Infoblatt Metropolisierung


Definition, Ursachen und Folgen der Metropolisierung



Metropolisierung der Erde (Klett)


Definition

Von einer Metropole wird dann gesprochen, wenn eine Stadt bezüglich ihrer Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft und politischen Bedeutung die übrigen Städte im selben Land weit überragt. Dabei ist weniger die absolute Zahl an Einwohner relevant, sondern vielmehr die funktionale Bedeutung der Stadt gegenüber dem stadtfernen Raum. Als Richtwert für eine Einstufung als Metropole gilt gemeinhin das Überschreiten der 5 Millionen Einwohnergrenze. In manchen Ländern, wie dies beispielweise in Brasilien, China und Indien der Fall ist, gibt es mehrere Metropolen. Zu den europäischen Metropolen gehören z. B. Paris und Athen, wobei sich die Entwicklung dieser Mega-Städte anders abspielt, als etwa in den sog. Entwicklungsländern. Durch das föderalistische Prinzip gibt es in Deutschland keine dominierende Metropole. Stattdessen haben sich gewaltige Ballungsräume entwickelt, wie z. B. das Rhein-Ruhrgebiet. Vergrößert sich der Abstand zwischen den Metropolen und dem ländlichen Raum, z. B. durch die Zunahme der Bevölkerungszahl, dann wird dieser Prozess als Metropolisierung bezeichnet. Dieses Phänomen ist gegenwärtig vor allem in den Entwicklungsländern zu beobachten, in denen sich der Metropolisierungsgrad permanent erhöht. Der Metropolisierungsgrad bezeichnet den Anteil der Bevölkerung eines Landes, welcher in einer Metropole lebt.


Ursachen

Die Ursachen für das Wachstum von Städten und insbesondere von Metropolen sind umstritten und werden durch die unterschiedlichsten Modelle erklärt. Bereits bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelten sich einige europäische und nordamerikanische Städte infolge der Industrialisierung und funktionalen Konzentration (z. B. durch Hauptsitze von Banken und Versicherungen) zu Mega-Städten. Verhältnismäßig spät folgten einige Städte in Lateinamerika, Afrika und Süd-Ost-Asien. Während der Kolonialepoche wurden meist in der Haupt- oder in einer bedeutenden Hafenstadt sämtliche politischen und wirtschaftlichen Funktionen konzentriert. Diese Überzentralisierung hatte zur Folge, dass sich nach dem Rückzug der Kolonialherren vor allem hier eine rasche Zunahme der Bevölkerung einstellte. Die Wanderungsbewegungen werden durch die sog. Push- und Pull-Faktoren ausgelöst oder zumindest begünstigt. Darunter werden die Effekte verstanden, die in den jeweiligen Ab- und Zuwanderungsgebieten mit unterschiedlicher Attraktivität die Wanderungsbewegungen auslösen. Oft werden die Lebensbedingungen und die Wahrscheinlichkeit in einer Großstadt Arbeit zu finden, als besser wahrgenommen als auf dem Land. Einerseits bewegen schlechtere Lebensbedingungen die Menschen zum Abwandern und andererseits wirkt die Summe der Anziehungskräfte im Zuwanderungsgebiet. Gerade in Metropolen der Entwicklungsländer wird die Differenz zwischen den Lebensbedingungen von Land und Stadt sehr deutlich. Deswegen besitzen diese metropolitanen Räume eine außerordentliche Anziehungskraft auf die Landbevölkerung. Aus diesem Grunde ist die Zunahme an Einwohnern in den Metropolen dieser Länder nahezu atemberaubend und führt zu Folgen und Problemen, die unlösbar erscheinen.


