Infoblatt Landgewinnung in Japan


Maßnahmen, Ursachen des Flächenmangels, Beispiel Flughafen Kansai


Maßnahmen zur Landgewinnung

Seit je her versucht der Mensch natürliche Grenzen und Gegebenheiten baulich zu überwinden. In einigen Staaten in Küstenlage wurde und wird aus verschiedenen Gründen neues Land gewonnen, indem es dem Meer abgerungen wird. Einerseits dienen Landgewinnungsmaßnahmen dem Küstenschutz und andererseits sollen neue Flächen für landwirtschaftliche Nutzung oder Bebauung gewonnen werden. In Europa sind vor allem die Niederlande für umfangreiche Landgewinnungsprojekte bekannt. Im asiatischen Raum war Japan der Vorreiter derartiger Maßnahmen.
In Japan gibt es vor allem in den Ballungsräumen enorme Landknappheit, die auf diese Art und Weise gelindert werden kann. Der Flächenbedarf in den japanischen Städten wurde durch immer höhere Gebäude zunächst gemildert. So wurde das Wachstum der Städte in die Höhe gefördert. Auch wohnen die japanischen Familien sehr Platz sparend und für europäische Verhältnisse äußerst beenget. Seit den 1960er wurden zusätzlich Maßnahmen zur künstlichen Landgewinnung im Meer getroffen. Die gezielte Landgewinnung in Japan durch Aufschüttungen hat bis dato mehr als 1.000 Quadratkilometer neue Flächen für die Stadtentwicklung gebracht. Die Landgewinnung ist für die Ballungsräume Japans zum wichtigen Element der Stadtentwicklungspolitik geworden. Als besonders geeignet haben sich die seichten Küstengebiete in der Tokyo-Bucht und der Bucht von Osaka herausgestellt.


Ursachen des Flächenmangels

In Japan leben 128,1 Mio. Menschen (Stand 2010) auf einer Fläche von 377.930 Quadratkilometern. Die Bevölkerungsdichte beträgt 338 Einwohner je Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Deutschland leben auf einer ähnlich großen Fläche ca. 81,8 Mio. Menschen bei einer Dichte von 229 Einwohnern je Quadratkilometer. Ferner siedeln im Unterschied zu Deutschland 90 % der japanischen Bevölkerung in den ebenen Küstenregionen, da die naturräumlichen Gegebenheiten Japans eine effiziente Besiedlung lediglich an der pazifischen Küste ermöglichen. Der China zugewandte, westliche Küstenbereich ist nur dünn besiedelt und wird im Wesentlichen von terrassenförmigen Reisfeldern geprägt. Der große Mittelteil der vier Hauptinseln ist wegen seiner hohen Berge kaum bewohnbar. So bleibt nur die schmale naturbegünstigte Ostseite Japans für großflächige Besiedlung. Viele japanische Großstädte leiden im Zuge der starken Urbanisierung jedoch unter enormen Flächenmangel. Mittlerweile ist auf den vier Hauptinseln fast die Hälfte der Küsten bebaut und versiegelt. Unberührte Küstenlandschaften zu finden ist schwierig geworden. Flüsse wurden betoniert, Staudämme errichtet und seit geraumer Zeit wendet sich der Mensch nun dem Meeresbereich zu. So werden gewaltige, weit ins Meer reichende Hafenanlagen errichtet und Deiche gebaut, um dem Meer Land abzuringen.
Nach dem zweiten Weltkrieg war die japanische Regierung bestrebt, dass Land schnell wieder aufzubauen und förderte die private Wirtschaft durch staatliche Nachfrage. Vor allem wurden viele Baumaßnahmen und der Ausbau der Infrastruktur unterstützt, um die private Bauwirtschaft anzukurbeln. Einst galt auch das Leitbild, dass die Lebensbedingungen auf dem Land ähnlich denen der Stadt sein müssen. Zunächst gelang die Angleichung auch, aber schon bald zogen immer mehr Menschen in die Städte. Die Verstädterung nahm zu und solange der Platz ausreichte, wuchsen die Städte unaufhörlich.
Durch verschiedene Besonderheiten wird der Druck auf städtische Flächen in Japan jedoch zusätzlich erhöht. Aufgrund der hohen Erdbebengefahr werden in vielen japanischen Großstädten riesige innerstädtische Freiflächen vorgehalten. Bei einem Erdbeben können sich die Einwohner dorthin retten. Die großen Plätze verschärfen die Landknappheit. Teilweise ist auch der potenzielle Baugrund im Bereich der wuchernden Ballungsgebiete für eine Bebauung ungeeignet.
Die Gründe stellen sich insgesamt also wie folgt dar:
  • ungünstige naturräumliche Voraussetzungen,
  • Vorhalten von Freiflächen in den Städten für die Erdbebenrettung,
  • ungeeignetes Bauland
  • und eine enorme Verstädterung durch Landflucht und Bevölkerungswachstum.
Verschiedene Ursachen rufen also den enormen Platzmangel in den Städten hervor und zwingen zu teuren Maßnahmen im Bereich der Landgewinnung. Allerdings laufen die Landgewinnungsmaßnahmen und die Nutzung der aufgeschütteten Flächen nicht problemlos ab, wie der langsam im Meer versinkende Kansai Airport zeigt (siehe unten). Weiterhin wird befürchtet, dass Aufschüttungsland nicht erdbebensicher ist. Zwar werden die neu gewonnenen Flächen und Gebäude erdbebensicher errichtet, aber ein gewisses Restrisiko bleibt bestehen. Einen ersten Härtetest erlebte der Flughafen Kansai, als er im Januar 1995 das sog. Erdbeben von Kobe ohne größere Schäden überstand.


Flughafen Kansai als Vorzeigeprojekt

(Die frühere Google Maps Anwendung benötigte zur Ausführung veraltete Technik, die von den meisten Browsern nicht mehr unterstützt wird. Deshalb wurde die Anwendung entfernt. Wir danken für Ihr Verständnis.)


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2007
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.07.2012