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Bachmann, Ingeborg

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* 25. 6. 1926 in Klagenfurt
† 17. 10. 1973 in Rom


Nach dem Studium in Innsbruck, Graz und Wien (Jura, Philosophie, Psycho­logie und Germanistik) und der Promotion (1950) mit einer Arbeit über Die kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Heideggers war Bachmann beim Rundfunk tätig; erste literarische Veröffentlichungen ab 1946. Als Mitglied der „Gruppe 47“ (ab 1952) erhielt sie 1953 deren Preis. Sie lebte nun vorwiegend in Rom als freie Schriftstellerin (1955 politische Zeitungsbeiträge unter dem Pseudonym Ruth Keller). 1952 begann die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Hans Werner Henze (Ballettpantomime Der Idiot, 1958 Libretto zu der Oper Der Prinz von Homburg nach Kleist, 1964 zu der Oper Der junge Lord). Dem Bremer Literaturpreis 1956 folgten u. a. der Hörspielpreis der Kriegsblinden 1958 (Dankrede Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar), 1964 der Georg-Büchner-Preis und 1968 der Große Österreich. Staatspreis für Literatur. 1959/60 las Bachmann als erste Dozentin der Gastdozentur für Poetik in Frankfurt a. M. über Fragen zeitgenössischer Dichtung.
Bachmanns Lyrik sowie lyrisch gestimmte Erzählungen und Hörspiele entstanden im Spannungsfeld zwischen Sprachphilosophie (1953 erschien die Untersuchung Ludwig Wittgensteins: Zu einem Kapitel der jüngsten Philosophie) und unmittelbarem Empfindungsausdruck. Diesem Zwiespalt entspricht inhaltlich das Grundthema des Leidens an scheinbar unabdingbaren Ordnungen, die gleichwohl keine Geborgenheit bieten und selbst die intimsten Beziehungen in Vereinsamung verwandeln. Im Hörspiel Der gute Gott von Manhattan (1958) wird der Mord an einer Liebenden durch Ordnungsdenken gerechtfertigt. Die Gesellschaft erweist sich als „Traumwäscherei sei ohne sorge sei ohne sorge“, bis „Totenstille eintritt“ (Gedicht Reklame).

Gedichtbände: Die gestundete Zeit (1953), Anrufung des Großen Bären (1956). – Romane: Malina (1971). – Erzählungen: Slg. Simultan (1972), Gier (1973). – Hörspiele: Ein Geschäft mit Träumen (1952), Die Zikaden (1955), Der gute Gott von Manhattan (1958).

Das dreißigste Jahr. Erzählungen, V 1961.
In der Titelerzählung erschrickt ein Mann eines Tages bei dem Gedanken, dass er sich im 30. Lebensjahr befindet. Er hat an seine eigene Entfaltung geglaubt, obwohl er nur in den Tag hinein gelebt hat. Um zu sich selbst zu finden, will er seine Lebensweise vollständig ändern. Doch es gelingt ihm nicht, sich den an ihn gerichteten Erwartungen zu entziehen.
In der Erzählung Alles überträgt ein Vater seine unerfüllten Hoffnungen als Weltverbesserer auf den Sohn. Aber die Konventionen und Normen, von denen der Sohn durch seine Erziehung ferngehalten werden soll, behalten die Oberhand. Ein Motorradunfall setzt dem Experiment ein Ende.
Ein Schritt nach Gomorrha schildert den Versuch einer jungen Frau, sich in einer lesbischen Beziehung zu verwirklichen, nachdem ihr die Selbstverwirklichung in einer erstarrten Ehe verwehrt war.
Die Erzählung Undine geht verdeutlicht die Sprachlosigkeit im Zeichen der babylonischen Sprachverwirrung als ein Leitmotiv aller 7 Erzählungen. Die Titelheldin liebt das Wasser mit seinen sprachlosen Geschöpfen, die „nasse Grenze zwischen mir und dir“. In der Sprache liegt „all unser Unglück“.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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