Infoblatt Sokrates (469 - 399 v. Chr.)


Sokrates - eine Kurzbiographie

Obwohl schriftlich nichts, aber auch gar nichts von ihm überliefert wurde, ist und bleibt der Grieche Sokrates einer der größten Philosophen der Menschheit. Er wurde 469 als Sohn eines athenischen Steinmetzen und einer Hebamme in Athen geboren. Seine Heimatstadt verließ er nur während des Peloponnesischen Krieges (431 bis 404 v. Chr.), wo der Bürger Sokrates als Schwerbewaffneter seinen Kriegsdienst im Heer Athens leistete. Er musste wie alle anderen Bürger die Kosten für seine Ausrüstung mit Panzer, Helm, Beinschienen, Schwert, Lanze und Schild selbst tragen – ein sicheres Zeichen dafür, dass Sokrates zu den Wohlhabenden Einwohnern seiner Heimatstadt gehörte.

Wahrscheinlich hatte Sokrates Vermögen ererbt, so dass er in die Bürgerschaft seiner Heimatstadt aufsteigen konnte, obwohl er keinem Beruf nachging. Trotz seines Wohlstandes lebte der Philosoph jedoch sehr spartanisch, ging barfuß und trug selbst im Winter nur den Tribon – einen dünnen Wollmantel. Er lebte karg und bedürfnislos. Im Alter war der Philosoph materiell verarmt und wahrscheinlich ganz auf die Hilfe seiner Schüler angewiesen.

Spätestens um das Jahr 423 herum war Sokrates in Athen stadtbekannt, denn er hatte eine der Hauptrollen in den von den Athenern zum Dionysienfest stark beachteten Komödien gespielt. Immer öfter sahen ihn seine Mitbürger aber auch auf dem Marktplatz, wo er die Leute ansprach und sie in Gespräche über ihre Ansichten zu grundlegenden Fragen des Lebens verwickelte.

Zu dieser Zeit waren die Athener Anhänger der Egozentrik. Sie dachten fast ausschließlich an sich selbst und fragten nicht nach dem Gemeinwohl. Die Egozentrik war eine unter den sog. Sophisten, die sich als "Lehrer der Weisheit" verstanden, verbreitete Auffassung. Ein Sophist vermittelte sein Wissen in Philosophie, Staatskunde, Literatur, manchmal auch in Rhetorik nur gegen gute Bezahlung und so fast ausschließlich nur an die Söhne reicher und angesehener Adliger.

Sokrates wurde zum entschiedenen Gegner des Sophismus und der Egozentrik. Er wollte seine Mitbürger dazu bringen, wieder den Gesetzen zu gehorchen und das eigene Wohl hinter das des Staates zu stellen. Obwohl sich eine große Schar begeisterter junger Männer der neuen Lehre von Sokrates anschloss, wuchs die Zahl seiner Feinde stetig, denn in öffentlichen Streitgesprächen stellte der Philosoph so manchen Athener bloß, wies ihm Unwissenheit und Unrecht nach.

In erster Ehe war Sokrates mit Xanthippe verheiratet. Beide hatten einen gemeinsamen Sohn (Lamprokles). Bis heute bekannt geblieben ist Xanthippe aber als das sprichwörtliche Sinnbild einer unausstehlichen Ehefrau, denn sie tyrannisierte ihren Mann, um ihn von seiner Philosophie abzubringen. Doch sie erreichte das genaue Gegenteil – Sokrates mied die eigene Wohnung und vertiefte sich immer mehr in die Philosophie.

Im Jahr 406 gehörte Sokrates dem Rat (Boule) der Stadt Athen an, der jährlich aus je 50 durch das Los bestimmte Repräsentanten neu gebildet wurde. Als Mitglied dieses Stadtrates bewies Sokrates Zivilcourage und Gerechtigkeitssinn: Einem Todesurteil an Athener Heerführern stimmte er nicht zu, weil in dem Gerichtsverfahren gravierende Fehler zuungunsten der Angeklagten gemacht worden waren. Während der Zeit der sog. Dreißig Tyrannen in Athen (404/403 v. Chr.) verweigerte er jegliche Zusammenarbeit mit den Despoten und ihren Helfern.

