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Keun, Irmgard

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* 6. 2. 1905 in Berlin
† 5. 5. 1982 in Köln


Die Tochter eines Fabrikanten lebte mit ihren Eltern ab 1918 in Köln, besuchte 1926 die Schauspielschule und nahm zwei Engagements wahr. Als Schriftstellerin debütierte Keun mit dem Roman Gigli – eine von uns (V 1931, Verf u. d. T. Eine von uns Dtl. 1932 Johannes Meyer). Zu ihren Bekannten gehörte Tucholsky. Nach der Schadensersatzklage wegen der Beschlagnahmung der Bestände ihrer Bücher beim Verlag und der Verhaftung durch die Gestapo (Freikauf durch den Vater) emigrierte Keun 1935 nach Belgien. Ihr Roman Nach Mitternacht (V 1937 Amsterdam, Verf B. D. 1981 Wolf Gremm) handelt von den ersten Jahren der NS-Herrschaft. Das Zusammenleben mit J. Roth im Exil spiegelt der Roman Kinder aller Länder; er erschien ebenso wie der Emigrantenroman D-Zug dritter Klasse 1938 in Amsterdam. Nach einem Aufenthalt in den USA lebte Keun 1940–45 unter falschem Namen in Dtl. 1947 erschienen Bilder und Gedichte aus der Emigration (E 1936), 1950 ihr letzter Roman Ferdinand, der Mann mit dem freundlichen Herzen und 1954 die Satiren Wenn wir alle gut wären. Neuausgaben der früheren Romane erschienen in der B. D. herablassend unter dem Etikett „Unterhaltungsliteratur“. Die späte Würdigung als Mitbegründerin der Frauenliteratur (explizit weibliche Perspektive) bildete 1982 der nach Fleißer benannte Preis der Stadt Ingolstadt.

Das kunstseidene Mädchen. Roman, V 1932, Verf B. D./F /I 1960 Julien Duvivier, Dramat 1999 David Greiffenhagen.
Die Ich-Erzählung der jungen Doris wurde vom Verlag u. d. T. Mädchen ohne Bleibe und als Roman über ein „für unsere Zeit so charakteristisches Schicksal“ angekündigt, ausgehend vom Verlust der Arbeit. Der endgültige Titel bezieht sich auf das Ziel von Doris: „Ich werde ein Glanz, und was ich dann mache, ist richtig“, was zunächst und vor allem die äußere Ausstattung betrifft. So stiehlt Doris, ehemalige Angestellte im Büro eines Anwalts, dann beim Theater beschäftigt, aus dessen Garderobe einen Pelz („Der Mantel will mich, und ich will ihn, wir gaben uns.“). Daraufhin flüchtet Doris aus der Provinz nach Berlin. Hier durchlebt sie, mit ihrem Pelz als Fetisch, im Herbst und Winter 1931/32 ein Kaleidoskop der Erfolge und Enttäuschungen. Sie weiß: „Wenn man Glück bei Männern haben will, muss man sich für dumm halten lassen“; sie findet bestätigt: „Man kann furchtbar billig leben, wenn man reich ist“; und muss erfahren, dass „gerade die feinsten Leute heutzutage verhaftet“ werden. Am Ende ahnt Doris: „Aber auf den Glanz kommt es nämlich vielleicht gar nicht so furchtbar an.“ Ein zweites Leitmotiv ist der Film: Als Doris zu Beginn beschließt, ihre Erlebnisse aufzuschreiben, entscheidet sie: „Ich denke nicht an Tagebuch – das ist lächerlich für ein Mäd­chen von achtzehn und auch sonst auf der Höhe. Aber ich will schreiben wie Film, denn so ist mein Leben und wird noch mehr so sein. (…) Und wenn ich später lese, ist alles wie Kino – ich sehe mich in Bildern.“ Gemeint sind die Bilder einer glanzvollen Karriere, doch tatsächlich ist die Erzählweise als solche filmisch, beispielsweise durch sprunghafte Reaktionen auf Äußeres durch „Rückblenden“. Zu den Höhepunkten gehört in sprachlicher Hinsicht der Gang mit einem Blinden durch Berlin, wobei Doris gezwungen ist, alle Wahrnehmungen in Worte zu fassen.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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