Das traditionelle Belt-Konzept und seine Auflösung


Agrarwirtschaft, Subsistenzwirtschaft, Marktwirtschaft, Belt-Konzept, regionale Spezialisierungen, Landwirtschaftsgürtel, corn belt, dairy belt, cotton belt, wheat belt, Agrarzentren

Ende des 19. Jahrhunderts war die Frontierbewegung im Kernraum der USA (conterminous USA = zusammenhängendes Staatsgebiet ohne Alaska und Hawai) im wesentlichen abgeschlossen. Das Heimstättengesetz von 1862 hatte die Grundlage für mehr als 1 Mio. Farmbetriebe in den zentralen Ebenen und Plateaus gelegt, die – nach Fertigstellung der großen Kontinentalbahnen und ergänzender Linien – ihre Produktionsstruktur von der Subsistenzwirtschaft zunehmend auf die Marktorientierung ausrichten konnten. Diese Marktorientierung, zusammen mit den räumlich unterschiedlichen natürlichen Bedingungen führte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu regionalen Spezialisierungen, deren Ergebnis die Herausbildung von Agrargebieten mit mehr oder weniger einheitlichen Nutzungs- und Betriebsformen war. Für diese Gebiete setzte sich in der Literatur der Begriff agricultural belts bzw. Landwirtschaftsgürtel durch. Gemessen am Produkt mit der jeweils größten Wertschöpfung sprach man vom corn belt, dairy belt, cotton belt, wheat belt etc. ...

Tiefgreifenden Strukturveränderungen in der Agrarwirtschaft führten ab etwa 1930 zu einer kontinuierlichen Auflösung der belts. Die Ursachen und Hintergründe sind vielfältig und variieren regional stark. Beispiele:
  • Einführung neuer Kulturpflanzen (z.B. Sojabohne im ehemaligen corn belt verdrängt z.T. den Mais)
  • Ausbreitung von Schädlingen besonders in Monokulturen (z.B. Baumwollkapselkäfer im ehemaligen cotton belt führt zur Aufgabe von Baumwollfeldern und zur Produktionsverlagerung in den ariden Westen)
  • bessere Anpassung an natürliche Gegebenheiten (z. B. Rinderzucht statt Weizenanbau in dürregefährdeten Gebieten)
  • Agrartechnische Entwicklungen (z. B. Ausweitung der Bewässerungslandwirtschaft im Südwesten und Westen, verstärkter Anbau z. B. von Baumwolle oder Gemüse und Obst)
  • Einführung bodenkonservierender Maßnahmen (z.B. Fruchtwechselwirtschaft statt Weizenmonokulturen in erosionsgefährdeten Gebieten der Plains)
  • staatlich verfügte Restriktionen (z. B. Quotenregelungen bei Baumwolle und anderen Produkten, um Produktionsmengen zu reduzieren und Preise zu stabilisieren)
  • Einführung neuer Organisationsstrukturen (z. B. Hähnchenmast in agroindustriellen Verbundbetrieben im Südosten der USA)
  • Absatzschwierigkeiten für bestimmte Produkte (z.B. Weizen in jüngerer Vergangenheit)
  • zunehmende Weltmarktorientierung (z. B. Steigerung der Produktion von qualitativ hochwertigem Schweinefleisch im ehemaligen corn belt)
  • geänderte Nachfragesituation (z. B. rückläufige Entwicklung beim Schweinefleisch zugunsten vor allem von Geflügelfleisch mit einer Konzentration der Broilerproduktion im Südosten)
  • ökologische Probleme (z. B. Bodenversalzung in Bewässerungsgebieten im Westen und – dadurch bedingt – teilweise Rückwanderung des Baumwollanbaus in den Südosten).

Ergebnis dieser tiefgreifenden Umstrukturierungsprozesse: Die flächenhaften belts haben sich weitgehend aufgelöst; an ihre Stelle sind punkthaft über die USA verteilte Agrarzentren entstanden, wie sie in der Karte „Räumliche Struktur der US-amerikanischen Agrarwirtschaft zu Beginn der 90er Jahre“ dargestellt sind. Diese Karte wurde im Economic Research Service des Landwirtschaftsministeriums der USA von Sommer und Hines 1991 erstellt. Zur räumlichen Gliederung und Charakterisierung wurden neben dem Produkt mit dem höchsten Verkaufswert ( ... ) auch andere Messgrößen herangezogen, wie z.B. die Größe der Betriebe und die Betriebsform.
1999 legte das US-Landwirtschaftsministerium eine neue Regionalisierung vor, die ihren Niederschlag in der Karte „Die neue Regionalisierung der Landwirtschaft der USA durch das US-Landwirtschaftsministerium“ gefunden hat. Ausgewiesen sind Regionen mit einer vergleichbaren Agrarstruktur. Im Vergleich zur Darstellung von Sommer und Hines bringt diese Darstellung jedoch kaum neue Erkenntnisse, zumal die Zahl der Messgrößen kaum erweitert wurden. So schreiben Windhorst und Klohn zurecht: „Es bleibt abzuwarten, ob dieses Modell, das in der vorliegenden Form für die unterrichtliche Verwendung nur sehr eingeschränkt verwendbar ist, in Zukunft eine inhaltliche Füllung erfährt.“


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Norbert von der Ruhren
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2002
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 13.05.2006