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Novalis (eigtl. Georg Philipp Friedrich von Hardenberg)

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* 2. 5. 1772 in Wiederstedt bei Mansfeld
† 25. 3. 1801 in Weißenfels


„Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es – Umgekehrt ist die Operation für das Höhere“, schreibt Novalis im Logologischen Fragment Nr. 105; ein anderer Aphorismus lautet: „Nach innen geht der geheimnisvolle Weg. In uns oder nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Weiten, die Vergangenheit und die Zukunft.“ Es sind dies Grundpositionen der Romantik, die Novalis selbst als „magischen Idealismus“ verstanden hat. Anders als die meisten Frühromantiker stand er Goethe kritisch gegenüber und lehnte Wilhelm Meisters Lehrjahre nach anfänglicher Begeisterung als „poetisierte bürgerliche und häusliche Geschichte“, als „Satire auf die Poesie, Religion etc.“ ab. Sein Zukunftsentwurf zielte auf die vollständige Aufhebung der Gegensätze zwischen Poesie und Leben, Kunst und Wissenschaft, Ich und Welt, Traum und Wirklichkeit.
Der Sohn des Direktors der Sächs. Salinen wuchs in einem pietistisch geprägten Elternhaus auf (Vater und Mutter waren Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeinde). Nach einer Privaterziehung und einem Vorbereitungsjahr in Eisleben studierte er 1790–94 in Jena, Leipzig und Wittenberg Philosophie und Jura; 1797/98 studierte er an der Bergakademie in Freiberg, 1799/1800 war er in der Saline Artern tätig. Im Alter von 29 Jahren starb Novalis an Schwindsucht. 1802 veröffentlichten F. Schlegel und Tieck die (z. T. unvollendet) hinterlassenen Werke (Schriften, 2 Bde.).
Als „Bruchstücke des fortlaufenden Selbstgesprächs in mir“ verfasste Novalis mehr als 1000 Aphorismen, in denen die frühromantische Philosophie, Ästhetik, Religions-, Geschichts- und Naturauffassung ihre poetische Gestaltung finden. Jeweils eine Auswahl erschien 1798 in den Zeitschriften „Athenäum“ (Blüthenstaub) und „Jahrbücher der Preuß. Monarchie unter der Regierung von Friedrich Wilhelm III.“ (Glauben und Liebe oder Der König und die Königin). Die Auffassung des Mittelalters als „echtchristliche“ Zeit einer Einheit von Gott, Welt und Mensch enthält der Aufsatz Die Christenheit oder Europa (E 1799, V 1826). 1799/1800 entstanden die 15 Gedichte des Zyklus Geistliche Lieder (Teil-V 1801, V 1802), die ein mystisches Empfinden zum Ausdruck bringen, etwa im Marienlied: „Ich sehe dich in tausend Bildern, / Maria, lieblich ausgedrückt, / Doch keins von allen kann dich schildern, / Wie meine Seele dich erblickt. / / Ich weiß nur, dass der Welt Getümmel / Seitdem mir wie ein Traum verweht, / Und ein unnennbar süßer Himmel / Mir ewig im Gemüte steht.“ Das Fragment Die Lehrlinge zu Sais (E ab 1798, V 1802) besteht aus den Teilen Der Lehrling („Chiffernschrift“ der Naturerscheinungen) und Die Natur mit Gesprächen der Lehrlinge über Formen der Beziehung zwischen Mensch und der Natur sowie dem Märchen von Hyazinth und Rosenblüte: Die getrennten Geliebten werden neu vereint, indem Hyazinth auf der Suche nach dem Götterbildnis der Isis die Welt durchstreift und dieses sich ihm in Gestalt Rosenblütes enthüllt.

