen könne. Dies könne man, so Jonas, immer noch, nur müsse man die Vorstellung von der Allmacht Gottes aufgeben. Gott sei zwar gütig und stehe immer im Kontakt zu seiner Schöpfung und den Gläubigen, er habe aber keinen Einfluss auf die dem evolutionärem Werden ausgesetzte Welt. Die Verantwortung für das Böse in der Welt trägt folglich allein der Mensch.


Hauptwerke von Hans Jonas

„Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation“ (1979)
Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation. Frankfurt /M.: Suhrkamp 2009.

„Technik, Medizin und Ethik. Zur Praxis des Prinzips Verantwortung“ (1987)
Hans Jonas: Technik, Medizin und Ethik. Zur Praxis des Prinzips Verantwortung. Frankfurt /M.: Suhrkamp 2003.

„Der Gottesbegriff nach Auschwitz: eine jüdische Stimme“ (1987)
Hans Jonas: Der Gottesbegriff nach Auschwitz: eine jüdische Stimme. Frankfurt /M.: Suhrkamp 2007.


Über Hans Jonas

Franz Josef Wetz: Hans Jonas zur Einführung. Hamburg: Junius Verlag 1994.

Wolfgang Erich Müller: Hans Jonas. Philosoph der Verantwortung: Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2008.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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