Kein Patentschutz


China ist das Paradies der Markenpiraten. Zwei Drittel aller Plagiate, die der EU-Zoll bei Stichproben abfängt, haben ihren Ursprung in der Volksrepublik. Dahinter steckt ein Milliardengeschäft. Bis zu zehn Prozent des Welthandelsvolumens beruht auf Fälschungen, schätzt die Internationale Handelskammer. Den jährlichen Schaden für die Weltwirtschaft beziffert die Organisation auf 600 Milliarden Euro. In den USA gehen 150 000 Arbeitsplätze durch die Produkt- und Markenpiraterie verloren, in Deutschland rund 70 000.
Mehr als 90 Prozent aller Software auf chinesischen Computern sind Raubkopien. Wer seinen VW-Passat in China in die Werkstatt bringt, muss damit rechnen, eine gefälschte Blinkerleuchte oder Bremsscheibe eingebaut zu bekommen. Oft sind die Kopien so gut, dass auch die Mechaniker sie nicht vom Original unterscheiden können. Der chinesische Autohersteller Chery kopierte sogar ein ganzes Auto. Der bei jungen Chinesen beliebte QQ sei ein kompletter Nachbau des Chevrolet Spark, behauptet der amerikanische Hersteller General Motors.
Pekings Regierung geht bisher kaum gegen die Produktpiraten vor. Trotz jahrelanger Proteste der US-Regierung kann man bis heute an jeder Ecke in China raubkopierte Hollywoodspielfilme kaufen - für weniger als ein Euro pro DVD. Es ist leicht verdientes Geld, sagt Frau Zhang, die vier Jahre lang in Peking einen DVD-Laden betrieben hat. Die Inspekteure vom Amt für Urheberrecht und vom Kulturamt lud sie regelmäßig zu Karaoke und Sauna ein. "Wir zahlten das Essen, die Prostituierten, alles", sagt Zhang, die ihren vollen Namen lieber verschweigt. Dafür durfte sie in ihrem kleinen Geschäft unbehelligt jeden Monat Tausende raubkopierter Hollywoodfilme verkaufen.


Quelle: Stuttgarter Zeitung
Autor: Harald Maass
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 29.04.2006