Infoblatt Funktionen des Waldes


Nutzung, Erholung und Schutz

Der Wald erfüllt vielfältige Funktionen, die man wie folgt in drei Kategorien gliedern kann: Nutzfunktion, Erholungsfunktion und Schutzfunktion.


Nutzen

Unter der Nutzfunktion versteht man die wirtschaftliche Bedeutung des Waldes, die bis an die Anfänge der Menschheitsgeschichte zurück reicht. Die menschliche Zivilisation konnte sich nur durch die Ausbeutung der Ressource Wald entwickeln. Im Mittelalter diente er dem Vieh als Futterlieferant: Im Sommer wurde das Vieh zum Weiden in den Wald getrieben und im Winter fraß es Laub und Streu. Durch diese Waldhutung wurde der Wald entweder aufgelichtet oder degradierte zu Wacholderheiden.
Das hölzerne Zeitalter erlebte von 1300 bis 1800 seine Blüte. Holz wurde in dieser Zeit Grundlage für viele handwerkliche Berufe, wie Zimmermann, Böttcher, Wagner, Tischler und Drechsler. Holz war vorherrschender Bau- und Werkstoff. Außerdem nutzte man Holzkohle, Rinde und austretendes Harz für Leim und Papier. Die wichtigste Funktion erfüllte zweifelsohne das Brennholz als einziger Energieträger – und das, obwohl Holz einen niedrigen Brennwert hat und daher unökonomisch ist.
Folge dieses intensiven Holzverbrauchs war eine Verknappung der Ressource. Daraufhin entwickelte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Forstwirtschaft. Von Heinrich Cotta begründet, begann man mit gezielten einseitigen Methoden der Wiederaufforstung durch die schnell wachsenden Arten Fichte und Kiefer.
Neben der Forst- und Landwirtschaft stellt die Jagd eine weitere Nutzungsform des Waldes dar. Die Jagd war in vergangenen Zeiten lebensnotwendig – zu Zeiten der Germanen diente sie dem Schutz vor Raubtieren und der Fleischversorgung, damals ein Hauptnahrungsmittel. Die Germanen konnten noch frei jagen, aber bereits im Mittelalter bildeten sich Besitztümer heraus, d. h. die Fürsten, Könige und geistlichen Oberhäupter bemächtigten sich des Waldes. Das Volk wurde immer stärker aus dem einst freien Wald verdrängt – nur mit Befugnis der Besitzer durfte gejagt werden.
Heutzutage sind sich die meisten Förster und Jäger darüber einig, dass Wild gejagt werden muss, um den Wald dauerhaft und ökologisch sinnvoll zu erhalten, denn das Wild schadet durch Verbiss der natürlichen Verjüngung des Waldes. Außerdem fehlen zur natürlichen Regulierung des Bestandes die Fleischfresser wie Wölfe. Die Beweidung mit Wild ist daher heute meist auf Großschutzgebiete begrenzt, in denen eine halboffene Landschaft erhalten werden soll. Da die Jagd heute jedoch hauptsächlich als Freizeitsport betrieben wird, üben Tierschützer häufig Kritik daran.
Daneben gilt Holz im Zuge der Suche nach alternativen Energien als nachhaltiger und umweltschonender Energieträger. Es bildet darüber hinaus die Basis für Holz- und Papierwirtschaft, ist Grundlage für das Einkommen der Waldbesitzer und sichert Arbeitsplätze im ländlichen Raum.


Erholung

Die Erholungsfunktion wird heute immer wichtiger, vor allem Menschen aus Ballungszentren suchen im Wald Zuflucht, Entspannung und Ruhe. Das beruht vor allem auf dem Waldinnenklima: Windruhe, ausgeglichene Temperaturen, viel Schatten und höhere Boden- und Luftfeuchte. Letzteres entsteht dadurch, dass die Wurzeln Wasser aus dem Boden gewinnen, welches die Blätter wiederum zum Teil verdunsten. So entsteht Verdunstungskälte, die den Wald auch im Sommer kühl hält. Man nutzt den Wald als Naherholungsmöglichkeit, zum Beispiele für Spaziergänge. Auch für diverse sportliche Aktivitäten wie Wandern, Nordic Walking, Jogging, Mountainbiking wird der Wald gerne in Anspruch genommen. In Deutschland hat z. B. der Schwarzwald auf dem Gebiet des Waldtourismus einen weltweiten Bekanntheitsgrad erlangt.


