Infoblatt Gerste


Gerste im Überblick



Gerste (Klett)


Einordnung

Zur Gattung Gerste (Hordeum) gehören 25 Arten, von denen die Saatgerste (Hordeum vulgare L.) die größte Bedeutung hat. Die Gerste ist wie z. B. der Weizen ein Getreide und zählt zur Familie der Süßgräser.


Beschreibung

Es werden zwei Gerstenformen unterschieden, zweizeilige und mehrzeilige.
Bei beiden Formen befinden sich die Ährchen alternierend auf zwei Seiten und auf jedem Absatz der Ährenachse drei einblütige Ährchen mit jeweils zwei schmalen Hüllspelzen. (Bei Weizen und Roggen hingegen sitzen die Ährchen einzeln.)
Bei zweizeiligen Gersten ist nur die Mittelblüte fruchtbar (fertil), so dass von oben nur zwei Reihen Körner zu sehen sind, die auch größer sind als die der mehrzeiligen Gerste. Bei der mehrzeiligen Gerste sind alle Blüten fertil und bringen Fürchte hervor. Die lockeren Ähren erscheinen im Querschnitt viereckig und werden deshalb vierzeilig genannt. Dichte Ähren erscheinen im Querschnitt sechseckig und heißen aus diesem Grund sechszeilig.
Viele Gerstensorten besitzen nur eine geringe Halmlänge. Die Deckspelzen sind entweder sehr lang begrannt (Spelzgerste) oder grannenlos (Nacktgerste). Die Gerstenkörner sind mit der Vor- und Deckspelze fest verwachsen und werden auch beim Dreschen nicht abgelöst.
Gerste ist ein Selbstbestäuber. Getrocknete Gerstenkörner ohne Spelzen enthalten 11 - 13 % Wasser, 61 - 73 % Kohlenhydrate, 9 - 12 % Protein, 1,8 - 2,3 % Fett, 1,8 - 2,4 % Mineralstoffe und 1,2 - 1,5 % Fasern.


Herkunft / Verbreitung / Anbaugebiete

Die Gerste ist aller Wahrscheinlichkeit nach das Getreide, das am frühesten in Kultur genommen wurde und gehört auch allgemein zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt. Sie kommt aus Vorderasien und leitet sich von der Wildart Hordeum spontaneum ab.
Gerste wurde z. B. von den Sumerern schon um 5000 v. Chr. in Kultur genommen. Danach breitete sie sich unter starker Formenaufspaltung und Einkreuzung im Nahen Osten, in Mitteleuropa sowie im Fernen Osten aus und gelangte mit der Entdeckung Amerikas auch dorthin.
Die Hauptanbaugebiete der Gerste sind die GUS, Polen, Deutschland, China, Dänemark, Kanada, Österreich, die USA, Tschechien und Spanien.


Anbau / Standortansprüche

Gerste wächst am besten in Gebieten mit gemäßigtem Klima auf fruchtbaren, tiefgründigen Lehmböden, kann aber auch in den Subtropen und in den Hochländern der Tropen wachsen.
Sommer- und Wintergerste haben unterschiedliche Standortansprüche. So benötigt die Sommergerste ungefähr 95 Tage bis zur Reife und kann bis in 70° nördlicher Breite wachsen. Die Wintergerste hingegen benötigt höhere Temperaturen und eine längere Zeit zur Reife.
Wintergerste wird Ende September gesät, Sommergerste zwischen März und April.


Ernte und Lagerung

Die Ernte der Gerste erfolgt bei Gelb- bis Vollreife. Braugerste erntet man am Ende der Vollreife bzw. auch in der Totreife.


Verarbeitung / Wirtschaftliche Bedeutung

Verwendet wird Gerste zum einen für Graupen (entspelzte und polierte Körner) und Grütze (zerkleinerte Graupen). Angekeimte und geröstete Getreidekörner werden auch zu Malzkaffee verarbeitet. Weiterhin werden aus Gerste Whisky und Kornbranntwein hergestellt.
In Deutschland wird Gerstenmehl nicht zu Brot verarbeitet, sondern ist als Zusatz höchstens in Biobroten zu finden. Länder mit extremen klimatischen Bedingungen nutzen Gerste auch heute noch zum Backen von Brot oder zum Kochen von Brei, da andere Getreidearten in solchen Gebieten nicht mehr wachsen.
Ein weiterer wichtiger Nutzungsschwerpunkt liegt in der Verwendung als Futtermittel aufgrund des hohen Eiweiß- und Vitamingehaltes, z. B. für die Geflügel- und Schweinemast.
Außerdem werden ungefähr 10 % der weltweiten Gerstenernte zur Bierherstellung benötigt. Das Braugewerbe hat schon eine sehr lange Tradition. Bereits 3000 v. Chr. wurden in Babylonien z. B. Arbeiter und Beamte mit Bier entlohnt. Als Braugerste verwendet man heutzutage besonders die Sorten der zweizeiligen Sommergersten, da diese einen geringen Eiweiß- und hohen Stärkegehalt besitzen. Die Gerstenkörner liefern das bei der Bierherstellung notwendige Malz. Zuerst wird hierfür das Getreide auf einer Darre getrocknet und angekeimt. Beim Keimen bildet sich das Enzym Amylase, die Stärke in Malzzucker (Maltose) und Traubenzucker (Glucose) spaltet, so dass eine süße Würze entsteht. Aus dem Malz entsteht nach Zusätzen von Hopfen, Hefe und Wasser das Bier.


Literatur

FRANKE, W. (1997): Nutzpflanzenkunde. Nutzbare Gewächse der Gemäßigten Breiten, Subtropen und Tropen. Stuttgart.
KÖRBER-GROHNE, U. (1994): Nutzpflanzen in Deutschland. Kulturgeschichte und Biologie. Stuttgart.
SCHÜTT, P. (1972): Weltwirtschaftspflanzen. Herkunft, Anbauverhältnisse, Biologie und Verwendung der wichtigsten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Berlin, Hamburg.
Urania Pflanzenreich (1994): Blütenpflanzen 2. Leipzig.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Anett Siebert
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 12.06.2012