Mit seinem Verhalten und Auftreten hatte sich Sokrates noch mehr Feinde gemacht. Sie suchten und fanden 399 v. Chr. einen Vorwand, um den Philosophen unter Anklage zu stellen. Man warf ihm vor, dass er an dämonische Wesen (daimonia), aber nicht an die Götter Athens glaube und dass er die Jugend der Stadt mit seinen Lehren verderbe. 500 Laienrichter, alle mit vollem Athener Bürgerrecht ausgestattet, sprachen Sokrates des Religionsfrevels für schuldig und verurteilten ihn zum Tode. Mitentscheidend für die ausgesprochene Todesstrafe war, dass viele das Auftreten von Sokrates, der sich nach Athener Recht selbst verteidigen musste, als arrogant empfunden hatten.

Da sich der Vollzug der Strafe verzögerte, versuchten einige Freunde, Sokrates zur Flucht aus dem Gefängnis zu überreden. Doch der Philosoph betrachtete eine Flucht als Unrecht und lehnte alle Fluchtangebote ab. Die Todesstrafe wurde 399 v. Chr. vollstreckt – Sokrates musste das in Wasser aufgelöste tödliche Gift des Schierlings trinken.

Mit dem Griechen starb einer der größten Denker aller Zeiten. Sein fundamentales neues Gedankengebäude veränderte die Philosophie der griechischen Antike radikal, bestimmte über Jahrhunderte das Nachdenken über die grundlegenden Zusammenhänge in der Welt, über die menschliche Gesellschaft und die Rolle des Menschen in ihr. Sokrates und seine philosophischen Auffassungen sind bis heute aktuell geblieben.


Sein Leben in Zahlen und Fakten

  • 469 v. Chr.
    Der spätere Philosoph Sokrates wurde 469 v. Chr. als Sohn des athenischen Steinmetzen und Bildhauers Sophronikos und der Hebamme Phainarete geboren. Er lebte und wirkte sein ganzes Leben in Athen.
  • 423 v. Chr.
    Etwa 423 wurde Sokrates in ganz Athen, das damals um die 70.000 Einwohner zählte, bekannt. Das lag einmal daran, dass er in den stark beachteten Komödien, die anlässlich des Dionysienfest aufgeführt wurden, eine Hauptrolle gespielt hatte. Zum anderen sprach Sokrates auf den Straßen Athens jeden an, der vorbeikam, und versuchte, ihn in ein Gespräch über Philosophie zu verwickeln.
  • 420 bis 410
    In diesem Jahrzehnt wurde Lamprokles, der älteste Sohn des Philosophen geboren. Dessen Mutter war Xanthippe, die erste Frau von Sokrates.
  • 406 v. Chr.
    Sokrates gehörte dem Rat (Boule) der Stadt Athen an, der jährlich aus je 50 durch das Los bestimmte Repräsentanten neu gebildet wurde. Als Mitglied des Rates bewies Sokrates Zivilcourage und Gerechtigkeitssinn. Dadurch machte er sich unter den Athenern nicht nur viele Freunde, sondern auch zahlreiche Feinde.
  • 404/403 v. Chr.
    Argwohn und Hass gegen den Philosophen verstärkten sich unter den Bürgern Athens, als er in der Zeit der sog. Dreißig Tyrannen in Athen (404/403 v. Chr.) jegliche Zusammenarbeit mit den Despoten und ihren Helfern verweigerte.
  • 399 v. Chr.
    Seine Feinde holten zum Schlag aus und stellten Sokrates unter Anklage. Man warf ihm Religionsfrevel und einen verderblichen Einfluss auf die Athenische Jugend vor. 500 Laienrichter sprachen Sokrates des Religionsfrevels für schuldig und verurteilten ihn zum Tode. Seine Hinrichtung erfolgte 399 v. Chr. Er musste aus einem Becher das tödliche Gift des Schierlings trinken.



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Dr. Klaus-Uwe Koch
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 04.06.2012