Infoblatt Transsib


Transsibirische Eisenbahn - eine Bahnlinie der Superlative



Strecke und Fahrplan der Transsib (Klett)

Von Moskau aus führt die Transsibirische Eisenbahn durch das endlose Russland, vorbei an den gewaltigsten Strömen Eurasiens, dem einzigartigen Baikalsee und 89 Städten bis nach Wladiwostok am Pazifischen Ozean. Die "Transsib" ist eine Bahnlinie der Superlative. Die Hauptstrecke der Transsib gilt mit 9.288,2 km als längste Bahnlinie der Welt und durchquert mit Europa und Asien zwei Kontinente. Neben der Hauptbahn existieren noch einige parallel führende bzw. abzweigende Magistralen, mit denen Reisende ebenfalls Reiseromantik und Abenteuer verbinden. Dazu gehören die Baikal-Amur-Magistrale (BAM), die Trans-Mongolische Eisenbahn, die Turk-Sib und die Chinesische Ostbahn (Transmanschurische Bahn). Wirtschaftlich betrachtet war der Bau der Transsib die dringend notwendige Voraussetzung zur Erschließung der reichen Rohstoffvorkommen in Sibirien. Aus einstigen Dörfern und Kleinstädten entwickelten sich entlang der Transsib Großstädte oder es wurden Städte komplett neu gegründet.


Etappen des Baus

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Gedanke laut, eine Eisenbahnverbindung quer durch das russische Reich und Sibirien zu bauen. Angespornt durch die Vollendung der trans-kontinentalen Eisenbahnlinien in Amerika (1869) und Kanada (1885) beschloss Zar Alexander III. den Bau einer transsibirischen Eisenbahn entlang der damals bestehenden Post-Route. Begonnen wurde mit dem Bau 1891, wobei die Gesamtstrecke in sechs Teilabschnitte unterteilt war. Dies ermöglichte eine gleichzeitige Errichtung der Strecke, aber aufgrund des ungünstigen Klimas, der geomorphologischen Gegebenheiten, Überschwemmungen, Hangrutschungen, Krankheiten, Kriege und Überfälle dauerte die Erbauung der kompletten Strecke 26 Jahre. Die jeweiligen Bauabschnitte gaben den späteren Eisenbahnverwaltungen den Namen. Es entstand die Westsibirische-, die Mittelsibirische-, die Baikal-, die Transbaikalische-, die Amur- und die Ussuri-Bahn. Besonders problematisch für die Eisenbahnerbauer gestaltete sich die Baikalregion. Die bergige Gegend machte die Errichtung von Gleisanlagen unmöglich, deshalb entschieden sich die Verantwortlichen zu einer Fährverbindung über den Baikalsee. Zwei Schiffe, die ganze Züge in ihrem Inneren aufnehmen konnten, ermöglichten eine durchgängige Verbindung. Im Winter wurden entsprechende Schlitten eingesetzt bzw. sogar Gleise über das meterdicke Eis verlegt. Schon bald wurde die Baikalregion aber zu einem Nadelöhr der Transsib. Deshalb wurde unter großem Aufwand eine Umgehungsstrecke entlang des Baikalseeufers errichtet. Wegen dem allgegenwärtigen Permafrostboden und den wiederkehrenden Überschwemmungen erwies sich der Abschnitt zwischen dem Baikalsee und Chabrowsk ebenfalls als schwierig. Schließlich entschloss man sich zu einem Schienenkorridor durch Ostchina mit 25jährigem Nutzungsrecht. Allerdings wurde bereits wenig später doch die wesentlich aufwendigere innerrussische Strecke über den Amur realisiert, um eine Abhängigkeit von China zu verhindern. Die Arbeiten wurden 1907 aufgenommen und neun Jahre später vollendete die Errichtung der Amurbrücke die Transsibirische Eisenbahnstrecke endgültig.


