Infoblatt Geothermalenergie


Charakteristika und Nutzungsarten der geothermischen Energie



Geothermalkraftwerk in Neuseeland (Maresch)


Entstehung und Charakteristika

Die Geothermie bzw. Erdwärme entsteht maßgeblich durch den radioaktiven Zerfall von Elementen in Erdmantel und -kruste, wodurch die darüber liegenden Gesteinsschichten und mit ihnen die unterirdischen Wasserreservoirs erwärmt werden. Ein markantes Merkmal der Geothermie ist der Austritt des so erhitzten Wassers als Dampf oder in Form von Geysiren. Der Prozess des radioaktiven Zerfalls, d. h. die Quelle der Erdwärme, wird noch Milliarden von Jahren anhalten und ist daher nach heutigen Maßstäben als unerschöpflich einzustufen.
Im Durchschnitt beziffert man den Temperaturanstieg in einer Tiefe von 100 Metern mit 3 ºC, der allerdings durch den geologischen Bau, tektonische Aktivität, Gesteinszusammensetzung und insbesondere magmatische Wärmequellen variieren kann. Ergibt sich für eine Tiefe von 1.000 Metern durchschnittlich eine Temperatur von 30 - 40 ºC, so kann diese bei entsprechenden Voraussetzungen (geringe Dicke der Erdkruste, Vulkanismus) auch zwischen 100 - 180 ºC betragen. Insgesamt ergibt sich daraus eine tägliche Energiemenge, die dem vierfachen dessen entspricht, was der Mensch benötigt.
Um von geothermischer Energie profitieren zu können, ist allerdings der Einsatz eines Fluids bzw. einer Flüssigkeit, in der Regel Wasser, notwendig, da die Wärme im Gestein selber nicht stark genug konzentriert ist. Sofern durchlässiges Gestein vorliegt, kann die Flüssigkeit, Dampf oder heißes Wasser, schon im Untergrund vorhanden sein, die dann an die Oberfläche gepumpt wird. Ist dies nicht der Fall, pumpt man Wasser ins Erdinnere, wo es erhitzt wird, um es dann wieder an die Oberfläche zu befördern.
Die durch die Nutzung der Geothermie gewonnene Energie kann zur Klimatisierung von Gebäuden eingesetzt oder zum Einsatz in industriellen Prozessen sowie in landwirtschaftlichen Anlagen, z. B. Gewächshäusern, verwendet werden. Darüber hinaus ist bei Temperaturen des Fluids von über 100 ºC die Erzeugung elektrischen Stroms eine weitere Verwertungsmöglichkeit. Da die Erdwärme weder von Witterungsverhältnissen noch von Tageszeiten abhängig ist, trägt sie zur Grundversorgung (Grundlast) mit elektrischem Strom bei, sie stellt also im Rahmen der erneuerbaren Energien Grundlastenergie dar.


