Infoblatt Kyoto-Protokoll


Ziele, Reduktionsverpflichtungen, Emissionshandel und Ratifizierung



Nachdem die Wissenschaft Ende der 1980er Jahre eindringlich vor den Folgen eines vom Menschen verursachten Klimawandels warnte, sahen sich auch die Politiker zum Handeln gezwungen. Dieses globale Problem musste auf internationaler Ebene behandelt werden. Das Ergebnis der Verständigung vieler Länder der Erde war eine Klimakonvention (Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen), die 1992 in New York verabschiedet, in Rio de Janeiro unterzeichnet und am 21. März 1994 in Kraft gesetzt wurde. Aufgrund verschiedenster nationaler Interessen und wissenschaftlicher Forschungsdefizite auf dem Gebiet der vom Menschen verursachten Klimaänderungen wurden in der Konvention noch keine rechtsverbindlichen Aussagen getroffen. Es wurde lediglich als unverbindliches Ziel für die entwickelten Länder festgelegt, die Emissionen an Treibhausgasen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 zurückzuführen.
Außerdem wurde vereinbart, in regelmäßigen Zeitabständen internationale Treffen durchzuführen, auf denen konkretere Maßnahmen beschlossen werden konnten. Dies geschah 1997 mit der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls. (Ein Protokoll ist ein eigenständiges Dokument, das aber an einen bestehenden Vertrag, in diesem Fall die Klimakonvention, anknüpft.) Es wurden konkrete, rechtsverbindliche Maßnahmen vereinbart, die in den betroffenen Ländern praktisch auf alle wichtigen Wirtschaftszweige Auswirkungen haben. Deshalb gilt das Kyoto-Protokoll als das bedeutendste internationale Abkommen zum Schutz der Umwelt, das es bisher gab.


Ziel des Kyoto-Protokolls

Als Ziel wurde beschlossen, die wichtigsten vom Menschen beeinflussten und noch nicht in anderen Abkommen berücksichtigten Treibhausgase (Kohlendioxid, Methan, Lachgas, teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid) um 5,2 Prozent ausgehend von den Werten von 1990 zu reduzieren. Das Emissionsniveau der einzelnen Länder wird aus den Durchschnittswerten der Jahre 2008 - 2012 ermittelt werden. Dieser Zeitraum ist der "erste Verpflichtungszeitraum".


Reduktionsverpflichtungen und Emissionshandel

Um die Reduktionslast möglichst gerecht zu verteilen und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die 20 Prozent der Weltbevölkerung, die in entwickelten Ländern leben, 80 Prozent der Treibhausgasemissionen produzieren, wurde für jedes Industrieland eine genaue Reduktionsverpflichtung festgelegt, die auf die besonderen nationalen Verhältnisse Rücksicht nimmt. Als Industrieländer gelten die im Anhang (Annex I) der Klimarahmenkonvention aufgeführten Staaten (OECD-Mitgliedsstaaten im Jahr 1992 und industrialisierte Transitionsländer des ehemaligen Ostblocks). Entwicklungsländer gehen im Kyoto-Protokoll keine Verpflichtungen ein.

Um ihren Verpflichtungen nachzukommen, haben die Industrieländer verschiedene Möglichkeiten:
  1. Sie können mehr Emissionen einsparen als vorgeschrieben und den Überschuss an andere Länder verkaufen ("Emissions Trading") oder sich für den nächsten Verpflichtungszeitraum gutschreiben lassen ("Banking").
  2. Sie können in anderen Industrieländern emissionsreduzierende Technologien finanzieren und sich die Reduktion selbst anrechnen lassen, wenn Maßnahmen im eigenen Land teurer wären ("Joint Implementation").
  3. Sie können in Entwicklungsländern, die nicht zur Reduktion verpflichtet sind, mit "sauberen" Technologien die umweltverträgliche Entwicklung vorantreiben und damit Emissionsguthaben erwerben ("Clean Development Mechanism").



