Infoblatt Global Sourcing
Global Sourcing als Gewinnung und Sicherung von Wettbewerbsvorteilen durch gezielte Beschaffungspolitik
Global Sourcing ist ein Begriff aus der Wirtschaft und beschreibt den weltweiten Bezug von Arbeit, Energie, Rohstoffen, Ausgangsmaterialien und Vorprodukten nach Gunst des Angebots. Hauptsächlich multinationale Unternehmen haben sich so strategisch auf internationale Beschaffungsmärkte ausgerichtet. Unter einer multinationalen Unternehmung (z. B. Siemens AG) versteht man Unternehmen, die direkt in mindestens einem fremden Land produzieren oder investieren. Von einem Unternehmen aus werden also transnational juristisch selbstständige Unternehmen beherrscht. In der Vergangenheit wurden multinationale Unternehmen häufig wegen ihrer wirtschaftlichen Macht und ihres politischen Einflusses kritisiert.
Gründe für die weltweite Beschaffung
Im deutschen Wirtschaftsraum (aber auch in anderen Wirtschaftsräumen) schlagen sich die zunehmenden Lohnkosten und damit Produktionskosten in den Produktionspreisen nieder. Hier kann sich für viele Unternehmen eine Kostenfalle entwickeln, wodurch ihre Produkte international nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Ein Ausweg ist die internationale Beschaffung kostengünstigerer Vor- und Zwischenprodukte. Im Vordergrund des Global Sourcings steht demnach die Gewinnung und Sicherung von Wettbewerbsvorteilen durch eine gezielte Beschaffungspolitik. Ein weiterer Grund ist die mangelnde Verfügbarkeit mancher Vorprodukte, die nur international erhältlich sind. Durch das Global Sourcing können Unternehmen außerdem neue Absatzgebiete auf den Bezugsmärkten erschließen.
Beschaffungsarten
Für ein Unternehmen gibt es zwei Möglichkeiten des Materialbezugs. Zum einen können vor- und nachgelagerte Aktivitäten eigengefertigt werden, zum anderen gibt es den besagten Fremdbezug, entweder das Local Sourcing oder das Global Sourcing. Im Zusammenhang mit Global Sourcing gibt es bei der Wahl der Bezugsquellen unterschiedliche Vorgehensweisen. Single Sourcing bezeichnet die Strategie der Reduzierung auf möglichst einen Lieferanten pro Teil bzw. Leistung. Dagegen wird beim Multiple Sourcing eine größere Zahl von Lieferanten pro Teil bzw. Leistung mit einbezogen. Eine weitere Form ist das Modular Sourcing, bei welchem komplette Baugruppen und Komponenten außerhalb des eigentlichen Unternehmens beschafft werden. Hauptsächlich lohnintensive Module, wie z. B. Sitzgarnituren und Armaturenbretter für Automobile, werden auf diese Weise fremdbezogen. Aber auch Beschaffungsaufgaben wie Einkauf, Disposition, Qualitätssicherung usw. gehen auf den Lieferanten über. Diese Form der Beschaffung verändert die Zulieferketten wesentlich. Der Transport wird rationeller gestaltet und ist dadurch in der Regel billiger. Die Ausdehnung der Märkte kann ebenfalls unterteilt werden. Dem Local Sourcing (heimische Beschaffung) steht das Global Sourcing gegenüber.
Das traditionelle Beschaffungsverhalten der multinationalen Unternehmen war durch eine Vielzahl von Lieferanten gekennzeichnet, wobei keine Notwendigkeit bestand, sich langfristig zu binden. Im Zeitalter der Schlanken Produktion (Lean Production) und Outsourcing hat sich die Sichtweise jedoch geändert. Heute legen viele Unternehmen auch beim Global Sourcing auf eine starke Vertrauensbindung mit den Lieferanten wert und man ist abhängig von pünktlichen Lieferungen (Just in Time).
Welche Produkte sind geeignet?
Nicht alle Vor- und Zwischenprodukte eignen sich für eine Beschaffung auf internationaler Ebene. Jedes Unternehmen muss sich hierbei die eigenen Kriterien schaffen. Schließlich spielen Faktoren wie Qualität und Transportkosten eine entscheidende Rolle bei der Frage, welche Teile international eingekauft werden sollen. Gemeinhin herrscht die Meinung, dass vor allem standardisierte Komponenten, die eine geringe Komplexität besitzen und in großen Mengen hergestellt werden können, geeignet sind. Aber nicht nur diese Kostenvorteile können eingekauft werden, sondern auch ausländisches Know-how kann international bezogen werden. Fehlendes Wissen und Innovationen im Unternehmen können auf diese Weise ergänzt werden. Als Beispiel hierfür kann die asiatische Elektronikindustrie genannt werden. Hier werden nicht nur einfache und standardisierte Bauteile kostengünstig erworben, sondern auch technisches Know-how und Innovationen der High-Tech-Industrie.
Chancen, Risiken und Auswirkungen
Die weltweite Beschaffung bietet Chancen, birgt aber auch gewisse Risiken. Werden Innovationen und Wissen hauptsächlich unternehmensextern erworben, so besteht die Gefahr der Abhängigkeit von den Zulieferern. Außerdem muss das Wissen oft teuer erworben werden und es kann zu Wettbewerbsnachteilen durch den Innovationsvorsprung anderer Unternehmen kommen. Erschwert werden die Vertrauensbeziehungen zu den Lieferanten häufig durch die räumliche, aber auch kulturelle und sprachliche Distanz. Weitere Risiken bestehen durch die Schwankungen von Währungen, was bedeutet, dass Vorprodukte plötzlich teurer werden können. Wichtig ist überdies die Versorgungssicherheit, damit die erforderlichen Teile rechtzeitig und in ausreichender Menge für den Produktionsprozess zur Verfügung stehen. Deshalb ist auch ein verlässliches Logistikkonzept bedeutsam für das Global Sourcing.
Die weltweite Beschaffung hat zudem raumbezogene Auswirkungen. Die Unternehmensstrategie des Global Sourcings wirkt einem lokalisierten Produktionszusammenhang entgegen und ermöglicht globale Industriestrukturen. Mit anderen Worten, die internationale Arbeitsteilung schafft die Voraussetzung für globale Warenströme und den Weltmarkt als Konkurrenzsituation. Die Bedeutung von regionalen Zulieferstandorten wird hierdurch neu definiert. Welche Konsequenzen hat dies beispielsweise für Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland? Bauteile, die einst in Deutschland produziert wurden, können nun aus Niedrig-Lohn-Ländern preiswerter beschafft werden. Die EU-Osterweiterung und weitere Liberalisierung des Weltmarktes begünstigen das Global Sourcing. Während ausländische Regionen davon profitieren können, bedeutet dies für den heimischen Standort zunehmende Verluste von Arbeitsplätzen. Wenn in einer Region derartige Entwicklungen verstärkt auftreten, so kann dies negative Ausbreitungseffekte auf die ganze Region bedeuten. Höhere Arbeitslosigkeit bedeutet weniger Einkommen, welches wiederum bei Dienstleistungsbetrieben fehlen kann. Außerdem reduziert sich das Steueraufkommen für die Gemeinden, die ebenfalls Mitarbeiter entlassen müssen. So kann es unter Umständen zu einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale der Region kommen. Andererseits können aber Unternehmen nur deshalb in Deutschland verbleiben, weil sie einen Teil der Vorprodukte international billiger einkaufen und dadurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten können. Die Chancen und Risiken des Global Sourcings sind demnach für jede Region bzw. jedes Land unterschiedlich.
Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 27.05.2012
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 27.05.2012