Infoblatt Die australische Stadt


Aufbau, Struktur und Funktion der australischen Stadt



Adelaide (NASA)

Die Geschichte Australiens und seiner Städte ist verhältnismäßig jung. Erst mit der europäischen Entdeckung Australiens im 17. Jahrhundert begann die Entwicklung der heutigen Städte. Als erstes betraten vermutlich die Niederländer den sogenannten fünften Kontinent im Jahr 1606. Zunächst blieb die Landung folgenlos, da die Niederländer an der australischen Westküste und im Norden nichts Lohnenswertes entdecken konnten. Die endgültige britische Machtergreifung fand 1770 durch Kapitän Cook statt. Zu dieser Zeit lebten ungefähr 300.000 Ureinwohner, die Aborigines, auf dem kleinsten Kontinent der Erde.


Geschichte der Metropolen

Im Jahr 1788 wurde eine britische Strafkolonie an jener Stelle errichtet, an der sich heute die größte Stadt Australiens befindet: Sydney.
Gemeinsam mit Melbourne entwickelten sich beide Städte zu den bedeutendsten Siedlungen auf dem australischen Kontinent. Im Jahr 1901 wurden aus den sechs Bundesstaaten und zwei Territorien Australiens der unabhängige "Commonwealth of Australia" gebildet. Eine Bundeshauptstadt sollte ebenfalls bestimmt werden. Da sich Sydney und Melbourne nicht über den Status einigen konnten, wurde eine Stadt völlig neu gegründet und als künftige Hauptstadt bestimmt. Zwischen Sydney und Melbourne gelegen, wurde ab 1913 Canberra auf der "grünen Wiese" geplant und gebaut. Bis zur Vollendung der Regierungsbauten tagte das Parlament aber weiterhin in Melbourne. Canberra, welches den offiziellen Status ACT (Australian Capital Territory) trägt, hat heute eine Einwohnerzahl von ungefähr 365.420 (Stand 2011). Dagegen leben im Großraum Sydney ca. 4,63 Mio. und in Melbourne etwa 4,14 Mio. Menschen. Weitere bedeutende Städte in Australien sind heute Brisbane (2,07 Mio.), Perth (1,74 Mio.) und Adelaide (1,2 Mio.; alle Stand 2011).
In den Wirren des Zweiten Weltkriegs wurde Australien mehrfach von japanischen Streitkräften angegriffen. Erst durch die Unterstützung von US-amerikanischen Truppen gelang es, die Japaner im Pazifik-Raum zurückzudrängen. Daraufhin wandte sich Australien in den Folgejahren vermehrt den Vereinigten Staaten von Amerika zu. Die einstige allgegenwärtige "Britishness" wurde zunehmend durch den „American Way of Life“ verdrängt, welches sich auch in der Stadtentwicklung und der Architektur Australiens niederschlug.


Bauliche Merkmale

Deutliche Kennzeichen für den Einfluss Großbritanniens als Mutterland auf die Entwicklung der australischen Städte ist das Leben in suburbanen Siedlungen und die Bauweise der Häuser. Für viele Einwanderer und Strafgefangene war es ein Traum, in "Arcadian Villages" zu leben. Bis heute gilt das von der Queen Elisabeth propagierte Prinzip des Eigenheims für Jedermann. Daraus entstanden riesige ausgedehnte Siedlungen vor den Toren der Städte, in denen die Häuser vorwiegend aus Stein und Ziegel erbaut wurden. Die Bauweise entstand durch die Anlehnung an das britische Erbe und auch aus Gründen des Schutzes vor den häufigen Buschbränden. Eine Bauordnung aus dem Jahr 1855 verbot sogar Holzhäuser in Sydney. Weitere typische Merkmale der "Britishness" sind die Ausstattung der (Reihen-)Häuser mit Terrassen und eisernen Gittern. Die britische Tradition im Städtebau wurde aber zunehmend durch Einflüsse aus den Vereinigten Staaten von Amerika abgelöst bzw. überprägt. Besonders der schachbrettartige Aufbau der Straßen erinnert an amerikanische Städte.


Wirtschaftliche und soziale Merkmale

Nach 1960 entstanden im Central Business District (CBD) der großen Städte, also dem Geschäftsbereich in der Innenstadt, zahlreiche Wolkenkratzer in moderner Architektur. Das Erdgeschoss wird meist zum Einkaufszentrum ausgebaut, während in den oberen Etagen Büros von Firmen angesiedelt sind. Im gesamten Geschäftsbereich in der Innenstadt befinden sich außerdem häufig Dienstleistungen wie Gerichte, Rathaus, Universitäten und die öffentliche Verwaltung. Außerdem sind hier auch Kinos, Clubs, Museen, Parks und Sehenswürdigkeiten angesiedelt. Als Beispiel für Sydney kann die berühmte Harbour-Bridge und das Opera-House genannt werden.
An den CBD schließt sich dann die Übergangszone ("zone of transition") an, in der vorwiegend Einrichtungen für den Verkehr (z. B. Hafen, Bahnhof) zu finden sind. Aber auch Hotels und Jugendherbergen sind ein Bestandteil dieser Zone der Stadt. In der dritten Zone ("old established suburbs") befinden sich die mittlerweile veralteten Vororte der Einwanderer mit den Häusern im britischen Stil. Weiterhin befinden sich oft auch alte Fabrikanlagen in dieser Zone. Die äußeren Vororte ("outer suburbs") bestehen aus neuen Siedlungen des 20. Jahrhunderts, in denen es viele Bungalows gibt. Die Altersstruktur ist gemischt, wobei die Betagten hier seltener wohnen. Entlang von Verkehrstrassen haben sich häufig Shopping-Center und Büroparks niedergelassen. So ist in der australischen Stadt eine markante Dezentralisierung der Funktionen wie Einkaufen, Arbeiten und Wohnen zu beobachten.


Typische Merkmale der australischen Stadt

- britischer Einfluss anhand der Bauweise der Häuser aus Ziegeln und Stein erkennbar
- Prinzip des Einfamilienhauses
- Schachbrettmuster des Straßenaufbaus
- die Skyline der großen Städte ist durch Wolkenkratzer im CBD geprägt
- ausgedehnte suburbane Siedlungen


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.07.2012