TERRA-Online / Gymnasium

Die Bevölkerung der USA, eine mobile Gesellschaft


Mobilität, Umzug, Suburbanisierung, Rastlosigkeit, Fluktuation, Bevölkerungsbewegung, Völkerwanderung

Der Wille bzw. die Bereitschaft zu Mobilität und der Hang zu Neuerung und Veränderung, oft mit dem Wort Abenteuer (adventure) umschrieben, sind weitverbreitete Charaktereigenschaften der Amerikaner. Ihre rastlose Suche nach Glück, Vorteil und Neuerung hat bei der Gestaltung des improvisierten amerikanischen Stadtlandes und der Suburbanisierung der Nation eine ganz entscheidende Rolle gespielt. Mobilität bedeutet dabei sowohl im geographischen Sinne die Bereitschaft, auf der Suche nach seinem Vorteil bzw. Glück von einem Ort zum anderen, von der Stadt in den Vorort, von einem Landesteil zum anderen zu ziehen, als auch sozioökonomisch gesehen eine Bereitschaft, etwa den Beruf zu wechseln (im amerikanischen Durchschnitt fünfmal im Leben) oder immer wieder neue Geschäfte zu betreiben, wenn man auf diese oder andere Weise noch nicht zum Erfolg gekommen ist. Auch dies hat Dr. Thümmel 1848 ganz treffend formuliert: “Der Amerikaner ist ein Zugvogel oder vielmehr ein Nomade, der an keine Wohnstätte gebunden ist und sich nur auf der Wanderung glücklich fühlt. Er verlässt in der Jugend mit Gleichgültigkeit das Land seiner Geburt und die Gräber seiner Väter und verkauft im reifen Alter mit demselben Gleichmuthe den von ihm urbar gemachten Boden, die Wiege seiner Kinder und den Schauplatz seiner Leiden und Freuden, um sich tausend Meilen davon wieder anzusiedeln und eine neue Laufbahn zu beginnen.“

Amerikaner gelten auch heute noch mit Recht als die rastloseste Nation der Welt, die die höchste Mobilitätsrate aller Gesellschaften der Erde aufweist. Allein während des 20. Jahrhunderts zogen in jeweils 5 Jahren zwischen 40 und 50 % aller Amerikaner um, davon etwa 10 % in einen anderen Bundesstaat. Im Jahre 1989 waren es z. B. 18 % der Bevölkerung, das sind 45 Mio. Menschen. Während der letzten 30 Jahre (1960 bis 1990) sind insgesamt 90 % aller Amerikaner umgezogen. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von über 250 Mio. sind das gewaltige Bevölkerungsbewegungen. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die amerikanische Geschichte aus beständiger Völkerwanderung bestanden hat. Einwanderung, Umwanderung, Umverteilung, Rückwanderung. Eine ungewöhnliche Mobilität und Rastlosigkeit gelten als typischste aller amerikanischen Charaktereigenschaften.
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Der amerikanische Volkscharakter scheint gewissermaßen prädisponiert zu sein für ständige Veränderungen und eine Liebe für alles. Neue, wie schon Crévecoeur im Jahre 1782 gemeint hat, und für einen Mut zum Wagnis und Abenteuer, zum Neuanfang, kurz, für eine ständige Bewegung und Rastlosigkeit (restlessness). Dies alles sind wichtige Voraussetzungen für die Schaffung der so provisorischen spezifisch „amerikanischen“ Kulturlandschaft eines ewig in Fluktuation befindlichen Stadtlandes. Triebkräfte der Amerikaner sind u. a. das Verlassen des Alten, das Schaffen von Neuem, leaving the troubles behind, Hoffen auf Erfolg woanders, ja selbst Weiterziehen als Selbstzweck und als Wert an sich, um sich möglichst nicht irgendwo ganz und für immer festzusetzen und damit eventuell die Chancen des Lebens zu verpassen.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Nach: Lutz Holzner: Stadtland USA: The American Way of Life. Gotha: Perthes 1996, S. 45-48, stark gekürzt
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 12.05.2006
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