Schutz

Die Schutzfunktion des Waldes bezüglich des Menschen und der Natur ist sehr vielfältig. Er schützt vor Geröll- und Schneelawinen sowie Bodenerosion, bietet Lärmschutz, reguliert den Wasserhaushalt und sichert die Trinkwasserversorgung. Doch die bedeutendste Funktion des Waldes liegt in der Reinigung der Luft mit Hilfe der Photosynthese. Kohlendioxid und Wasser werden mithilfe von Chlorophyll in Traubenzucker umgesetzt. Dabei wird als Abfallprodukt Sauerstoff frei. Den Zucker speichert der Baum teilweise als Stärke und teilweise bildet er daraus Zellulose – der Hauptbestandteil von Holz. Eine etwa 100 Jahre alte Buche mit 20 - 25 m Höhe und einem Kronendurchmesser von rund 12 m verarbeitet an nur einem sonnigen Tag 18 kg Kohlendioxid – das entspricht dem durchschnittlichen Kohlendioxidabfall von zweieinhalb Einfamilienhäusern. Die Buche wandelt diese Menge in 13 kg Sauerstoff um. Damit deckt dieser Baum den Sauerstoffbedarf von 12 Menschen. Dabei bleiben in der Luft enthaltene Bakterien, Pilzsporen, Staub und andere schädliche Stoffe größtenteils in den Blättern hängen. Einen zu hohen Schadstoffeintrag kann allerdings auch das Ökosystem Wald nicht bewältigen. Weitere Einschränkungen ergeben sich aus der Tatsache, dass nur Wälder, die sich in der Wachstumsphase befinden, real Kohlendioxid binden, alte Baumbestände können dies hingegen nur in sehr geringem Maße.
Naturwissenschaftler sind sich über die absolute Menge des tatsächlich gespeicherten Kohlendioxids in Bäumen noch nicht im Klaren. Grund dafür ist, dass die Absorptionsraten während des Pflanzenwachstums sowie auch deren Bindungszeiträume nur schwer zu bestimmen sind. Die biochemischen Prozesse bei der Speicherung im Boden sind noch komplizierter, denn hier wird zusätzlich Methan und CO2 wieder freigesetzt.
Trotzdem gilt der Wald nach den Ozeanen als wichtigste Einflussgröße bezüglich des Klimahaushaltes. Die Wälder bilden weltweit die einzige wirksame Kohlendioxidsenke und sind gleichzeitig wichtigster Sauerstoffproduzent. Da die Wälder ausgleichend auf den globalen Stoffhaushalt wirken, werden sie im Kyoto-Protokoll als Klimafaktoren angesehen. Bäume beeinflussen die CO2-Bilanz von Staaten positiv. Um die nationalen Kohlendioxidemissionen zu senken, werden derzeit viele Projekte zur Aufforstung, zur Begrünung von Ödland und landwirtschaftlicher Flächen bzw. von Grünland durchgeführt.
Außerdem gewinnen Wälder aufgrund ihres hohen Artenreichtums immer mehr an Bedeutung. So bergen die Urwälder ein ungeheures Potenzial für die Pharmaindustrie. Um neue unbekannte Wirkstoffe für Medikamente zu finden, entsendet man Biologen und fördert somit die Forschung und den Umweltschutz in den Urwäldern.
Echte unberührte Urwälder gibt es in Deutschland allerdings nicht mehr. Urwaldähnliche naturnahe Relikte befinden sich beispielsweise im Nationalpark Bayrischer Wald, Nationalpark Harz, im Thüringer Wald und im Nationalpark Hainich. Die größten Urwaldreste Europas liegen in Skandinavien, besonders am Fuß der Skanden. Weltweit zählen bestimmte Teile des Regenwaldes und weite Teile der Taiga in Kanada und Sibirien zu den größten Urwäldern. Überall auf der Erde werden Wälder als Lebensraum für Tiere und Pflanzen unter Schutz gestellt. Verschiedene Programme schützen die Urwälder, aber auch sog. Bannwälder, die sich von der Forschung begleitet wieder zu solchen entwickeln sollen.
Ein Konzept zum Schutz des Lebensraumes Wald sind Nationalparke. 1872 wurde der Yellowstone-Nationalpark in den USA als erster Nationalpark der Erde errichtet, seitdem kommen kontinuierlich neue hinzu. Derzeit gibt es weltweit 2.000 Nationalparke. So entsteht ein erdumspannendes Netz von Schutzgebieten, in denen sich die Natur ohne Eingriffe des Menschen natürlich entwickeln kann. Alle müssen 75 % ihrer Fläche als Kernzone ohne menschliche Nutzung ausweisen. Die Natur soll dort sich selbst überlassen sein und sich wieder zum Urwald entwickeln. In Deutschland existieren derzeit 14 Nationalparke, darunter der Hainich im Nordwesten Thüringens, der Harz und der Bayrische Wald. Letzterer wurde 1970 im Europäischen Naturschutzjahr zum ersten Nationalpark Deutschlands. Die Nationalparke sollen neben der Schutzfunktion aber auch der Forschung dienen. Durch Nationalparkverwaltungen wird vor allem Monitoring im wissenschaftlichen Sinn betrieben, um Entwicklungen des Gebietes zu dokumentieren. Eine weitere wichtige Aufgabe der Nationalparke ist die Umweltbildung. Durch Wanderungen und Ausstellungen sollen Einheimische und Besucher den richtigen Umgang mit der Natur üben und Verantwortungsbewusstsein lernen. Nationalparke sollen also nicht nur die Natur schützen, sondern auch den Menschen als Erholungs- und Lernraum dienen.

Der Wald als „grüne Lunge“ erfüllt also vielfältige Funktionen bezüglich Ökologie, Wirtschaft und Erholung. Bei der Nutzung des Waldes stehen sich durch die vielfältigen Funktionen verschiedene Interessengruppen gegenüber, was oft zu Konflikten führt. Die Herausforderung besteht darin, alle Funktionen harmonisch zu vereinen. In der Vergangenheit dominierten die wirtschaftlichen Funktionen des Waldes, heute eher die Schutz- und Erholungsfunktionen. Da die Wälder weltweit und besonders in Mitteleuropa einen starken Wandel hinsichtlich Nutzung und Ausprägung durchlebt haben, spielt deren Erhaltung, Überwachung und Pflege eine besondere Rolle. Auch hinsichtlich der stetigen Zunahme der Weltbevölkerung und des steigenden Grads der Industrialisierung in den Entwicklungsländern sollten Schutzmaßnahmen oberste Priorität genießen.
Entsprechend ist die deutsche Forstwirtschaft laut Bundeswaldgesetz dazu verpflichtet, genauso viel Wald aufzuforsten wie jährlich eingeschlagen wird und die Wälder wieder naturnaher zu gestalten. In Deutschland sind die Landesforstverwaltungen für eine planmäßige, pflegerische und nachhaltige Nutzung des Waldes im Sinne der drei Hauptfunktionen verantwortlich.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Nancy Allmordt
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 21.05.2012