Infoblatt Nationalparks in Deutschland


Lage, Geschichte, Schutzbestimmungen, Ziele



Nationalparks in Deutschland (Klett)

Was ist ein Nationalpark? In einem Nationalpark soll die Natur weitestgehend sich selbst überlassen bleiben. Ein Nationalpark soll großräumig und von besonderer Eigenart sein und in erster Linie der Erhaltung eines möglichst vielfältigen Tier- und Pflanzenbestandes dienen. Der Nationalpark soll zudem vom Menschen möglichst wenig beeinflusst sein, einheitlich geschützt und der Bevölkerung zugänglich gemacht werden, soweit dies mit dem Schutzzweck vereinbar ist.


Geschichte

Im Jahr 1872 wurde mit dem Yellowstone-Nationalpark in Nordamerika der erste Nationalpark gegründet. Seither hat sich die Idee, Naturlandschaften durch Ausweisung als Nationalpark zu schützen, weltweit durchgesetzt. Zunächst war der Grundgedanke die Naturwunder zur Erholung und Freude gegenwärtiger und zukünftiger Generationen des amerikanischen Volkes vor einer Ausbeutung und Vernichtung der natürlichen Ressourcen zu bewahren. Dieser Idee folgten bald junge Nationen wie Kanada, Australien und Neuseeland. Denn hier bestand die Chance, die noch ungestörten und ursprünglichen Gebiete von der menschlichen Nutzung auszunehmen. Der erste europäische Nationalpark wurde 1909 in Schweden gegründet.
Trotz jahrelanger Forderungen wurde der erste Nationalpark in der Bundesrepublik Deutschland erst 1970 im Bayerischen Wald ausgewiesen. 1978 folgte die Gründung des zweiten Nationalparks Berchtesgaden. Im Jahr 1985 wurden dann große Teile des norddeutschen Wattenmeers und dessen Küstengebiete unter Schutz gestellt. In der ehemaligen DDR kam es aus ideologischen Gründen zu keiner Nationalparkausweisung. Stattdessen waren viele Gebiete (ca. 15 %) dem öffentlichen Zugang versperrt. Dadurch konnte sich hier, mehr oder weniger von menschlicher Nutzung ungestört, die Natur entfalten. In den letzten Tagen der ehemaligen DDR wurde dann noch ein Nationalparkprogramm erarbeitet, um einige unverbrauchte einstige Militär- und Sperrgebiete unter Schutz zu stellen. So sind in Deutschland bis dato 14 Nationalparks rechtsverbindlich ausgewiesen:
  1. Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (auch Biosphärenreservat)
  2. Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer (auch Biosphärenreservat)
  3. Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (auch Biosphärenreservat)
  4. Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft
  5. Nationalpark Jasmund
  6. Nationalpark Müritz
  7. Nationalpark Unteres Odertal
  8. Nationalpark Harz
  9. Nationalpark Hainich
  10. Nationalpark Sächsische Schweiz
  11. Nationalpark Bayerischer Wald (auch Biosphärenreservat)
  12. Nationalpark Berchtesgaden (auch Biosphärenreservat)
  13. Nationalpark Eifel
  14. Nationalpark Kellerwald-Edersee



Schutzbestimmungen

Die Schutzbestimmungen der Nationalparks variieren weltweit, aber auch innerhalb Europas zwischen den einzelnen Nationalstaaten. So sind die Naturlandschaften in Nordamerika und Afrika zumindest formal unter Schutz gestellt. In der Regel wird jedoch durch die intensivere Nutzung von Touristen und Erholungssuchenden der naturnahe Zustand erheblich beeinflusst. Deshalb entsprechen diese Schutzgebiete eher den deutschen Naturschutzgebieten, in denen nicht so strenge Schutzbestimmungen gelten. Im Unterschied zu den mitteleuropäischen Naturlandschaften sind hier viele Gebiete aber noch in ihrem ursprünglichen Zustand. Solche Regionen sind in Deutschland nicht mehr zu finden. Die meisten Gebiete sind besiedelt oder durch anthropogene Eingriffe übergeprägt.
Die International Union for Conservation of Nature and Natural Ressources (IUCN) ist verantwortlich für die Förderung, Harmonisierung und Koordination des Naturschutzes auf internationaler Ebene. EUROPARC ist die europäische Interessenvertretung für seine großen Schutzgebiete. Durch das relativierte Schutzkonzept der IUCN konnte in einigen deutschen Regionen Nationalparks ausgewiesen werden, die kaum mehr ungestörte großräumige Naturlandschaften besitzen.
In Deutschland werden die Schutzbestimmungen durch das Bundesnaturschutzgesetz geregelt. Der § 24 besagt, dass die rechtsverbindlich festgesetzten und einheitlich zu schützenden Gebiete großräumig und in besonderer Eigenheit sein sollen. Der überwiegende Teil des Gebietes muss die Voraussetzungen eines Naturschutzgebietes erfüllen. Ein möglichst großer Teil des Gebietes soll zudem den ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleisten. Voraussetzung hierfür ist ein vom Menschen möglichst nicht oder kaum beeinflusster Zustand des Naturraumes. Verantwortlich für die Umsetzung des Schutzzweckes sind die Bundesländer.