Nutzungsarten

  • Hot-Dry-Rock-Verfahren
    Bei diesem Verfahren, welches der Strom- sowie der Wärmeerzeugung dient, werden trockene, heiße Gesteinsschichten bis in eine Tiefe von 5.000 - 6.000 Metern genutzt. Sie werden dabei von einem Fluid, das als Wärmeträger dient, durchflossen. Um dabei eine genügend große Wärmetauschfläche zu generieren, wird zu Beginn eine große Menge Wasser mittels einer vorher durchgeführten Tiefenbohrung unter hohem Druck in die entsprechenden Schichten gepumpt. In Folge dessen werden schon existente Klüfte und Risse hydraulisch vergrößert und an Schwachstellen neue Risse gebildet, so dass die Permeabilität sowie die Größe der Fläche, über die der Wärmetausch stattfindet, vergrößert werden.
    In der Betriebsphase wird ein Wasserstrom durch die Injektionsbohrung in die Gesteinsschichten gepumpt, der über die Produktionsbohrung wieder an die Oberfläche tritt.
    Verwendung findet die produzierte Energie in Nah- und Fernwärmenetzen oder in der Industrie zur Bereitstellung von Dampf. Liegen die Temperaturen über 100 ºC, so wird aus dem Dampf mit speziellen Turbinen und Generatoren Strom erzeugt. Da das Temperaturfenster bis maximal 180 ºC reicht, bedarf es hier dem Einsatz einer schon bei geringen Temperaturen siedenden Flüssigkeit, z. B. Ammoniak, um genügend große Mengen Dampf zur Stromerzeugung zu erhalten. Nach der Stromgewinnung ist das Fluid immer noch heiß genug, um es zur weiteren Gewinnung von Wärme bzw. Dampf zu verwenden.
  • Hydrothermale Systeme
    Hier kommen geologische Formationen ins Spiel, die natürliches Wasser führen, welches in seinem heißen Zustand direkt zur Wärmenutzung, aber auch zur Stromerzeugung eingesetzt werden kann. Diese wasserführenden Schichten, sog. Aquiferen, dienen schon seit langem zur Speisung von Heilbädern. Zur Produktion von Strom ist eine Temperatur von mindestens 100 ºC notwendig, damit das Wasser seinen Siedepunkt erreicht. Analog zum Prozess der Stromerzeugung innerhalb des Hot-Dry-Rock-Verfahrens werden auch hier wieder Turbinen eingesetzt, die durch den Wasserdampf angetrieben werden. Zum Ausgleich der Mengenbilanz wird es dann wieder in den Untergrund abgeführt. Liegt die Temperatur dagegen nur in Bereichen von 40 ºC - 100 ºC, ist eine Stromproduktion meist unrentabel. Das Wasser wird dann zu Heizzwecken eingesetzt. Dies erstreckt sich von Thermalbädern bis hin zu Gewächshäusern. Ist der unterirdische Wassernachfluss entsprechend hoch, so z. B. im Bereich zwischen Donau und Alpen, kann das abgekühlte mineralhaltige Tiefenwasser als Trinkwasser weiterverarbeitet werden.
    Es eignet sich allerdings nicht nur Wasser aus tiefliegenden Aquiferen zur Nutzung, sondern insbesondere auch Tunnelwasser. Die durch den Fels getriebenen Tunnelröhren wie auch Bergwerksstollen entwässern die Gesteinsschichten. Über Drainageleitungen wird das Tunnelwasser, das in Abhängigkeit zur Mächtigkeit der darüber liegenden Gesteinsschichten eine Temperatur von 20 ºC - 40 ºC erreicht, zu den Tunnelausgängen transportiert und hier zu Heizzwecken in umliegenden Gebäuden etc. verwendet.
  • Systeme mit Wärmepumpen
    Im Unterschied zu den oben genannten Techniken liegt die Besonderheit hierbei darin, dass zum Betrieb der Wärmepumpen externe Energie von Nöten ist. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Energie, die aus der Erdwärme gewonnen werden kann den Anteil der externen Energie übersteigt und somit eine positive Bilanz erreicht wird. Prinzipiell arbeiten Wärmepumpen mit einer Flüssigkeit in einem geschlossenen Kreislauf, in dem unterschiedliche Drücke vorherrschen. Die Flüssigkeit nimmt unter niedrigem Druck die Umgebungswärme auf. Danach findet eine Erhöhung des Drucks und der Temperatur durch eine Pumpe statt, gefolgt von der Abgabe der Wärme der Flüssigkeit an einen Heizkreislauf. Durch die anschließende Senkung des Drucks wird die Flüssigkeit wieder abgekühlt, um nun wieder den gleichen Prozess zu durchlaufen.
    Anwendung finden hier zwei Methoden, die sich im Wesentlichen durch ihre Einsatztiefen unterscheiden.
    Sog. Erdwärmesonden sind vertikale Wärmetauscher, die aus Doppelrohrsonden bestehen, welche in die Bohrlöcher von Tiefbohrungen installiert werden. Hierfür bieten sich besonders schon vorhandene Bohrungen an, die bei der Suche nach Erdöl entstanden sind. In einem geschlossenen Kreislauf zirkuliert Wasser abhängig von der jeweiligen Bohrung in einer Tiefe von 50 bis zu 4.000 Metern. Durch die Wärmepumpe wird dem aufsteigenden heißen Wasser die darin gespeicherte Energie entzogen und zur Beheizung von Gebäuden eingesetzt.
    Dem gegenüber stehen die horizontalen Wärmekollektoren, die generell nach dem gleichen Funktionsprinzip arbeiten wie die Erdwärmesonden. Sie werden jedoch im Gegensatz dazu in Tiefen von lediglich ein bis drei Metern, wo die Temperatur in der Regel auch im Winter die Marke von 5 ºC nicht unterschreitet, unter der Erdoberfläche horizontal in Schlaufen verlegt. Durchflossen von einer Sole kann die Energie des Erdreichs so via Wärmepumpe genutzt werden.
    Abschließend besteht auch die Möglichkeit der Nutzung eines in geringer Tiefe liegenden Grundwasserleiters, dessen Wasser an die Oberfläche gepumpt wird. Der Wärmegehalt des Wassers wird dann durch eine Wärmepumpe angehoben und zur Gebäudeheizung eingesetzt. Allerdings ist die Genehmigung einer solchen Anlage in der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung des Grundwasserschutzes nur sehr schwer zu erlangen.



Erdbeben durch Erdwärmeprojekte

Durch die Wassermassen, die im Hot-Dry-Rock-Verfahren unter hohem Druck in den Untergrund gepresst werden, kann es durchaus zu Erdbeben kommen. Im Frühjahr 2007 wurde dies beim Deep-Heat-Mining-Project bei Basel besonders deutlich. Nachdem man Wasser zur Vergrößerung der Gesteinsklüfte in die Tiefe gepresst hatte, erschütterten mehrere Erdbeben mit einer Stärke über 3 auf der Richterskala die Region. Dabei ereigneten sich die Beben im Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007, obwohl das Projekt am 08. Dezember 2006 gestoppt wurde, da sich der Druck des Wassers im Untergrund nur allmählich abbaute. Zwar wurden durch die Beben nur unwesentliche Schäden verursacht, aber die Akzeptanz der Geothermalenergie in der betroffenen Region hat durch diese Vorkommnisse deutlich gelitten.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Kristian Uhlenbrock
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2003
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 10.06.2010