Infoblatt Cluster


Cluster als Instrument für die Regionalpolitik

Die Globalisierung führt zu einer starken Standortkonkurrenz von Regionen. Wirtschaftsförderer und Wirtschaftsberater fordern deshalb immer häufiger die Schaffung und Förderung von regionalen Clustern als einen wesentlichen Baustein für eine erfolgreiche Regionalpolitik. Dabei gibt es verschiedene Cluster-Strategien und Merkmale für das erfolgreiche Management von Clustern. Gemein ist diesen, dass der Begriff Cluster häufig als Sammelbegriff für die unterschiedlichsten Konzepte dient, wodurch Unklarheiten über den Begriff des Clusters entstehen können.


Was ist ein Cluster?

Ein Cluster ist ein regionales Unternehmensnetzwerk, welches auf einer räumlichen Agglomeration (Ansammlung) der dem Netzwerk angehörenden, hoch spezialisierten kleinen und mittleren Unternehmen basiert. Aufmerksamkeit erlangte der Begriff "Cluster" in der Regionalwissenschaft und in der Regionalpolitik nach der Veröffentlichung des Buches von Michael E. Porter über nationale Wettbewerbsvorteile (Porter 1990). Porter definiert einen Cluster als räumliche Konzentration von Unternehmen, spezialisierten Zulieferern, Dienstleistern, Firmen verwandter Branchen und Institutionen (wie z. B. Universitäten oder Unternehmensverbänden), die in einer Wertschöpfungskette miteinander verbunden sind. Unter Wertschöpfungskette wird allgemein der Weg eines Rohstoffes von seiner Lagerstätte bis zum Verbraucher, mit allen Veränderungen auf jeder Verarbeitungsstufe verstanden. Die Akteure des Clusters stehen in Konkurrenz zueinander, können aber in bestimmten Bereichen auch miteinander kooperieren. Damit bestimmen zwei Merkmale ein Cluster, die räumliche und die sektorale Konzentration in einer Wertschöpfungskette. Die räumliche Konzentration kann auf der kommunalen Ebene, aber auch auf der regionalen oder nationalen Ebene angesiedelt sein und ist nicht an administrative Grenzen gebunden. Da in den Regionalwissenschaften zumeist die regionale Ebene im Vordergrund steht, werden auch die Begriffe „regionale Cluster“ oder „Produktionscluster“ bei der Thematisierung von Clustern verwendet. Bekannte Beispiele für regionale Hochtechnologie-Cluster sind das Silicon Valley / USA (Computer), Bangalore / Indien (Software-Outsourcing), Hollywood / USA (Film- und Medienindustrie) und Toulouse / Frankreich (Raumfahrt). Im Gegensatz dazu gibt es die Cluster mit einer vorwiegend handwerklichen Produktionsstruktur wie etwa das "Dritte Italien" in Norditalien.


