Infoblatt Walfang


Geschichte, Walfangpolitik, bedrohte Walarten



Blauwal (Klett)

Weltweit sind heute circa 80 Wal- und Delfinarten bekannt. Sie bilden die Ordnung der Waltiere. Dies sind Säugetiere, die im Laufe der Evolution vom Land ins Wasser zurückgekehrt sind – im Gegensatz zu Fischen – Luft zum Atmen brauchen. Deshalb müssen sie von Zeit zu Zeit auftauchen. Man unterscheidet zwei Gruppen von Walen, Zahnwale und Bartenwale. Letztere besitzen anstatt der Zähne Barten, durch die sie Meerwasser sieben, um Kleinlebewesen als Nahrung aufzunehmen. Die 13 Arten, die zu den Bartenwalen gehören, bezeichnet man zusammen mit dem Pottwal aufgrund ihrer Körpergröße als Großwale. Delfine zählen zu den Zahnwalen.
Seit langem werden diese faszinierenden Meeressäuger vom Menschen gejagt. Der Bestand der meisten Arten hat sich bis heute derart enorm verringert, dass viele Wal- und Delfinarten vom Aussterben bedroht sind.


Geschichte des Walfangs

Mit Walfang bezeichnet man die Jagd von Schiffen aus auf Wale, die in dieser Form schon seit Tausenden von Jahren vom Menschen betrieben wird. Besonders Großwale boten eine große Menge verwertbaren Materials und konnten ganze Dörfer für längere Zeit ernähren. Die Gründe für den Walfang veränderten sich jedoch im Laufe der Zeit. Ursprünglich hatte die Jagd auf Wale am Meer lebenden Völkern ihre Lebensgrundlage geboten, doch schon im Mittelalter begann sich der kommerzielle Walfang zu entwickeln. So bejagten die Basken bereits im zwölften Jahrhundert einige Walarten in bedrohlichem Maße. Andere Nationen wie England, Frankreich, Spanien, Niederlande und Deutschland beteiligten sich bald an der Jagd auf die Riesen der Meere, denn neben dem Walfleisch konnten viele Bestandteile des Walkörpers vom Menschen für verschiedenste Produkte verwertet werden. Der Waltran wurde zum Beispiel als Grundstoff für die künstliche Beleuchtung verwendet. Außerdem nutzte man ihn später für Seifen, Salben, Farben, Gelatine und Lederpflegemittel.
Zu Beginn des gewerblichen Walfangs konzentrierte man sich noch auf die langsamer schwimmenden Wale, zum Beispiel den Nordkarper oder den Grönlandwal. Beide Arten treiben aufgrund des hohen Fettanteils in ihrem Fleisch nach dem Tod auf der Wasseroberfläche und sind so besonders leicht zu verarbeiten. Mit der Zeit verringerte sich die Anzahl dieser einfach zu jagenden Wale. Außerdem wurden die Fangmethoden besser, so dass man sich vor allem auf schneller schwimmende, aber auch auf kleinere Wale konzentrierte. Die Wale wurden nicht mehr von mehreren kleinen Booten umkreist und mit Speeren oder Handharpunen erlegt. Große Walfangschiffe mit verbesserten Harpunen machten den Walfang effektiver. Immer mehr Nationen mit immer größeren Fangflotten stiegen in das einträgliche Geschäft ein. Weltweit wurden inzwischen annähernd alle Meere, in denen Wale lebten, im großen Stil bejagt. Auch entdeckte man zahlreiche neue Bestandteile des Wales, die gewinnbringend verwertet werden konnten. Der Pottwal bot beispielsweise Ambra, eine Substanz aus seinem Verdauungstrakt, die man zur Parfümherstellung verwendete. Walrat, eine wachsartige Substanz aus dem Walkopf, wurde u. a. für hochwertige Kerzen verwendet. Das sogenannte Fischbein (die Barten der Bartenwale) dienten im 18. und 19. Jahrhundert zur Herstellung von Korsetten. Auch wurde der Waltran zur Herstellung von Nitroglycerin benutzt, welches – besonders im ersten Weltkrieg – zur Herstellung von Sprengkörpern diente.
Trotz der Einführung des Dampfschiffes und der Harpunenkanone brachte die Erfindung des Petroleums Mitte des 19. Jahrhunderts einen Rückgang des Walfangs. Doch die sich schnell entwickelnden industriellen Verarbeitungsmethoden machten das Geschäft wieder profitabel, denn darüber hinaus wurden weitere Möglichkeiten zur Verwendung der aus Walen gewonnenen Rohstoffe gefunden. Zum Beispiel wurden inzwischen Margarine und Waschmittel aus dem Waltran gewonnen.
In den dreißiger Jahren wurden pro Jahr etwa 30.000 Wale erjagt. Bis in die sechziger Jahre erhöhte sich diese Zahl auf 40.000 pro Jahr. Eine Vielzahl von Walarten war zu diesem Zeitpunkt bereits extrem dezimiert.


