Infoblatt Die EU-Währungsunion


Stufen der Währungsunion und Teilnahmebedingungen für die Länder Europas



EU-Staaten, Beitrittsländer und Beitrittskandidaten, € - Länder (Klett)


Ausgangslage und Vorgeschichte

Von der Europäischen Gemeinschaft wurden bereits mehrere Anläufe unternommen, um bei der Währungspolitik vertieft zu kooperieren. Heftige Währungsschwankungen und die begrenzte Wirkung nationaler Wirtschaftspolitik haben zu der Auffassung geführt, dass eine gemeinsame Europäische Währungsunion (EWU) wichtig ist. Beispielsweise entstehen relativ hohe Transaktionskosten, wenn Währungen umgetauscht werden müssen. Deshalb war ein Motiv die Schaffung eines einheitlichen Europäischen Binnenmarktes, mit freiem Waren- und Kapitalverkehr und einer einheitlichen Währung. Diese soll, neben dem US-Dollar und dem japanischen Yen, zu einer weltweit bedeutenden Leitwährung werden. Außerdem war die Idee der Akteure, dass mit einer gemeinsamen Währung der Zusammenhalt und die Integration in Europa gestärkt werden. Ein weiteres Motiv für die Einheitswährung war die Beseitigung der Wechselkursschwankungen und die damit verbundenen Währungssicherungskosten.


Stufen der EWU

In einem genauen Zeitplan wurden die Stufen für die Verwirklichung der EWU festgelegt. Die 1. Stufe hat am 1. Juli 1990 begonnen. In ihr wurden vorbereitende Reformen durchgeführt und die Fortschritte bei der Konvergenz im Wirtschafts- und Währungsbereich bewertet. Alle Aspekte der Wirtschaftspolitik der einzelnen EU-Mitgliedstaaten wurden fortan überwacht. Beispielsweise wurden regelmäßige Länderberichte über die nationale Wirtschaftslage eingefordert. Die 2. Stufe (01. Januar 1994 bis 31. Dezember 1998) beinhaltete die Vorbereitung der Mitgliedstaaten auf die EWU. Festgelegt wurden u. a. das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit der jeweiligen Mitgliedstaaten und das Verbot von Zentralbankkrediten. Denn oft kam es zu einer hohen Inflation, wenn die nationalen Zentralbanken ihren Regierungen Kredite gewährten. Neue Schulden konnten quasi "über die Notenpresse" aufgenommen werden, was aber in der Eurozone durch dieses Verbot nahezu ausgeschlossen wurde. Am 31. Dezember 1998 wurden die Umrechnungskurse des Euros zu den einzelnen Landeswährungen unwiderruflich festgelegt. Ab 01. Januar 1999 wurde dann die gemeinsame Währung Euro eingeführt. In dieser dritten und letzten Stufe der Währungsunion wurden die Umrechnungskurse und die teilnehmenden Mitgliedstaaten bestimmt. Von den zu diesem Zeitpunkt 15 EU-Staaten nahmen zu Beginn Dänemark, Großbritannien, Schweden und Griechenland nicht teil. Griechenland hatte zunächst nicht die Konvergenzkriterien (Aufnahmebedingungen) erfüllt. Alle zwei Jahre bzw. auf Antrag wird aber untersucht, ob das jeweilige Land nun die Konvergenzkriterien erfüllt. So konnte am 01. Januar 2001 in Griechenland ebenfalls der Euro eingeführt werden. Seit dem Jahreswechsel 2006/2007 wird der Euro auch in Slowenien als Zahlungsmittel genutzt. Zum 01. Januar 2008 folgten dann Malta und Zypern. 2009 wurde der Euro dann Zahlungsmittel in der Slowakei und zum 01. Januar 2011 folgt Estland als 17. Euro-Mitglied.