Der Cluster-Begriff nach Porter

Die Ausgangsfrage für Porters Untersuchung bestand darin, zu klären, warum es in Ländern mit ähnlicher Faktorausstattung (Standort-, Produktionsfaktoren) zu einer differenzierten Spezialisierung des Außenhandels kommt. Porters Argumente basieren darauf, dass aufgrund von großem Wettbewerbsdruck und günstigen Umfeldbedingungen in einem Land (oder Region) bestimmte Branchen Wettbewerbsvorteile erlangen. Dadurch ist es ihnen möglich, internationale Märkte zu erschließen. Das Entstehen von Wettbewerbsvorteilen wird durch das wechselseitige Zusammenwirken von vier Faktorbündeln erklärt, die auch als Porter'sche Diamanten bezeichnet werden.
  • Faktorbedingungen umfassen insbesondere die Quantität und Qualität der Faktorausstattung, die Art der Faktorbildung und die Reproduktivitätsbedingungen. Das Vorhandensein von Faktoren und v. a. von Grundfaktoren ist für die Entstehung eines Clusters aber nicht ausreichend, sondern es müssen spezielle Faktoren gegeben sein, die besonders produktiv eingesetzt werden, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen.
  • Nachfragebedingungen einer Branche sind wichtig, da diese Investitionen und Innovationen lenken. Dabei sind zwei Aspekte von Bedeutung. Das ist zum einen die Inlandsnachfrage. Hierdurch ergibt sich ein frühes Bild der Käuferbedürfnisse, die als Ausgangspunkt für Spezialisierungen der Branche stehen. Zum anderen geben der Umfang und die Dynamik der Inlandsnachfrage einen Anreiz für die Produktion und für die Weiterentwicklung der Produkte.
  • Verwandte und unterstützende Branchen sind für die Clusterbildung bedeutend, da durch diese Kosten-, Koordinations- und Verflechtungsvorteile entstehen können und somit ein Wettbewerbsvorteil in einer Branche entstehen kann. Enge Beziehungen zwischen Produzenten und Zulieferern können Innovationsprozesse hervorbringen, die in verwandten Branchen zur Entstehung von ergänzenden Effekten führen.
  • Unternehmensstrategie, Unternehmensstruktur und Inlandswettbewerb sind im Porter'schen Diamanten besonders wichtige Ursachen für die Entstehung eines nationalen Wettbewerbsvorteils in einer Industriebranche. Durch starken nationalen Wettbewerbsdruck werden die Unternehmen einer Branche zu stetiger Innovationstätigkeit gezwungen, um ihre Marktposition zu halten und neue Marktgebiete zu erschließen.
Neben den vier genannten Bestimmungsfaktoren führt Porter noch zwei weitere Einflussfaktoren an. Diese erfahren aber keine gleichwertige Behandlung im "Diamanten". Dies ist zum einen die Rolle des Staates durch seine Subventions-, Bildungs-, Forschungs- und Technologiepolitik und zum anderen sind es zufällige Ereignisse, die durch Krieg, historische Ereignisse oder Naturkatastrophen entstehen können. Porter führt weiter aus, dass Industriebranchen in den Ländern den größten Erfolg haben, in denen die vier Bestimmungsfaktoren des nationalen Diamanten am günstigsten sind. Unter konkreten Strukturbedingungen entwickeln sich deshalb entsprechende nationale Cluster. Um vorhandene Wettbewerbsvorteile zu wahren oder zu erlangen, sind aber stetige Anpassungen an neue Bedingungen und Innovationen in neue Technologien sowie verbesserte Qualifikationen notwendig.


Clusterdimensionen

Für den Nachweis der Existenz eines Clusters und Beschreibung seiner Strukturen ist die Betrachtung der verschiedenen Dimensionen eines Clusters wichtig. Dabei wird zwischen horizontalen, vertikalen, institutionellen und externen Clusterdimensionen unterschieden.
  • Die horizontale Clusterdimension: umfasst die Unternehmen, die ähnliche Produkte herstellen und miteinander im Wettbewerb stehen. Die Unternehmen haben nicht unbedingt enge Kontakte zueinander, profitieren aber von der Ko-Präsenz innerhalb einer Region, da sie stets über die Produktionsbedingungen und Konkurrenzprodukte informiert sind. Durch Beobachtung und Vergleich werden Lern- und Verbesserungsprozesse ausgelöst, welche zu einem Innovationsanreiz und damit zu Variationen und Vielfalt im Cluster führen. Dies ist im besonderen Maße bei räumlicher und kultureller Nähe der Unternehmen möglich, während es über größere Distanzen schwer realisierbar ist.
  • Die vertikale Clusterdimension: beinhaltet die über Zuliefer- und Absatzbedingungen verflochtenen Unternehmen. Wenn ein spezialisiertes Cluster entstanden ist, besteht auch für Zulieferer, Dienstleistern wie auch Abnehmer der Produkte ein Anreiz, sich in dieser Region niederzulassen, um Kompetenzvorteile abzuschöpfen.
  • Die institutionelle Clusterdimension: kommt darin zum Ausdruck, dass regionale Ballungs- und Spezialisierungsprozesse zu der Herausbildung eines spezifischen Normen- und Regelsystems führen, das in formellen und informellen Institutionen verankert ist. Ein Beispiel hierfür ist, dass Akteure dieselben Technikeinstellungen und Werte teilen, dass feste Beziehungen bestehen und Vertrauen in die gegenseitige Leistungsfähigkeit besteht.
  • Die externe Clusterdimension: ist in der Betrachtung von Clustern nicht zu vernachlässigen, da zu starke Bindungen in einem Netzwerk die Gefahr der Abschottung eines Clusters nach außen bedeuten können, wodurch der regionale Wachstumsprozess eingeschränkt wird und sogar die Überlebensfähigkeit des Clusters bedroht sein kann. Deshalb ist die systematische Öffnung und Offenhaltung eines Clusters von Bedeutung, um Märkte und deren Wandel zu erfassen und neue Technologien kennen zu lernen.



