Infoblatt Frauenarbeitslosigkeit


Gründe für die hohe Frauenarbeitslosigkeit und ihre Verteilung innerhalb Deutschlands

Eine spezielle Form der Arbeitslosigkeit von Problemgruppen stellt die Frauenarbeitslosigkeit dar. Sie ist nicht nur abhängig von Bildung und Alter, sondern vorrangig vom "Problem" Kinder. Wichtige Gründe, die zur Arbeitslosigkeit der Frauen beitragen:
  • Frauen im erwerbsfähigen Alter sind gegenüber Männern aufgrund der Kinderbetreuung benachteiligt, da es nicht ausreichend Tageseinrichtungen, z. B. Kinderkrippen oder Ganztagsschulen, gibt. Frauen können deswegen oft nur stundenweise arbeiten.
  • Ist die Phase der intensiven Kinderbetreuung vorbei, so haben viele Frauen das Problem, zu lange aus ihrer früheren Tätigkeit heraus zu sein. Die Stellen wurden neu besetzt und/oder es bestehen Wissensdefizite.
  • Zahlreiche frauentypische Berufe, z. B. Textilherstellung oder Verwaltung, sind weggebrochen.
  • Aufgrund gesetzlicher Zahlungsverpflichtungen stellt der Mutterschaftsurlaub eine finanzielle Belastung insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen dar.
  • Viele Frauen haben inzwischen ein Alter erreicht, wo eine Vermittlung nur sehr selten gelingt. So sind beispielsweise in Sachsen mehr als 50 % der arbeitslosen Frauen älter als 50 Jahre.
Die Frauenarbeitslosigkeit ist in Deutschland sehr ungleich verteilt. Dass der Unterschied zwischen Ost und West so gravierend ausfällt, hat verschiedene Gründe. Ein wesentlicher davon ist in der Vergangenheit zu suchen: Zum einen wurden Frauen in den ehemaligen Ostblockstaaten zur Selbstständigkeit einschließlich der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit angehalten. Zum anderen waren die monatlichen Einkünfte in den früheren sozialistischen Ländern derart gering, dass Frauen zumeist gezwungen waren, zum Familienunterhalt beizutragen, wollte man einen bestimmten Lebensstandard erreichen und sichern. Als nach der Wende die meisten Betriebe schlossen oder sehr stark verkleinert wurden, meldeten sich in der Folge viele Frauen arbeitslos, um wieder vermittelt zu werden oder Arbeitslosengeld etc. zu erhalten. Frauen wurden daher entsprechend in der Arbeitslosenstatistik erfasst.
Im Gegensatz dazu waren Frauen in den westlichen Industrienationen in der Vergangenheit häufig Hausfrauen oder sie gingen einer geringfügig bezahlten Teilzeitbeschäftigung (z. B. stundenweise Tätigkeit im Supermarkt) nach – Tätigkeiten, die sich nicht in der amtlichen Arbeitslosenstatistik niederschlagen, da die Frauen nicht erwerbslos gemeldet sind. Frauen, die Tätigkeiten dieser Art nachgehen, bilden auf dem Arbeitsmarkt eine sog. "Stille Reserve", mit der sie insbesondere dem wachsenden Dienstleistungssektor und dessen Minijobs zur Verfügung stehen. Für die Zukunft bleibt bezüglich der Frauenarbeitslosigkeit eine Angleichung beider Teile Deutschlands zu erwarten. Einerseits wird gerade in den neuen Bundesländern die Stille Reserve ansteigen, andererseits besteht seit den 1970/80er Jahren im Zuge der Emanzipation in den alten Bundesländern bei vielen Frauen der Wunsch, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen, über ein eigenes Einkommen zu verfügen bzw. Karriere zu machen.
Allerdings ist heute ein "normaler" Arbeitstag, der von den einzelnen Erwerbstätigen ein hohes Maß an Flexibilität fordert, nur schwer mit der Kinderbetreuung vereinbar. Eine Folge dessen ist, dass aufgrund der oben genannten Gründe viele Frauen bzw. Familien heute gar kein Kind oder nur eines haben möchten. So ist seit Jahren ein erheblicher Geburtenrückgang zu verzeichnen. Die Auswirkungen sind bereits bekannt, z. B. dass unsere Gesellschaft zunehmend überaltert, Schließung von Schulen usw., sie werden sich aber in Zukunft noch weiter verstärken. Ein Umdenken in Gesellschaft, Politik und insbesondere der Wirtschaft ist hierfür notwendig.
Dass Kinder dennoch kein Grund für Beschäftigungsnachteile für Frauen sein müssen, zeigen u. a. die skandinavischen Länder Dänemark, Schweden und Finnland, aber auch die Niederlande und Frankreich, welche eine sehr hohe Frauenerwerbsquote bzw. eine sehr niedrige Frauenarbeitslosenquote aufweisen.


Literatur

Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Deutschland, Bonn 2010.
EUMANN, L.F. & SCHAPER, K.: Die Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland, 4. überarb. Aufl., Bonn 1998.
STATISTISCHES BUNDESAMT (HRSG.): Datenreport 2002. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland, 2. aktualisierte Aufl., Bonn 2003.
Der Spiegel vom 05.01.2004 "Der letzte Deutsche. Auf dem Weg zur Greisenrepublik"


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Kerstin Munsel
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 21.05.2012