Folgen: Die Metropolisierungseffekte

Die Liste der negativen Effekte der Metropolisierung für die Städte in den Entwicklungsländern ist lang. Wenn täglich Zuwanderer die Stadt erreichen, stehen für diese Neuankömmlinge weder Unterkünfte noch die lebensnotwendigen Einrichtungen zur Verfügung. Häufig lassen sich die Migranten in illegalen Hüttensiedlungen (Slums, Favelas etc.) nieder, die sich oft im zentrumsnahen Bereich oder am Stadtrand befinden. Meist gibt es weder einen Wasser- oder Stromanschluss noch sind Schulen und Krankenhäuser vorhanden. Aus der Unterversorgung und des ungebremsten Flächenwachstums resultieren die seuchenartige Verbreitung von Krankheiten, hohe Kriminalität, Gewalt und enorme Verkehrs- und Umweltbelastungen. In vielen Metropolen sind die freien Flächen aufgebraucht und die Stadtgrenzen haben sich längst in die umgebenden Verwaltungseinheiten ausgebreitet. Das hat zur Folge, dass sich dann keine Verwaltung zuständig fühlt und die interkommunalen Probleme vernachlässigt werden. Besonders gravierend gestaltet sich aber die Entsorgung von Abfall und Abwasser. Die Luft- und Wasserverschmutzung ist jenseits der für den Menschen verträglichen Belastungsgrenze. Zur Lösung dieser Probleme gibt es die unterschiedlichsten Ansätze, teilweise mit zweifelhaftem Erfolg.
Die Metropolen bestehen jedoch nicht nur aus den Elendsvierteln, denn die bessergestellten sozialen Schichten haben sich in ihre eigenen Stadtviertel zurückgezogen. Die aus den USA stammende Wohnform der "Gated Communities" ermöglicht den Privilegierten eine räumliche und soziale Trennung von der übrigen Stadtbevölkerung und deren Probleme. Hohe Zäune und Wälle, private Sicherheitsdienste und Zutrittsverbote sorgen für Sicherheit in diesen Vierteln. Sämtliche infrastrukturelle Einrichtungen vom Wasseranschluss bis zu Krankenhäusern sind hier vorhanden. In den Metropolen ist quasi ein infrastrukturelles Inselmuster entstanden. Auf der einen Seite die unterversorgten Gebiete der Zuwanderer und Armen und auf der anderen Seite die geschützten Wohngebiete der Mittel- und Oberschichten.


Lösungsansätze

Die Metropolen versuchen mit den unterschiedlichsten Maßnahmen den Herausforderungen der Metropolisierung zu begegnen. Aber alle haben eins gemeinsam und das ist das geringe Haushaltsbudget, welches meist nur für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Metropole reicht. Häufig sind die Energie- und Wasserversorgungsunternehmen privatisiert und werden eben nur dann tätig, wenn die notwendigen Finanzen fließen. Da aber weder die Kommune noch die Bewohner der Hüttensiedlungen das entsprechende Geld besitzen, unterbleibt schlicht eine Versorgung mit Strom und Wasser. Teilweise wird das Problem pragmatisch gelöst und die illegalen Slums einfach abgerissen. Aber das führt schließlich nur zu einer Verschiebung der Probleme innerhalb der Metropolen, da sich die betroffenen Bewohner an einer anderen Stelle der Stadt wieder niederlassen. Deshalb werden solcherlei Maßnahmen kaum noch ergriffen. Stattdessen wird versucht, die Lebensbedingungen auf dem Land zu verbessern, um den Zuwandererstrom abzumildern. Ein weiterer Ansatz verfolgt das Ziel, die Wanderungsbewegungen auf andere Mittel- und Kleinstädte zu lenken. Dieser sog. Top-Down-Ansatz hat sich jedoch als zu aufwändig und unregulierbar herausgestellt. Weitere Möglichkeiten der Problembewältigung sind eine verbesserte Zusammenarbeit der verschiedenen Verwaltungen, politische Dezentralisierung und die Beteiligung der Bürger an den Entscheidungen. Hintergrund ist der Kampf gegen die weitverbreitete Korruption und für eine bessere Kontrolle.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 11.06.2012