Ratifizierung

Das Protokoll von Kyoto sollte erst dann in Kraft treten, wenn zwei Bedingungen erfüllt wären: Mindestens 55 Länder müssen es ratifiziert haben und es müssen Länder beteiligt sein, die 1990 für mindestens 55 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich waren. Die erste Bedingung war kein Problem, die zweite wurde mit der Ratifizierung durch Russland im November 2004 ebenfalls erfüllt. Am 16. Februar 2005, 90 Tage nach der Ratifizierung, trat das Kyoto-Protokoll dann in Kraft.
Das die Erfüllung der zweiten Bedingung solche Schwierigkeiten bereiten würde, war 1997 noch nicht abzusehen. Der weltweit größte Umweltverschmutzer, die USA, mit einem Treibhausgasaufkommen von damals fast 25 Prozent der Weltproduktion, war und ist mit Blick auf die heimische Wirtschaft nicht bereit, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren und den Ausstoß an Treibhausgasen zu senken. Zwar konnte auch ohne die USA ein Inkrafttreten des Protokolls erreicht werden. Wie allerdings angesichts der amerikanischen Verweigerungshaltung die Entwicklungsländer in Reduktionsverpflichtungen mit einbezogen werden können, ist unklar. Diese wollen verständlicherweise erst die "Hauptschuldigen" in die Pflicht genommen sehen. Eine Hoffnung, die Haltung der USA und anderer nicht kooperativer Staaten aufzubrechen besteht darin, sie in die wirtschaftlichen Netzwerke, die durch die Entwicklung "sauberer Technologien" und den Emissionshandel entstehen, einzubinden und letztlich zu überzeugen. Im Falle von Australien konnte diesbezüglich ein Erfolg verbucht werden, da der Staat nach Jahren des Zögerns das Kyoto-Protokoll in Folge eines Regierungswechsels im Jahr 2007 ratifiziert hat. Letztendlich bleibt die Weiterentwicklung des Klimaschutzes trotz aller Widerstände ohne Alternative.


Weiterentwicklung

Dieser Prämisse entsprechend wurden mit der Bali-Roadmap im Dezember 2007 erste Schritte eingeleitet, um für die Zeit nach 2012 ein umfassendes Klimaabkommen zu verabschieden. Die Verhandlungen kamen im Dezember 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen wider Erwarten jedoch nicht zum Abschluss, stattdessen konnten sich die Staaten lediglich auf eine politische Vereinbarung, die „Copenhagen Accord“, einigen. Sie enthält Kernelemente zur zukünftigen Klimaschutzpolitik und konkrete Emissionsminderungsziele zahlreicher Industrie- und Entwicklungsländer.
Erst im Dezember 2010 konnte in Cancún (Mexiko) ein umfassendes Maßnahmenbündel zur Umsetzung von Klimaschutz und zum Ausbau des globalen Regelungswerkes durchgesetzt werden. Im „Cancun Agreement“ wurde nicht nur die Inhalte des „Copenhagen Accord“ gefestigt und erweitert, sondern unter anderem auch mehr Transparenz bei der Umsetzung und Unterstützung für die Entwicklungsländer festgelegt sowie ein neuer Klimafonds (Green Climate Fund) eingerichtet.
Auf der bereits 17. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention 2011 in Durban (Südafrika) wurden zwei wichtige Weichen gestellt. Zum einen soll ein Nachfolgeabkommen des 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls bei der nächsten Weltklimakonferenz in Katar vereinbart werden. Zum anderen wurde festgelegt, dass bis 2015 ein Abkommen erarbeitet wird, welches auch die Klimaziele der Nicht-Kyoto-Staaten erfasst. Zu diesen Staaten zählen unter anderem große Emittenten wie die USA, China und Indien. Dieses Abkommen soll 2020 als „Vereinbarung mit Rechtskraft“ in Kraft treten, der Grad der rechtlichen Verbindlichkeit bleibt somit vorerst offen.

Von Umweltschützern wird die Zukunft des Kyoto-Protokolls skeptisch gesehen. Denn drei große Emittenten (Kanada, Japan und Russland) erklärten bereits, sich an der geplanten zweiten Verpflichtungsperiode nicht mehr zu beteiligen. Damit stehen die verbliebenen Staaten nur noch für 15 Prozent der weltweiten Emissionen. Zudem wären laut Berechnungen des Weltklimarates IPCC seitens der Industrieländer eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent bis 2050 gegenüber 1990 notwendig. Das Kyoto-Protokoll hingegen sichert nur die ersten 5 Prozent.

Unabhängig von den Entscheidungen anderer Staaten wird Deutschland seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 senken, 25 Prozent davon konnten bereits bis 2010 reduziert werden, sogar mehr als im Kyoto-Protokoll vereinbart (21 %). Doch das Ziel der Bundesregierung und der EU, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen, gelingt nur mit Hilfe der weltweit großen Treibhausgasemittenten.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Maria Zeike, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2003
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.08.2012