Walfangpolitik

In den dreißiger Jahren begann man langsam zu realisieren, dass viele Walarten ernsthaft bedroht waren. Die Internationale Walfang Kommission (IWC) wurde aber erst 1946 von 14 Walfangnationen begründet. 1948 trat die Walfangkonvention in Kraft. Sie legte pro Jahr Fangquoten für die einzelnen Walarten fest und stellte bestimmte Walarten unter Schutz. Die IWC vertrat aber zunächst mehr die Interessen der Walfänger als der Walschützer, der Schutzgedanke gewann nur sehr langsam an Bedeutung. Inzwischen konnten aber mehr und mehr Rohstoffe des Wals durch andere Produkte ersetzt werden, sodass der Walfang weniger rentabel wurde. Erst als immer mehr Nationen den gewerblichen Walfang gänzlich aufgaben und der IWC beitraten, wurden die Stimmen nach dem Walschutz in der Kommission lauter. Zu Beginn der 70er Jahre waren die einzigen Nationen, die den Walfang noch in großem Maße kommerziell betrieben, die Sowjetunion und Japan. Auch die UNO erhöhte inzwischen ihren Druck auf die IWC, den Walfang ganz zu unterbinden. Zwischen 1975 und 1982 traten weitere 20 Länder der IWC bei, darunter mehrere Walfangkritiker, so zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland. 1982 war endlich die nötige Dreiviertelmehrheit für ein Walfangmoratorium vorhanden, das den Walfang weltweit seit 1986 ganz verbietet. Es wurde 1990 verlängert und gilt noch heute. Allerdings gibt es Ausnahmen:
  1. Genehmigt wird Walfang den Völkern, zu deren traditioneller Lebensweise dieser gehört.
  2. Walfang wird von manchen Ländern in bestimmten Fangzahlen zu Forschungszwecken durchgeführt (von Japan, Norwegen und Island).
  3. Staaten, die Einspruch gegen das Moratorium erhoben haben, sind nicht daran gebunden. Dies traf von 1987 bis 2002 auf Japan zu, welches schließlich nur unter Druck der USA zustimmte. Norwegen hat diesen Fangstopp immer noch nicht anerkannt und praktiziert nach wie vor den Fang von Zwergwalen.
Es gibt immer noch einige Staaten, wie Japan, Norwegen oder Island, die sich aktiv für eine Aufhebung des Walfangmoratoriums einsetzen. 1994 kam es aber durch Proteste verschiedener Umweltverbände zu einem Erfolg beim Schutz der Wale. Im Südpolarmeer rings um die Antarktis wurde ein Walschutzgebiet beschlossen. Die IWC hat damit ein Gebiet unter Schutz gestellt, das die Nahrungsgründe für den größten Teil aller noch auf der Welt lebenden Großwale bildet. Diese Wale sind also immer noch vor der Jagd geschützt, falls das Walfangmoratorium irgendwann tatsächlich aufgehoben werden sollte. Voraussetzung für eine Aufhebung wäre die Entwicklung eines sichereren Managementverfahrens für den Fang sowie eine umfassende Bestandseinschätzung. In diesen sehr komplexen Bereichen konnten bislang jedoch kaum Fortschritte erzielt werden. Stattdessen spitzte sich der Streit zwischen Walfangbefürwortern und -gegnern stetig zu. Nach gescheiterten Kompromissen wurde 2010 klar, dass eine Einigung vorerst nicht möglich scheint. Weitere Verhandlungen sind daher erst in einigen Jahren geplant.


