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Eich, Günter

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* 1. 2. 1907 in Lebus a. d. Oder
† 20. 12. 1972 in Salzburg


Der Sohn eines Gutsverwalters ging in Berlin und Leipzig zur Schule. 1925 begann er ein Studium der Volkswirtschaft und der Sinologie (Leipzig, Berlin, Paris). Erste Gedichte erschienen 1927 (Verbindung mit Kasack und Loerke), als erstes Hörspiel wurde 1931 Das Leben und Sterben des Sängers Caruso (1929) gesendet. Ab 1931 lebte Eich vorwiegend in Berlin als freier Schriftsteller, 1933–39 war er Mitarbeiter des Reichssenders Berlin (Hörspiele, Funkbearbeitungen). 1939 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und 1946 aus amerikan. Gefangenschaft entlassen. 1947 gehörte er zu den Gründern der „Gruppe 47“ (Preis der Gruppe 1950), 1953 heiratete er in zweiter Ehe Ilse Aichinger. Nach verschiedenen Wohnorten in Oberbayern ließ er sich 1963 bei Salzburg nieder. Zu seinen Auszeichnungen gehören der Hörspielpreis der Kriegsblinden 1952, der Georg-Büchner-Preis 1959 und der Mannheimer Schiller-Gedächtnispreis 1968.
Als Lyriker gehörte Eich zu Beginn der 1950er Jahre zu den Vertretern des „Kahlschlags“: Gedichte als emotionslose Notate. So endet Inventur mit der Strophe: „Dies ist mein Notizbuch, / dies ist meine Zeltbahn, / dies ist mein Handtuch, / dies ist mein Zwirn.“ Ein zentrales Thema und zugleich wesentliches Gestaltungsmittel der Hörspiele ist die Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Vorstellung. Die Möglichkeiten der akustischen Darstellung gewannen durch Eich eine maßgebende Bereicherung (Slg. Träume, 1953; Slg. Stimmen, 1958). Letztere Slg. mit 7 Stücken enthält Die Mädchen aus Viterbo (Erstsendung 1953): Spiegelbildliche Szenen kontrastieren die Furcht eines jüd. Großvaters und seiner Enkelin vor Entdeckung in ihrem Versteck (Berlin 1943) mit der Hoffnung der Mädchen, die sich mit ihrem Lehrer in einer Katakombe verirrt haben, dass sie gefunden werden. Die späte Prosa (Maulwürfe) besitzt satirischen Charakter einschließlich des Kalauers: „Im Steiß meines Angesichts bemühe ich mich um Anfänge. Goethes Gespräche mit Neckermann, das wärs.“

Gedichtbände: Gedichte (1930), Abgelegene Gehöfte (1948), Botschaften des Regens (1955), Zu den Akten (1964), Anlässe und Steingärten (1966). – Erzählungen und Kurzprosa: Züge im Nebel (1947), Slg. Maulwürfe (1968), Slg. Ein Tibeter in meinem Büro. 49 Maulwürfe (1970). – Hörspiele: Geh nicht nach El Kuwehd (1950), Die andere und ich (1951), Der Tiger Jussuf (1952), Blick auf Venedig (1952), Das Jahr Lazertis (1954), Zinngeschrei (1955), Allah hat hundert Namen (1957), Die Brandung von Setúbal (1957), Festianus, Märtyrer (1958), Man bittet zu läuten (1964), Zeit und Kartoffeln (1972).

Träume. Hörspiel, V 1953, U 1951.
Fünf alptraumartige Szenen variieren das Motiv von Bedrohung und Vernichtung: Drei Generationen einer Familie sind in einem fensterlosen Güterwaggon eingeschlossen; ein türk. Beamter wird mit der Bedienung einer Anlage betraut, die sich als Fallbeil erweist; eine austral. Familie verfällt beim Anrücken eines einzelnen Feindes der Ächtung; ein Moskauer Kartenzeichner wird im afrikan. Urwald von seinen Trägern im Stich gelassen; eine Hausfrau in New York erkennt den drohenden Zusammenbruch ihres Hauses. (Sie hört das Nagen von Termiten.)
Die Erstsendung hatte wütende Anrufe im Hamburger Sender zur Folge („Schmutzfink!“), denn der Appell zur Wachsamkeit störte die bedingungslose Bereitschaft zum „Aufbau“, zumal die Szenen in die Aufforderung mündeten: „Seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!“


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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