Infoblatt Marco Polo (1254 - 1324)


Marco Polo - eine Kurzbiographie

Der 1254 geborene Marco Polo entstammte einer alten dalmatinischen Familie. Sein Vater, der Kaufmann Niccolò Polo, trieb vor allem mit dem Nahen Osten Handel und unternahm zusammen mit seinem Bruder Matteo weite Reisen nach Kleinasien. 1266 kamen beide sogar bis nach Peking.

Im 13. Jahrhundert unterhielten nur die Venezianer von ihrem Stadtstaat aus Handelsbeziehungen zu den islamischen Mächten im Nahen und Mittleren Osten. Die venezianischen Kaufleute entwickelten einen lukrativen Handel mit den Moslems, tauschten das weltberühmte venezianische Glas gegen wollene Kleidung, Korallen und Münzen ein und verkauften die Schätze aus Afrika und Asien mit hohem Profit in Europa. Gleichzeitig verhinderte Venedig über Jahrhunderte erfolgreich, dass das übrige Europa sich in den lukrativen Handel mit dem Orient einschalten konnte.

Im Jahre 1271 starteten die Brüder Polo ihre zweite China-Reise. Zur Reiseexpedition gehörte diesmal der junge Marco Polo. Der weite und beschwerliche Weg führte über Bagdad, Persien und das Hochland von Pamir durch die Wüste Gobi bis ins heutige Peking. Die Stadt erreichten sie nach einer mehr als dreieinhalbjährigen Reise. Der Mongolen-Kaiser Kublai-Khan, der damals in Peking herrschte, nahm die Europäer wohlwollend auf.

Er fand besonders an dem jungen Venezianer Gefallen, der sich durch gute Sprachkenntnisse schnell das Vertrauen des Kaisers erwarb und in dessen Dienste treten durfte. Im Auftrag Kublai-Khans bereiste der Venezianer das in Europa unbekannte Land, lernte große Teile Chinas und viele seiner Nachbarländer genauso kennen wie die Mongolei, die damals zum riesigen Reich gehörte.

Marco Polo war bei diesen Reisen aber nicht nur der auf den Handel und gute Geschäfte bedachte venezianische Kaufmann. Er erwies sich als ausgezeichneter Beobachter, der Land und Leute, Kultur und Lebensgewohnheiten der Chinesen studierte und sich genau einprägte. Durch die Gunst des Khans soll er sogar zum Statthalter einer der chinesischen Provinzen aufgestiegen sein.

Marco Polo verbrachte 24 Jahre in China, ehe er nach Europa und in seine Heimatstadt Venedig zurückkehrte. Hier traf er 1295 ein, wurde zunächst ein biederer Kaufmann und Familienvater. Dass er nicht vergessen, sondern weltberühmt werden sollte, lag – wie so oft in der Geschichte – an einem Zufall: Als der Venezianer 1297 im Krieg mit Genua in genuesische Gefangenschaft geriet, war einer seiner Mitgefangenen der Schriftsteller Rusticello. Ihm diktierte Marco Polo seine Erinnerungen über die in China verbrachten Jahre in die Feder.

In dem so entstandenen Reisebericht verbanden sich die Genauigkeit des Beobachters Marco Polo und das Talent des Schriftstellers Rusticello in hervorragender Weise. Marco Polo lieferte als Augenzeuge die ersten Beschreibungen des Fernen Ostens. In seinem Bericht schrieb er u. a. über die Schätze des Chinesischen Meeres und sprach von 7.448 Inseln, wo man verschiedene Arten von Gewürzen finden könne: Neben schwarzem Pfeffer gebe es dort auch Pfeffer in Hülle und Fülle, der so weiß wie Schnee sei. Der nach dem Ende der Gefangenschaft unter dem Titel "Il milione" erschienene Bericht fand sehr schnell Verbreitung und unzählige Leser. Eine der ersten deutschen Übersetzungen hieß "Wunderbare Reisen".

In Europa schlugen die Erinnerungen des Marco Polo wie ein erleuchtender Blitz im Wissensdunkel ein. Mit seinem Reisebericht begann eine neue Epoche in den Kenntnissen des Abendlandes vom Fernen Osten. Neben uneingeschränkter Anerkennung und Bewunderung erntete der Autor jedoch auch Spott und Häme, Hass und Neid. Je mehr in Europa über den Orient und den Fernen Osten bekannt wurde, desto verlockender schienen die Möglichkeiten. Die von Marco Polo geschilderten Verlockungen Asiens waren der eigentliche Grund dafür, warum sein Bericht nicht nur die Phantasie, sondern auch Neid und Habgier unter den Europäern schürten. Außerdem erschienen manche seiner Schilderungen einfach nicht glaubhaft. Noch auf seinem Sterbebett soll ihn ein Priester beschworen haben, sich von seinen "heillosen Lügengeschichten" loszusagen. Marco Polo entgegnete – und es waren seine letzten Worte – er habe "nicht einmal die Hälfte der ganzen Wahrheit" erzählt.