Heutige Situation

Die meisten Walarten, die im Zuge des kommerziellen Walfangs gejagt wurden, sind heute in ihrem Bestand bedroht. Dies trifft insbesondere auf die Großwale zu. Heute gibt es noch etwa 28.000 Buckelwale (laut WWF). Greenpeace geht davon aus, dass es zu Beginn des 19. Jahrhunderts circa 1,5 Millionen Buckelwale gab. Der Bestand an Blauwalen in der Antarktis liegt heute – obwohl die Tiere seit 45 Jahren geschützt sind – bei weniger als einem Prozent der Ausgangspopulation. Diese Zahlen machen deutlich, in welch großem Maße der kommerzielle Walfang betrieben wurde.
Vollständig ausgerottet wurden bis heute der Atlantische und der Koreanische Grauwal. Besonders vom Aussterben bedroht sind der Atlantische Nordkaper, der Grönlandwal und der westpazifische Grauwal, von dem es schätzungsweise noch etwa 100 Tiere gibt (laut WWF).
Japan, Island und Norwegen betreiben heute noch Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken und töten ca. 2.000 Tiere jährlich. Insbesondere Japan wirft man vor, die Richtlinien der IWC zu missbrauchen. Die IWC schreibt vor, dass die gefangenen Wale möglichst vollständig verwertet werden müssen. Deswegen wird das Fleisch nach der wissenschaftlichen Nutzung (gewinnbringend) verkauft. Unter dem Mantel der Forschungszwecke wird mittelbar also weiterhin kommerzieller Walfang betrieben. Und das, obwohl kaum noch Menschen in diesen Ländern das Essen von Walfleisch als wichtigen Bestandteil ihrer Kultur ansehen.


Andere Bedrohungen für Wale

Heute sind die verbliebenen Wale weitgehend vor dem Walfang geschützt. Allerdings verursacht der Mensch eine Vielzahl von neuen Bedrohungen: Durch die industrielle Fischerei kommt es zu einer stärker werdenden Überfischung der Meere. Das Nahrungsangebot der Wale wird damit bedrohlich knapp. Außerdem sterben viele Wale und Delfine in den riesigen Fangnetzen der Fischereiflotten. Eine weitere häufige Todesursache stellen Kollisionen mit Schiffen dar. Die zunehmende Lärmbelästigung, zum Beispiel durch das Militär, vertreibt die Wale aus ihren Lebensräumen. Der vom Menschen verursachte Klimawandel und die Zerstörung der Ozonschicht schränken den Lebensraum der Wale weiter ein. Nicht zuletzt verursacht die steigende Verschmutzung der Gewässer erhebliche Verluste bei Walen und Delfinen.


Literatur

Kock, Dr. Karl-Hermann: Waljagd und das Moratorium des kommerziellen Walfangs - kein Ende des Walfangs in Sicht? Bundesforschungsanstalt für Fischerei. Hamburg. 2002.
Kock, Dr. Karl-Hermann (2011): Wale unter Beschuss. Das Ringen in der Internationalen Walfangkommission. In: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Herausgeber): Landwirtschaft im Zeichen des Klimawandels. ForschungsReport. Ausgabe 2/2011. Seiten 34-36.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sophia Rieck, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2006
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 13.03.2012