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Scheler, Max

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Lebenslauf

geboren: 22. August 1874 in München
gestorben: 19. Mai 1928 in Frankfurt am Main

Max Scheler wurde als Sohn eines Gutshofverwalters und einer orthodox jüdischen Mutter geboren. 1899 konvertierte er zum Katholizismus. Scheler studierte Medizin, Philosophie, Psychologie und Soziologie in München und Berlin. Im Anschluss an Promotion (1897) und Habilitation (1899) wirkte er von 1901 – 1910 als Privatdozent in Jena und München. 1906 wurde ihm in Jena und 1910 in München die Lehrerlaubnis entzogen, da man Verwicklungen in seiner Ehe als moralisch nicht tragbar empfand. Als Privatgelehrter und freier Schriftsteller war er dann vor allem in Berlin und Göttingen tätig. Während des Ersten Weltkrieges, an dem Scheler aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht teilnehmen musste, vertrat er wie viele Intellektuelle eine nationale Position. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes propagierte er in der Schweiz und in Österreich eine geistige Erneuerung, die „durch die katholische Solidarität der Mittelmächte“ erreicht werden sollte. 1919 wurde Scheler durch den Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer als Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts an die wiedergegründete Universität Köln berufen. 1921/22 wurde er zum Professor für Philosophie und Soziologie an die Universität Köln berufen. Zur gleichen Zeit distanzierte er sich öffentlich vom katholischen Glauben. Kurz vor seinem Tod erreichte Scheler ein Ruf an die Universität Frankfurt am Main, den er jedoch nicht mehr annehmen konnte.


Bedeutung

Max Scheler war ein bedeutender deutscher Philosoph und Soziologe. Er gilt neben Arnold Gehlen und Helmuth Plessner als Begründer der modernen philosophischen Anthropologie, die im frühen 20. Jahrhundert als Reaktion auf den Verlust von Welt- und Wertorientierung entstand.


Lehre und Gedanken:

Max Scheler war ein vielseitiger Denker. Er beschäftigte sich u. a. mit der philosophischen Psychologie, der Erkenntnistheorie, mit Metaphysik, Religionsphilosophie, Wissenssoziologie und Ethik. Dabei ging es Scheler stets um ein Ganzes, um das Weltganze und den Menschen.

Von großem Einfluss war sein 1913 und 1916 erschienenes zweibändiges Werk „Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik“. In ihm versuchte Scheler eine Ablösung der Kantischen Pflichtethik durch eine Ethik, die auf einem emotionalen Wertgefühl beruht (Wertethik). Schelers Grundgedanke ist dabei, dass dem Verstand die Werte des Daseins (wie Liebe, Unendlichkeit, Wahrheit) und das wirkliche Erleben nicht zugänglich seien. So lehnt Scheler auch ein Menschenbild ab, das den Menschen auf Verstand und Vernunft reduziert. Stattdessen propagiert er ein Verständnis des Menschen als emotionales Wesen, das vom Lebenswillen, von magisch-mystischen Elementen sowie dem Unterbewussten wesentlich geprägt ist. So ist für Scheler auch nicht der menschliche Verstand der Erkenntnisort der Werte, sondern das menschliche Herz. Werte sind für Scheler lediglich fühlbar, so dass ein „emotionales Wertfühlen“ notwendig ist, um ihrer habhaft zu werden.
Scheler unterscheidet vier verschiedene Wertränge: sinnliche Werte (angenehm – unangenehm), Lebenswerte (edel – gemein), geistige Werte (recht – unrecht, schön – hässlich, wahr – falsch) und heilige Werte. Die Werte des Nützlichen siedelt er noch unterhalb dieser Hierarchie als nachgeordnet an.

Größte Wirkung erreichte ein 1927 gehaltener Vortrag, der 1928 unter dem Titel „Die Stellung des Menschen im Kosmos“ publiziert wurde. Darin gibt Scheler einen kurzen Ausblick auf seine eigene Metaphysik und Anthropologie, deren Ausarbeitung aber durch seinen frühen Tod nicht mehr zustande kam. In seinem Vortrag legte er dar, dass der Mensch einerseits ein Naturwesen sei, dessen Psyche nach dem Stufenbau der organischen Natur aufgebaut sei (Gefühlsdrang – Instinkt – assoziatives Gedächtnis – praktische Intelligenz). Demgegenüber setzte er aber ein gänzlich anderes Prinzip des Geistes, wodurch der Mensch dem Naturzusammenhang vollkommen „enthoben“ sei. So wird für Scheler der Mensch zur „Krone der Schöpfung“, zum

„Sinn der Erde, ja der Welt selbst.“ (Max Scheler: Die Formen des Wissens und die Bildung)

Vor dieser Selbstermächtigung des menschlichen Wesens hat Helmuth Plessner, ein weiterer Vertreter der philosophischen Anthropologie, eindringlich gewarnt.


Hauptwerke von Max Scheler

„Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik“ (1913–16)
Max Scheler: Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik. Bern / München: Francke 1980.

„Die Wissensformen und die Gesellschaft“ (1926)
Max Scheler: Die Wissensformen und die Gesellschaft. Bonn: Bouvier 2008.

„Die Stellung des Menschen im Kosmos“ (1928)
Max Scheler: Die Stellung des Menschen im Kosmos. Bonn: Bouvier 2007.


Über Max Scheler

Wolfhart Henckmann: Max Scheler. München: C. H. Beck Verlag 1998.

Angelika Sander: Max Scheler zur Einführung. Hamburg: Junius 2001.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2010

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