Bedingungen für die Teilnahme an der Währungsunion

Innerhalb der EU bestimmt die Europäsche Zentralbank (EZB) die Geldpolitik für alle Teilnehmerstaaten der EWU. Die EZB ist unabhängig von politischen Weisungen und vorrangig dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet. Außerdem werden von der EZB noch die Geldmarktzinsen für alle EWU-Länder einheitlich bestimmt. Häufig wurden konjunkturelle Schwankungen in den einzelnen Teilnehmerstaaten mit solchen Finanzinstrumenten reguliert. Wenn beispielsweise das Wirtschaftswachstum niedrig ausfällt, konnten die nationalen Zentralbanken mit entsprechenden Zinssenkungen reagieren. Nun ist aber die EZB verantwortlich für die Geldpolitik. Deshalb gelten für alle EWU-Teilnahmeländer die Konvergenzkriterien, damit nicht durch eine verfehlte Wirtschaftspolitik einzelner Länder die Stärke des Euros gefährdet wird. Deshalb wurden vier Konvergenzkriterien bestimmt, die festsetzen, welche wirtschaftlichen Kennzeichen die Länder erfüllen müssen. Diese sind die Voraussetzung zur Teilnahme an der EWU. Die antiinflationäre Wirtschaftspolitik der EU fordert aus diesem Grunde Preisstabilität und langfristige Zinssätze als Konvergenzkriterien. Zwei weitere wesentliche Bedingungen sind die Begrenzung des staatlichen Schuldenstandes (Schuldenstandskriterium) und die jährliche Neuverschuldung (Defizitkriterium). Nach dem Beginn der Währungsunion ist das Wechselkurskriterium für die teilnehmenden Länder gestrichen worden.


Der Stabilitäts- und Wachstumspakt

Die Konvergenzkriterien sind zunächst zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an der EWU. Nach Eintritt in die EWU wird die Einhaltung der festgelegten Grenzen für Schuldenstand und Neuverschuldung ebenfalls gefordert. Damit soll die potenzielle Erpressbarkeit der EZB ausgeschlossen werden. Verschuldet sich ein Land beispielsweise übermäßig, wird es von einer Erhöhung der Geldmarktzinsen der EZB besonders hart getroffen. Wegen der höheren Zinsen steigen dann die Ausgaben für die notwendigen Zinszahlungen. Im Extremfall kann dies zu einer Zahlungsunfähigkeit des Landes führen. In Abschätzung solcher Folgen könnte sich die EZB gezwungen sehen, den Pfad der stabilitätsgerechten Geldpolitik zu verlassen. Deshalb haben alle Länder der Eurozone dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zugestimmt, der die Disziplin in der Finanzpolitik sicherstellen soll. Dieses Instrument besteht aus zwei Verordnungen. Die erste Verordnung beinhaltet ein Frühwarnungssystem, welches in Kraft tritt, bevor ein übermäßiges Defizit in einem EWU-Land entsteht. Ein übermäßiges Haushaltsdefizit liegt dann vor, wenn die 3 % Defizitobergrenze überschritten wird. Die 3 % Defizitobergrenze bezieht sich auf das Bruttoinlandsprodukt (Wert der wirtschaftlichen Leistung im Inland eines Jahres) des jeweiligen Landes. Zusammengefasst bedeutet dies, der Staat (auch die Bundesländer und Kommunen) geben mehr Geld aus, als sie Einnahmen haben und Schulden machen dürfen. Wird durch das Frühwarnsystem das übermäßige Haushaltsdefizit nicht verhindert, so tritt die zweite Verordnung in Kraft. In einem mehrstufigen Verfahren werden dann Sanktionen festgelegt, was im Extremfall die Zahlung von hohen Bußgeldern bedeutet.
Ende 2002 wurde für die Mitgliedsländer Deutschland, Frankreich und Portugal ein solches Defizit erstmalig festgestellt. Für Deutschland wurde eine Frist gesetzt, in der das Land Zeit hatte, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Durch die anhaltend günstige konjunkturelle Entwicklung der jüngeren Vergangenheit und der damit verbundenen Verringerung der Neuverschuldung auf prognostizierte 0,6 % in 2007 wurde das Defizitverfahren gegen Deutschland nach einer Bestätigung des Kommissionsbeschlusses von den EU-Finanzministern am 5. Juni 2007 eingestellt. Frankreich wurde bereits Anfang 2007 aus dem Defizitverfahren entlassen. Das Defizitverfahren gegen Portugal wurde schon 2004 eingestellt, doch 2005 wurden sowohl gegen Italien als auch wiederum gegen Portugal weitere Verfahren eröffnet.
Aufgrund der schwierigen konjunkturellen Lage der letzten Jahre wird Kritik an dem Stabilitäts- und Wachstumspakt geäußert, denn der Pakt gilt als zu inflexibel und nicht mehr zeitgemäß. Obwohl gewisse Spielräume bei konjunkturellen Problemen sowie bei unvorhergesehenen externen Einflüssen (z. B. Naturkatastrophen) eingebaut worden sind. Wiederholt wird deshalb eine Veränderung der Spielregeln des Paktes gefordert, was aber dessen grundlegendem Ziel – Stabilität – widerspricht.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich, Kristian Uhlenbrock
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 17.06.2010