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Infoblatt Bruchschollengebirge


Entstehung von Bruchschollengebirgen am Beispiel von Mitteleuropa



Bruchschollengebirge (Klett)


Entstehung von Bruchschollengebirgen am Beispiel Mitteleuropa

Die Mittelgebirge Deutschlands wie der Harz oder das Rheinische Schiefergebirge sind weit älter als die Alpen und zählen zu den Bruchschollengebirgen. Die Entstehung des Gebirgssockels, aus welchem später die mitteleuropäischen Bruchschollengebirge hervorgingen, reicht weit in die Erdgeschichte, in das Karbon (ca. 350 bis 290 Mill. Jahre vor heute) zurück. Während gebirgsbildender Vorgänge im Karbon kollidierten die beiden Kontinente Laurasia (heutiges Nordamerika) und Gondwana (unter anderem Afrika) unter Bildung eines riesigen Gebirgsgürtels. Dieser Gebirgsgürtel zieht sich heute von Amerika über das nordwestliche Afrika, die Iberische Halbinsel bis nach Mitteleuropa. Durch die starke Deformation durch erdinnere Kräfte während der Bildung und durch weitere Aufschmelz- und Abkühlungsvorgänge wurde das Gesteinsmaterial stark verfestigt (konsolidiert), da es alle Phasen der Faltengebirgsbildung durchlaufen hat. Im Anschluss an diese Gebirgsbildung gewannen jedoch Abtragungskräfte die Oberhand, die schließlich durch Senkungsbewegungen ergänzt wurden. In der Folge der Abtragungs- und Senkungsprozesse wurde das ehemalige Gebirge eingeebnet und verfiel schließlich der Eindeckung, d. h. Sedimente, abgelagert durch Flüsse, lagerten sich über dem Gebirgsrumpf ab. Es blieben leicht gewellte Hochflächen zurück.
Im Zuge der Entstehung der Alpen im Tertiär vor ca. 100 Millionen Jahre (alpidische Gebirgsbildung) gerieten auch die alten verfalteten und eingeebneten Gebirgsrümpfe wieder unter starken Druck. Da dieser Gebirgsrumpf jedoch bereits metamorph überprägt und somit stark verfestigt wurde, war keine weitere Deformation im Sinne von Faltung möglich. Der Druck der Afrikanischen Platte, die sich Richtung Norden schob, wirkte sich auch auf den starren Gebirgsrumpf aus. Durch die starken inneren Kräfte und die geringe Verformbarkeit zerbrach der Gebirgsrumpf in viele einzelne Schollen. Als Folge des Druckes und durch lokale Hebungs- und Senkungsvorgänge wurden die Schollen gegeneinander versetzt. Dadurch entstehen Schollengebirge, die von einer Vielzahl von Bruchlinien durchzogen werden. Dabei können die einzelnen Schollen vertikal gehoben oder gesenkt sowie horizontal gegeneinander verschoben werden. Je nach Bewegung der Schollen zueinander resultieren unterschiedliche Oberflächenformen, die das Bruchschollengebirge charakterisieren.


Formen der Bruchschollengebirge

Durch die starke Beanspruchung der geschilderten Prozesse entstehen Verwerfungen, die die Bruchfläche zwischen zwei Schollen markieren. Als Verwerfungen werden alle durch erdinnere Kräfte bedingten Verschiebungen und Brüche von Gesteinsschollen innerhalb der Erdkruste bezeichnet. Dabei kann man unterschiedliche Arten von Verwerfungen unterscheiden:
  • Blattverschiebung - zwei Schollen schieben sich waagerecht aneinander vorbei.
  • Vertikalverschiebung - senkrechte Hebung (Relativbewegung)
  • Aufschiebung - eine Scholle schiebt sich über eine andere
  • Abschiebung - eine Scholle ist gegenüber einer anderen abgesunken
Weitere kleinere Brüche im Gesteinsverband werden unter Klüften und Spalten zusammengefasst. Eine Kluft ist ein feiner, kaum geöffneter Riss im Gesteinsverband, wobei die Gesteinsschichten kaum gegeneinander versetzt sind. Bei einer Spalte hingegen sind die Wände auseinander gewichen, so dass ein Hohlraum entstanden ist.
Durch diese verschiedenen Arten der Bruchbildung entstand eine Vielzahl an markanten Formen:
  • Horste und Gräben - Im Rahmen von Auf- und Abschiebungen nehmen Bruchschollen unterschiedliche Höhenlagen ein. Gräben nennt man eine lang gestreckte, zwischen zwei parallelen Störungen abgesenkte Scholle. Das Gegenstück ist ein Horst, der relativ zu seiner Umgebung herausgehoben wurde.
  • Staffelbruch - Verwerfungen treten häufig nicht einzeln, sondern vergesellschaftet auf. Der Übergang von einer Scholle, die im Vergleich zu einer angrenzenden Scholle relativ gehoben wurde, vollzieht sich häufig treppenartig. Solch ein treppenartiger Übergang zwischen zwei Schollen wird auch als Staffelbruch bezeichnet.
Eine durch Bruchschollenbildung geprägte Landschaft ist jedoch nicht so leicht zu erkennen. Je nachdem, wie lange die Bruchbildung zurückliegt, haben Abtragung und Ablagerung die Spuren der abgelaufenen Prozesse verwischt. So ist die im Tertiär eingebrochene Oberrheinische Tiefebene noch als Graben kenntlich, die Sohle wurde jedoch durch den Rhein bereits mit mehreren hundert Metern mächtigen Schottern aufgefüllt.



Formen der Bruchtektonik (Klett)


Literatur

Bahlburg, H. & C. Breitkreuz (1998): Grundlagen der Geologie. Stuttgart
Bögl, H. (1986): Geologie in Stichworten. Wien
Brinkmann, R. (1990): Abriß der Geologie - Allgemeine Geologie. Stuttgart
Jacobshagen, V., Arndt, J., Götze, H.-J., Mertmann, D. & C.M. Wallfass (2000): Einführung in die geologische Wissenschaft. Stuttgart
Press, F. & R. Siever (1995): Allgemeine Geologie. Heidelberg, Berlin, Oxford.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Wolfgang Koppe
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 19.05.2012