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Gehlen, Arnold

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Lebenslauf

Geboren: 29. Januar 1904 in Leipzig
Gestorben: 30. Januar 1976 in Hamburg

Arnold Gehlen kam als Sohn eines Verlegers zur Welt. Er arbeitete zunächst als Buchhändler und Bankangestellter, studierte dann aber von 1924 – 1927 Philosophie, Kunstgeschichte, Psychologie und Germanistik an den Universitäten Leipzig und Köln. Nach seiner Habilitation im Jahre 1930 lehrte er von 1930 – 1934 Philosophie an der Universität Leipzig. 1933 schloss sich Gehlen den Nationalsozialisten an und unterzeichnete das „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“. 1938 nahm er einen Ruf an die Universität Königsberg, 1940 seine Berufung an die Universität Wien an. Obwohl seine nationalsozialistische Haltung nach dem Zweiten Weltkrieg scharf kritisiert wurde, konnte er doch ab 1947 wieder in Speyer als ordentlicher Professor für Psychologie und Soziologie an der Akademie für Verwaltungswissenschaft einer Lehrtätigkeit nachgehen. Ende der 1950er-Jahre scheiterten aber Gehlens Bemühungen, eine Soziologie-Professur an der Universität Heidelberg zu erlangen am Widerstand Theodor Adornos und Max Horkheimers. Bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1969 lehrte Gehlen von 1962 an Soziologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen.


Bedeutung

Neben Helmut Plessner und Max Scheler war Arnold Gehlen ein Hauptvertreter der Philosophischen Anthropologie des 20. Jahrhunderts, die sich mit dem Wesen des Menschen und seiner Stellung in der Welt befasst. Seine auf Herder zurückgehende These vom Menschen als „Mängelwesen“ ist weit bekannt und viel diskutiert worden.


Lehre und Gedanken

Nach seiner Abwendung von der idealistischen Philosophie in den 1930er-Jahren versuchte Arnold Gehlen, die Anthropologie als eine Fundamentalwissenschaft zu entwickeln. Seine Philosophische Anthropologie soll eine empirisch fundierte Philosophie sein, die imstande ist, naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Betrachtungsweisen zu einer Gesamttheorie des Menschen, zur Erklärung seines ganzen Wesens, zusammenzuführen.

Grundgedanke von Gehlens philosophischer Anthropologie ist die Annahme, dass der Mensch ein Mängelwesen, d. h. ein von Natur aus mangelhaft ausgestattetes Lebewesen, ist. Alle kulturellen Leistungen des Menschen werden dabei aus der Bestrebung der menschlichen Gattung begriffen, diese natürlichen Mängel zu beheben.
Vor allem in seinem 1940 erschienenen Hauptwerk „Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt“ hat Gehlen seine These vom Menschen als Mängelwesen dargelegt. Dem Menschen fehlen sowohl spezialisierte Organe, wie sie Tiere haben, als auch eine menschenfreundliche Umwelt. Als Mängelwesen ist der Mensch aber zugleich als handelndes Wesen aufzufassen, als ein Wesen, das gegen den Mangel notwendigerweise aktiv werden muss.

„Der Mensch ist also organisch ‚Mängelwesen’, er wäre in jeder natürlichen Umwelt lebensunfähig, und so muss er sich eine zweite Natur, eine künstlich bearbeitete und passend gemachte Ersatzwelt, die seiner versagenden organischen Ausstattung entgegenkommt, erst schaffen, und er tut dies überall, wo wir ihn sehen. Er lebt sozusagen in einer künstlich entgifteten, handlich gemachten und von ihm ins Lebensdienliche veränderten Natur, die eben die Kultursphäre ist. Man kann auch sagen, dass er biologisch zur Naturbeherrschung gezwungen ist.“ (Arnold Gehlen: Der Mensch)

Nur durch Kultur (wie Sprache, Technik und Kunst, aber auch Moral- und Rechtsnormen) könne also der Mensch seine Mängel kompensieren und sein Überleben sichern.
Da der Mensch aber seine Umwelt in eine lebensdienliche Welt umwandeln kann, wird er potentiell überall lebensfähig. Das zeichnet den Menschen bei Gehlen vor allen anderen, von Natur aus weniger mangelhaft ausgestatteten Lebewesen, aus und macht ihn zu einem „einzigartigen Mängelwesen".


Hauptwerk von Arnold Gehlen

„Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt“ (1946)
Arnold Gehlen: Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt. Wiebelsheim: Aula Verlag 2009.


Über Arnold Gehlen

Christian Thies: Gehlen zur Einführung. Hamburg: Junius Verlag 2007.

Karlheinz Weißmann: Arnold Gehlen. Vordenker eines neuen Realismus. Bad Vilbel: Edition Antaios 2000.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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