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Freud, Sigmund

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Lebenslauf

Geboren: 6. Mai 1856 in Freiberg, heute Tschechien
Gestorben: 23. September 1939 in London

Sigmund Freud wurde 1856 im mährischen (heute tschechischen) Freiberg als Sohn eines jüdischen Wollhändlers geboren und wuchs in Leipzig und Wien auf. Von 1873 an studierte er Medizin an der Universität Wien, zunächst mit dem Schwerpunkt Zoologie, später Physiologie. 1881 promovierte er in Medizin und wirkte von 1882 bis 1885 als Arzt im Wiener Allgemeinen Krankenhaus. 1886 eröffnete Freud eine eigene neurologische Praxis in Wien. 1900 erschien sein frühes Hauptwerk „Die Traumdeutung“, in der er erstmals die Methode der Psychoanalyse und ihre Grundbegriffe darstellte. 1902 erhielt Freud die Professur für Neuropathologie an der Wiener Universität. In den 1920er Jahren befand sich Freud auf dem Höhepunkt seines Schaffens, seine wichtigsten Schriften erschienen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland fielen aber auch Freuds Werke der Bücherverbrennung zum Opfer; Freud selbst musste 1938 vor den Nationalsozialisten nach London fliehen. Dort starb er 1939 an einer Überdosis Morphium nach einem langjährigen Krebsleiden.


Bedeutung

Sigmund Freud gehört zu den einflussreichsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Er war ein bedeutender Arzt, Psychologe und Religionskritiker. Er gilt als der Entdecker des Unbewussten und ist der Begründer der Psychoanalyse, einem heute noch angewandten psychotherapeutischen Verfahren.


Lehre und Gedanken

Der Besuch einer psychiatrischen Klinik in Paris, in der man versuchte, psychische Leiden mit Hypnose zu heilen, ließ in Freud eine seiner wichtigsten Einsichten reifen: Es muss ein Unbewusstes geben, welches für einen Großteil menschlicher Handlungen verantwortlich ist. Als Hauptursache für die Entstehung seelischer Krankheiten erkannte Freud die Verdrängung traumatischer, unerträglicher Erlebnisse aus der frühen Kindheit. Die Aufdeckung dieser unbewussten Traumata wurde zum Ziel der Psychoanalyse, deren Begriffe und Methode Freud erstmals in seinem 1900 erschienenen frühen Hauptwerk „Die Traumdeutung“ ausführte.

In seiner Schrift „Das Ich und das Es“ von 1923 formulierte Freud als Weiterentwicklung seiner psychologischen Theorie erstmals sein berühmt gewordenes „Strukturmodell der Psyche“. Demnach besteht die die menschliche Seele aus drei Funktionen bzw. Instanzen: dem „Ich“, dem „Es“ und dem „Über-Ich“. Dabei umfasst das „Es“ die unbewussten Triebkräfte und das „Über-Ich“ die verinnerlichten gesellschaftlichen und elterlichen Normen. Das „Ich“ entspricht dem bewussten Ich des Alltags, dem Selbstbewusstsein des einzelnen Menschen und steht zwischen dem unbewusst wirkenden „Es“ und dem verinnerlichten und oft auch unbewussten „Über-Ich“. Seine Aufgabe ist die Vermittlung zwischen „Es“ und „Über-Ich“, d. h. zwischen unbewussten Triebkräften und äußeren oder verinnerlichten Ansprüchen.

In späteren Jahren wandte Freud das psychoanalytische Deutungsverfahren auch auf Gebiete außerhalb der Psychologie an: auf religiöse und kulturelle Sachverhalte, auf Ethnologie, Mythologie und auf Werke der Kunst und Kultur. In seinem 1930 erschienenen Buch „Das Unbehagen in der Kultur“ führte er alle kulturellen und kreativen Leistungen auf die Verdrängung oder anderweitige ungenügende Bewältigung von Triebwünschen zurück. So sah er beispielsweise den Ursprung religiösen Glaubens in dem frühkindlichen Wunsch, mit der als allmächtig erlebten Mutter zu einer Einheit zu verschmelzen.

Sigmund Freud hat mit der Hervorhebung der Macht des Unbewussten gegenüber dem Bewussten das neuzeitliche Denken stark erschüttert. Das vorherrschende Verständnis des Menschen als ein nur durch Vernunft und Bewusstsein bestimmtes Lebewesen musste korrigiert werden. Freud selbst sah seine Entdeckung des Unbewussten als dritte große Kränkung der Menschheit: nach der ersten Kränkung durch Kopernikus, der die Erde aus dem Mittelpunkt des Universums verbannte und der zweiten Kränkung durch Charles Darwin, dessen Evolutionstheorie bewies, dass der Mensch nicht von Gott, sondern vom Tier abstammt. Freud nun hatte bewiesen, dass das bewusste Denken nur einen kleinen Teil der Prozesse im menschlichen Gehirn ausmacht. Das menschliche Denken wird von Trieben und anderen unbewussten Einflüssen bestimmt. Doch Freud gab den freien Willen und damit die Verantwortlichkeit des Menschen deswegen nicht auf. Vielmehr sah er darin eine Entwicklungsaufgabe jedes Menschen:

„Wo Es war, soll Ich werden.“ (Sigmund Freud: Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse)


Hauptwerke von Sigmund Freud

„Die Traumdeutung“ (1900)
Sigmund Freud: Die Traumdeutung. Frankfurt / M.: Fischer 2009.

„Das Ich und das Es“ (1923)
Sigmund Freud: Das Ich und das Es. Frankfurt / M.: Fischer 2009.

„Das Unbehagen in der Kultur“ (1930)
Sigmund Freud: Das Unbehagen in der Kultur. Frankfurt / M.: Fischer 2009.


Über Sigmund Freud

Hans-Martin Lohmann: Sigmund Freud zur Einführung. Hamburg: Junius 2002.

Micha Brumlik: Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts. Weinheim: Beltz Verlag 2006.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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