Schutzstatus

Bevor ein deutscher Nationalpark seinen endgültigen Bestimmungen gerecht werden kann, müssen verschiedene Entwicklungsphasen durchlaufen werden. Beschrieben werden kann die Entstehung eines Nationalparks mit der Gründungsphase, der Aufbauphase und der Konsolidierungsphase.
Die Gründungsphase ist die Zeit kurz vor und kurz nach der rechtlich gesicherten Ausweisung als Nationalpark. Ehe ein Nationalpark gegründet werden kann, müssen im Gesamtgebiet die entsprechenden Flächen gefunden und abgegrenzt werden. Beim Entscheidungsprozess kommt es dabei häufig zu Interessenkonflikten zwischen den Trägern und Betroffenen des Nationalparks. Beispielsweise ist die touristische Nutzung, Land- und Forstwirtschaft, Bergbau und Siedlungstätigkeit, wenn überhaupt, nur unter strengen Auflagen möglich. (So scheiterte der Nationalpark Elbtalaue 1999 wegen einer Klage. Ein Ehepaar sah sich durch die Nutzungseinschränkungen existenziell bedroht und begründete die Klage mit der fehlenden Naturbelassenheit.)
Als Aufbauphase wird die Zeit bezeichnet, in der die erforderlichen Verwaltungsstrukturen und nationalparkeigenen Infrastruktureinrichtungen aufgebaut und mehr als die Hälfte der Fläche aus der anthropogenen Nutzung ausgenommen sind. Im Nationalpark Bayerischer Wald hat die Aufbauphase ungefähr 20 Jahre gedauert. Ein Nationalpark befindet sich erst dann in der Konsolidierungsphase, wenn die Umsetzung der Schutzziele auf mindestens 75 % der Fläche gewährleistet werden. Das bedeutet u. a., dass das Naturgeschehen ohne nutzende und einlenkende Eingriffe abläuft.


Ziele

"Natur Natur sein lassen." – Die Nationalparks in Deutschland sollen nicht der Wiederherstellung oder Erhaltung von gestrigen oder heutigen Naturzuständen dienen. Es geht vielmehr darum, dass der Mensch weder lenkend, noch nutzend oder pflegend eingreift. Das Naturgeschehen soll nach den Gesetzmäßigkeiten ablaufen, die so alt sind wie die Erde. Aus diesen Rahmenbedingungen ergeben sich drei Aspekte, die aber nur im Zusammenhang gültig sind. Erstens gilt ein ethischer Anspruch an die Nationalparks. Dieser Aspekt gilt dem Gedanken der Verantwortung der nachfolgenden Generationen gegenüber, durch Erhalt der Großartigkeit von unberührter Natur. Da es in Mitteleuropa kaum noch Beispiele gibt, wie Natur ohne menschliche Nutzung aussieht, dient der zweite Aspekt der Wissenschaft. Diese soll die Nationalparkflächen als Referenzgebiete für die ökologische Forschung nutzen. Beide Aspekte können aber nur dann wirksam werden, wenn sie der Gesellschaft und den in der Region lebenden Menschen näher gebracht werden. Deswegen ist der dritte Aspekt der Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit als pädagogischer Anspruch zugeordnet. Als Leitbild soll hier dienen: "Nur was man weiß, das sieht man auch" und "Nur was man liebt, das schützt man auch". Eine nachhaltige touristische Nutzung der Nationalparks mit entsprechenden Einschränkungen ist demnach möglich bzw. sogar erwünscht.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 26.04.2010