Cluster als Instrument für die Regionalpolitik

Durch die zunehmende wirtschaftliche Globalisierung wurden von Akteuren der regionalen Wirtschaftspolitik neue Wege der Raumordnungspolitik gesucht. So wurden die Ansätze Porters rasch in die bundesdeutsche Regionalpolitik übertragen und die Installierung von Clustern wurde zu einem vielgebrauchten Schlagwort für die regionale Strukturpolitik. Ziel ist es, die wirtschaftlichen Kompetenzen der jeweiligen Regionen herauszuarbeiten und Handlungskonzepte auf die weitere Entwicklung auszurichten. So sollen bereits bestehende Cluster berücksichtigt, aber auch neue Trends erkannt und gefördert werden. Die Überlegungen tendieren dahingehend, dass ein erfolgreiches Cluster entsprechende Rückkopplungseffekte in den jeweiligen Wirtschaftsräumen verursachen und so die gesamte regionalökonomische Entwicklung stimulieren kann. In einer Region, in der allerdings keine Grundstrukturen vorhanden sind, kann auch kein erfolgreiches Cluster installiert werden. Außerdem besteht die Gefahr einer Entwertung von Clustern, wenn technologische Umbrüche stattfinden oder veränderte Kundenbedürfnisse nicht beachtet werden.
Je nach räumlicher Handlungsebene wird die Clusterpolitik ausgerichtet. In Thüringen werden verschiedene Cluster und Netzwerkinitiativen gefördert. Schwerpunkte liegen z. B. auf der opto-elektronischen Industrie (OptoNet) in Jena, dem Mediencluster in Erfurt oder dem Automobilzulieferernetzwerk Thüringen. Anders hat dagegen die Stadt Dortmund ihre Handlungsfelder ausgerichtet. Die Clusterpolitik konzentriert sich hier auf die Bereiche Unternehmertum (Branchen / Technologien), Human Ressources (Menschen / Kompetenzen) sowie Standortqualität (Das neue Dortmund, Leitprojekte). Jeder wirtschaftspolitische Akteur setzt bei der Clusterpolitik andere Prioritäten und versucht somit der jeweiligen räumlichen Ebene (Region, Stadt) ein eigenes, hoffentlich erfolgreiches, wirtschaftliches Profil zu verpassen. Und nicht aus jeder zarten Clusteridee wird ein aufstrebendes Unternehmensnetzwerk mit wirtschaftlichen Sog- und Streueffekten auf die Region. Wichtig ist auch eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen, räumlich entfernten Clustern innerhalb einer Branche.


Literatur

BATHELT, H. & J. GLÜCKLER (2002): Wirtschaftsgeographie: ökonomische Beziehungen in räumlicher Perspektive.- Stuttgart.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 09.05.2012