Infoblatt Produktlebenszyklus


Vorstellung des Lebenszyklus eines neuen Produktes in vier Phasen

Das Modell des Produktlebenszyklus zählt zu den dynamischen Erklärungsansätzen wirtschaftlicher Entwicklung. Er stellt den Zusammenhang zwischen Strukturwandel und Raumentwicklung auf mikroökonomischer Ebene dar. Der Produktzyklus-Theorie liegt die Annahme zugrunde, dass ungleiche räumliche Entwicklungen aus der industriellen Entwicklung resultieren. Die Produktzyklus-Hypothese betont, dass sich die Wirtschaft in einem ständigen Strukturwandel befindet. In diesem Transformationsprozess kommt es zu intraregionalen, interregionalen und internationalen Verlagerungen ökonomischer Aktivitäten. Entscheidende Antriebskraft ist dabei der technische Fortschritt.

Die Grundidee der Produktzyklus-Hypothese ist, dass Produkte bzw. Verfahren Lebenszyklen durchlaufen. Vereinfachend ist der Lebenszyklus eines neuen Produktes in vier Phasen zu untergliedern.
  • Entwicklungs- und Einführungsphase
    Innovationen setzen erhebliche Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen sowie den Einsatz hoch qualifizierter Arbeitskräfte voraus. In dieser ersten Phase wird das Produkt lediglich für den Inlandsmarkt hergestellt, die Absatzmenge ist gering, Verluste müssen in Kauf genommen werden.
  • Wachstumsphase
    Das neue Produkt setzt sich zunehmend am Markt durch und wird auch auf Auslandsmärkten angeboten. Das Schwergewicht der Innovation verlagert sich von der Produktgestaltung auf den Produktionsprozess. Die Humankapitalintensität nimmt ab, die Sachkapitalintensität steigt. Die Erlöse wachsen exponentiell und die Gewinne steigen.
  • Reifephase
    Durch ausgereifte Produkte und standardisierte Produktionsverfahren wird die Massenproduktion ermöglicht. Marktsättigung und steigender Konkurrenzdruck führen jedoch zu abnehmenden Gewinnen. Der technologische Vorsprung geht verloren, eine wettbewerbsfähige Produktion ist auch im Ausland möglich.
  • Schrumpfungsphase
    Mit zunehmender Marktsättigung nimmt die Produktion ab und wird schließlich aufgegeben. Die Restnachfrage wird durch Importe gedeckt. Umsatzeinbußen durch abnehmende Erlöse und schrumpfende Nachfrage lassen sich jedoch durch Substitution oder Modifizierung des Produktes, durch Verbesserung der Produktionstechnologie oder durch Rationalisierung und Senkung der Arbeitskosten verringern bzw. vermeiden.
Die Produktions- und Absatzbedingungen eines Produktes verändern sich also von der Entwicklungs- und Einführungsphase bis zur Schrumpfungsphase. In den einzelnen Phasen des Produktzyklus bestehen spezifische Anforderungen an einen Standort. Der betriebswirtschaftlich optimale Standort für die Güterherstellung verändert sich im Laufe des Lebenszyklus und verlagert sich vom Zentrum in Richtung Peripherie.

Kritiker bemängeln folgende Punkte des Produktzyklus-Modells:
  • Nicht alle Güter unterliegen einem "regionalen" Produktlebenszyklus in dem Sinne, dass ihr Produktionsstandort verlagert wird. Güter, die diesem Zyklus nicht folgen sind:
    • Produkte, deren Produktion an die Standorte von Rohstoffen gebunden ist (Rohstofforientierung);
    • Produkte, die im Wesentlichen nur für den lokalen Markt des Agglomerationsraumes hergestellt werden (Marktorientierung);
    • Produkte, zu deren Herstellung qualifiziertes Humankapital und spezialisierte Dienstleistungen erforderlich sind, die nur im urbanen Zentrum verfügbar sind (High-Skill-Orientierung).
  • Der regionale Transformationsprozess wird in der Theorie zu einseitig dargestellt. Die Entwicklung neuer Produkte ist nicht zwangsläufig auf Agglomerationen bzw. Wirtschaftszentren beschränkt. Wahrscheinlich ist auch, dass die Akteure im Zentrum versuchen, die Verlagerung reifer Produkte in die Peripherie zu verhindern. Eine Abwanderung ist auch nur dann möglich, wenn in der Peripherie innovative Unternehmen zur Übernahme der Produktion vorhanden sind. Generell ist eine Rückverlagerung der Produktion ins Zentrum nicht auszuschließen.



Literatur

Schätzl, L. (2001): Wirtschaftsgeographie 1 - Theorie. 8., überarbeitete Auflage. 210-217. Paderborn, München, Wien, Zürich.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Jutta Henke
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 31.05.2012