Infoblatt Berlin - die neue alte Hauptstadt


Hauptstadtentscheidung, Auswirkungen

Nach der politischen Wende 1989 war klar, dass das kleine Bonn am Rhein nicht Bundeshauptstadt bleiben konnte. Im Jahr 1990 entschied der Bundestag, dass die ehemalige Reichshauptstadt und Hauptstadt der DDR auch die neue Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland werden sollte, wobei im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 noch die Frage des Sitzes von Parlament und Regierung offen blieb.

Die leidenschaftliche Auseinandersetzung über das Für und Wider eines Umzuges von Bonn nach Berlin fand erst am 20. Juni 1991 im Bundestag ihren Abschluss. Die Abgeordneten entschieden sich sehr knapp für eine Verlagerung des Parlaments- und Regierungssitzes nach Berlin (337 Stimmen für Berlin, 320 Stimmen für Bonn). Heute ist Berlin Sitz des Bundestages (Reichstagsgebäude), der Bundesregierung (Kanzleramt), des Bundespräsidenten (Schloss Bellevue), der meisten Ministerien und Bundesverwaltungsämter. Die Hauptstadtentscheidung hatte natürlich weit reichende Konsequenzen für die Stadtplanung. So forderte der Hauptstadtausbau Standorte für Parlament und Regierung, des Weiteren für Botschaften, Medien, Parteizentralen und Verbände, eine entsprechende verkehrstechnische Infrastruktur und vieles mehr.


Die Folgen

Die Hauptstadtentscheidung entwickelte eine Sogwirkung auf Wirtschaftsunternehmen verschiedenster Branchen. Aus aller Welt siedelten sich Repräsentanzen oder gar die deutschen Zentralen von Konzernen an, um am künftigen Standort Berlin "am Ball" zu sein. Daimler Benz AG, debis, Deutsche Bank, Hilton International, Lufthansa, Allianz, VW, Siemens, Sony und Coca-Cola sind nur einige Unternehmen, die seit 1990 in der Region Berlin investiert haben.
Viele der Konzerne profitieren vom qualifizierten Personal der traditionellen Wissenschafts- und Forschungsstadt Berlin. Diese verfügt nämlich über drei Universitäten, vier Kunsthochschulen, neun Fachhochschulen, die Europäische Wirtschaftshochschule und weitere 250 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, wie z. B. die Max-Planck- Gesellschaft, die Frauenhofer-Gesellschaft, das Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik usw.
Auch die Investitionen in die Infrastruktur, z. B. in den kompletten Umbau des Verkehrsnetzes (nach dem sog. "Pilzkonzept", in dessen Zentrum der neue Lehrter Bahnhof entstanden ist) und die Telekommunikationsinfrastruktur (62.000 km Glasfaser-Vernetzung), wirken sich positiv auf die Standortentscheidung für Berlin vieler Unternehmen aus. Die Eisenbahnlinien und Autobahnen verlaufen sternförmig in alle Richtungen der Bundesrepublik. Über Wasserwege hat Berlin Verbindungen zu Häfen an Nord- und Ostsee. Durch die drei Flughäfen Berlins werden Verbindungen in große Städte Deutschlands und in die Welt geschaffen.
Ideale Bedingungen bieten sich auch für neue Unternehmen im Bereich Medien, Elektronik und Multimedia. Am Potsdamer Platz war mehr als 40 Jahre lang Niemandsland, eine Brache. Heute schlägt hier wieder das Herz der Stadt. Der privatwirtschaftlich erstellte und verwaltete "öffentliche" Raum wird auch wieder zum wichtigsten Verkehrsknotenpunkt der Hauptstadt. Da neben Wohnraum, Büroflächen, Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie und den eben genannten kulturellen Einrichtungen kaum noch Platz für Verkehrsprojekte bleibt, wurden diese unter die Erde verlegt.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Lars Pennig
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 08.06.2006