Der Venezianer Marco Polo gehörte nicht zu den Seefahrern unter den Entdeckern. Aber sein weitergegebenes Wissen über die "wundersamen" Länder des fernen Ostens beflügelte in Europa ganze Nationen zu neuen Entdeckungen. Er war ganz sicher einer der bedeutendsten Reisenden des Mittelalters, der den Weg in die Weiten Asiens selbst gegangen ist. Nach seinem Bericht schien es, als brauchten die Europäer einfach nur die einmal von Marco Polo beschrittene und beschriebene Überlandroute weiter zu gehen. Dagegen aber stemmten sich Venedig und die Moslems gemeinsam. Beide wollten ihre Monopolstellung im Asienhandel nicht preisgeben. Als schließlich 1453 das Osmanische Reich Konstantinopel eroberte, war der Landweg nach China und den ganzen asiatischen Kontinent für das erwachende Europa für lange Zeit versperrt. Was blieb, waren die Verheißungen und Schätze des Fernen Ostens und eine Möglichkeit, dorthin zu gelangen: der Seeweg. Aber der musste erst noch entdeckt werden.


Sein Leben in Zahlen und Fakten

  • geb. 1254
    Marco Polo wurde als Sohn eines Kaufmannes in Venedig geboren. Sein Vater Niccolo Polo widmete sich vor allem dem Handel mit dem Nahen Osten und unternahm zusammen mit seinem Bruder Matteo Polo ausgedehnte Reisen nach Kleinasien. 1266 reisten die beiden Brüder erstmals sogar bis nach Peking.
  • 1271
    Der junge Marco Polo begleitete Vater und Onkel auf ihrer zweiten Reise, die sie im Auftrag von Papst Gregor X. zum Kaiser von China unternahmen. Die Polo reisten in dreieinhalb Jahren von Venedig über Acri in Persien, Afghanistan, die Seidenstraße und die Gobi-Wüste nach Peking.
  • 1275
    Die Expedition erreichte Peking, wo Marco Polo in den folgenden Jahren im Auftrag des Mongolen-Kaisers Kublai-Khan verschiedene diplomatische Missionen wahrnahm. Dabei kam er nach Tibet und in andere Provinzen des riesigen Khan-Reiches. Über seine Reisen, seine Eindrücke und Erlebnisse führte er minutiös Tagebuch.
  • 1292 - 95
    Die Venezianer begannen die Rückreise nach Europa. Sie schlossen sich dem Reisezug einer chinesischen Prinzessin an und gelangten auf dem Seeweg über Sumatra, Ceylon und die Westküste Indiens ins persische Hormus. Sie hielten sich mehrere Monate am persischen Hof auf, ehe die Reise über Konstantinopel nach Venedig zurückführte. Dort trafen die Venezianer 1295 wieder ein.
  • 1297
    In Venedig wurde Marco Polo Kaufmann und eröffnete ein Geschäft. Nach militärischen Auseinandersetzungen zwischen Venedig und Genua kam er 1297 in genuesische Gefangenschaft. Als Gefangener diktierte er dem Schriftsteller Rusticello da Pisa – einem Mithäftling – seinen umfangreichen Reisebericht.
  • 1299
    Nach dem Friedensschluss zwischen beiden Stadtrepubliken kam Marco Polo wieder frei. Wenig später heiratete er Donata Badoer und wurde Vater von drei Töchtern. Der in der Gefangenschaft entstandene Reisebericht unter dem Titel "Il milione" wurde bald in mehrere Sprachen übersetzt. Er war einer der bedeutendsten geographischen Texte des Mittelalters. Der Bericht enthielt nicht nur eine Fülle von Informationen über den künftigen Handel mit Asien, sondern Marco Polo stellte darin die asiatische Lebensweise, die Kulturen und Landschaften des fernen Kontinents fesselnd und spannend dar.
  • 1324
    Marco Polo starb 70-jährig am 8. Januar 1324 in Venedig.
  • 1477
    In Nürnberg erschien die erste deutsche Druckfassung seines Reiseberichts. Er wurde bereits zu Lebzeiten Marco Polos bezweifelt und stößt noch heute in Teilen auf Skepsis bei einigen Sinologen (Chinawissenschaftlern).



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Dr. Klaus-Uwe Koch
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 04.06.2012