Eine Reise mit der Transsib

Startpunkt der Transsib ist der Jaroslawer Bahnhof in Moskau. Der erste wichtige Halt nach der russischen Hauptstadt ist Jaroslaw, ein Verkehrsknotenpunkt zwischen Transsib und Wolga. Der Ural wird bei Kilometer 1.777 überquert. An dieser Stelle befindet sich auch die offizielle Grenze zwischen Europa und Asien bzw. Sibirien. Wenige Kilometer später erreicht die Transsib Jekaterinenburg, die Millionenstadt, in der die letzte Zarenfamilie hingerichtet wurde. Ungefähr 1.000 Bahnkilometer später wird Omsk, die zweitgrößte Stadt Sibiriens, durchquert. Das größte Kornsilo Sibiriens und die Kohle, Reifen- und Raumfahrtindustrie rufen hier ein enormes Güterverkehrsaufkommen auf der Transsib hervor, so dass dieser Abschnitt als die am dichtesten befahrene Güterverkehrsstrecke der Welt gilt.
Weitere ungefähr 600 Bahnkilometer gen Osten trifft die Transsib auf Novosibirsk. Diese Stadt wurde erst 1893 wegen dem Bau der Transsib gegründet und ist heute mit 1,45 Millionen Einwohnern ein bedeutendes Handels-, Finanz- und Messezentrum. Mehr als 5.000 Kilometern von Moskau entfernt wird Irkutsk und der Baikalsee erreicht. Dieser ist 630 km lang, 80 km breit und 1.620 m tief. Damit ist der Baikalsee der tiefste See der Welt und gleichzeitig das bedeutendste Süßwasservorkommen der Erde. Zu den 1.200 Tierarten im Baikalsee gehört eine Robbenart, die als einzige Art der Welt im Süßwasser existieren kann. Etwa 60 km westlich vom Baikalsee liegt Irkutsk, eine der wichtigsten Städte Sibiriens.
Auf der weiteren Fahrt mit der Transsib gelangt man nach Ulan Ude, die Hauptstadt der burjatischen Republik. Hier zweigt die Transmongolische Eisenbahn über die Mongolische Republik nach China ab. Die nächste Stadt, die an der Transsib gelegen ist, heißt Tschita. Erst mit der Eröffnung der Transsib und dem dadurch beginnenden Goldabbau begann die Entwicklung des einst unbedeutenden Orts. Bekannt wurde diese Stadt durch die unrühmliche Geschichte Sibiriens als Ort für Verbannungen. Nach etwa 9.300 Kilometern mit der Transsibirischen Eisenbahn wird der Endpunkt Wladiwostok erreicht. Gründe für die schnelle Entwicklung der Stadt waren die Transsib und die Stationierung des Militärs. Bis zum Ende der Sowjetunion war das Gebiet um Wladiwostok militärisches Sperrgebiet. Während der Sowjet-Ära galt die Transsibirische Eisenbahn als ein stählernes Band, welches das riesige Land zusammengehalten hat. Trotz des Niedergangs der Sowjetunion und neuer Verkehrsverbindung via Flugzeug ist die Transsib noch immer eine Lebensader für Sibirien. Wirtschaftlich geht es der russischen Bahn gut, insbesondere der Transsib. Der Güterverkehr ist gewinnbringend, die Personenfernzüge sind meist rentabel, Probleme bereiten nur die Vorortszüge. Mit der Fertigstellung der Fernstraße M 58 Amur im Jahr 2004, die seit 2010 asphaltiert ist, verlor die Bahn ihr Monopol in der Anbindung des russischen Ostens an den Rest des Landes (exklusive der Flugverbindungen).
Ein Fahrschein von Moskau nach Irkutsk kostet im Großraumwagen umgerechnet rund 100 Euro, im Viererabteil 250 Euro und im Zweierabteil 500 Euro (März 2012). Ein Ticket im 4er-Abteil bis Wladiwostok kostet jedoch 900 Euro (April 2012). Die Fahrpreise hängen ferner von der Qualität des Zuges und von der Reisezeit ab. Flugtickets sind in Russland meist billiger als Zugfahrscheine für die Zweierabteile. So wird die Transsib touristisch meistens als Ereignis an sich und nicht als Transportmittel genutzt.


Alternative Routen

In den 1920er Jahren wurde die Strecke der Transsib nach Kasachstan erweitert. Heute ist diese Linie nach Alma-Ata als Turk-Sib bekannt. Die BAM (Baikal-Amur-Magistrale) wurde ab 1941 geplant und ist seit 1989 durchgehend befahrbar. Die Strecke ist als Parallelbahn zur Transsibirischen Eisenbahn gedacht, die in Taischet von dieser abzweigt, nördlich um den Baikalsee herumführt und in Komsomolsk bzw. in Sowjetskaja Gawan (Sowjetischer Hafen) endet. Hauptziele des Baus sind die Entlastung der Transsibirischen Eisenbahn und die weitere Erschließung Ostsibiriens. Aus dem einstigen "Heldenprojekt des Jahrhunderts" der Sowjet-Jugend ist eine wenig frequentierte Nebenlinie geworden. Trotz des Anschlusses an den Pazifik ist diese Linie wirtschaftlich ineffizient und manche Städte verkommen zu Geisterstädten. In den 1940er Jahren wurde das Streckennetz durch eine weitere Linie nach Ulan-Bator in die Mongolei vergrößert. Bis 1956 wurde diese Trans-Mongolische Bahn bis nach Peking fortgeführt.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 01.05.2012