Hymnen an die Nacht. Zyklus von 6 Gedichten, E 1797–1800, V 1800 in der Zeitschrift „Athenäum“.
Im Unterschied zur überwiegenden Versform der handschriftlichen Fassung wechseln in der Druckfassung Verse und Prosa. Zugrunde liegt die Erschütterung durch den Tod der 15-jährigen Braut Sophie von Kühn. Der thematische Bogen spannt sich vom Leben inmitten der im Licht glänzenden Naturerscheinungen („Welcher Lebendige, Sinnbegabte, liebt nicht vor allen Wundererscheinungen des verbreiteten Raums um ihn, das allererfreulichste Licht – mit seinen Farben, seinen Strahlen und Wogen“, 1. Hymne) bis zur „Sehnsucht nach dem Tode“ (Titel der 6. Hymne): „Hinunter zu der süßen Braut, / Zu Jesus, dem Geliebten –/ Getrost, die Abenddämmrung graut / Den Liebenden, Betrübten. / Ein Traum bricht unsre Bande los, / Und senkt uns in des Vaters Schoß.“
Licht und Dunkel, Tag und Nacht, Diesseits und Jenseits, Leben und Tod sind gleichsam die Schalen einer Waage, die sich zugunsten der Nacht senkt: Am Grab der Geliebten zerreißt „des Lichtes Fessel“, Trost bietet die „Nachtbegeisterung“ (3. Hymne). Die 5. Hymne stellt die Polarität von Licht und Dunkel in den weltgeschichtlichen Zusammenhang der Entgöttlichung der Welt: „Nicht mehr war das Licht der Götter Aufenthalt und himmlisches Zeichen – den Schleier der Nacht warfen sie über sich. Die Nacht ward der Offenbarungen mächtiger Schoß – in ihn kehrten die Götter zurück (…).“ Konkret bezieht sich die Entgöttlichung auf die Herrschaft des „Verstandeslichts“: „Einsam und leblos stand die Natur. Mit eiserner Kette band sie die dürre Zahl und das strenge Maß.“ Die Aufhebung des Widerstreits zwischen Leben und Tod ist die Erlösungstat Christi: „Was uns gesenkt in tiefe Traurigkeit, / Zieht uns mit süßer Sehnsucht nun von hinnen. Im Tode ward das ewge Leben kund, / Du bist der Tod und machst uns erst gesund.“

Heinrich von Ofterdingen. Romanfragment, E ab 1799, V 1802.
Anregungen boten eine Legenden-Slg. über die hl. Elisabeth von Thüringen und zwei thüring. Chroniken. Die Titelgestalt ist der (historisch nicht nachgewiesene) Minnesänger; er steht im Zusammenhang mit dem legendären Sängerwettstreit auf der Wartburg.
Den Ausgangspunkt bildet Heinrichs Reaktion auf die Erzählung eines fremden Reisenden von einer wunderbaren „blauen Blume“; ihr begegnet Heinrich im Traum, wobei inmitten der zu einem „Kragen“ ausgebreiteten Blütenblätter „ein zartes Gesicht schwebte“. Auf einer Reise, die der 20-jährige Heinrich mit seiner Mutter und Kaufleuten vom heimischen Eisenach zum Großvater nach Augsburg unternimmt, wird er durch Erzählungen mit der Welt des Handels vertraut, ein Aufenthalt auf einer Burg gibt ihm Kunde von den Kreuzzügen, eine Morgenländerin schildert die „romantische Schönheit“ ihrer Heimat Arabien, ein alter Bergmann und ein Einsiedler tragen gleichfalls zum „leisen Bilden der inneren Kräfte“ Heinrichs bei. In Augsburg schließlich begegnet der Jüngling dem Dichter Klingsohr und dessen Tochter Mathilde, die er im Traum mit jenem Mädchengesicht im Kelch der blauen Blume identifiziert; zugleich kündigt ihm der Traum an, dass er die Geliebte verlieren wird, um sie erneut und für immer zu gewinnen. Der 1. Teil (Die Erwartung) endet mit Klingsohrs Märchen von Eros und Fabel und dem Beginn eines neuen Goldenen Zeitalters. Im 2. Teil (Die Erfüllung) verlässt Heinrich nach Mathildes Tod als Pilger Augsburg und gelangt zu einem Einsiedler, der ihm die „unmittelbare Sprache“ der Natur deutet und die Ankündigung des Goldenen Zeitalters wiederholt. Notizen zur Fortführung deuten dieses als Poetisierung des Menschengeschlechts und sprechen von Heinrichs „Übergang aus der wirklichen Welt in die geheime – Tod – letzter Traum und Erwachen“.

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Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009