Infoblatt Robert Falcon Scott (1868 - 1912)


Robert Falcon Scott - eine Kurzbiographie

Als Robert Falcon Scott am 6. Juni 1868 geboren wurde, schien sein weiterer Lebensweg klar abgesteckt: Genau wie andere Männer aus seiner Familie ging der Junge bereits mit 13 Jahren zur Royal Navy. Er wurde Offizier und durchlief zunächst die gewöhnlichen Stationen einer Militärlaufbahn.

Scotts weiteres Leben geriet jedoch in völlig neue Bahnen, als die Briten lange nach James Cook wieder auf den antarktischen Kontinent aufmerksam wurden. Sie wollten sich an der Eroberung der letzten weißen geografischen Flecken auf der Erde beteiligen und suchten einen Mann, der England in den Wettläufen um die Erstürmung der Polkappen zum Sieg führen konnte. Die Wahl fiel auf Scott, der zwar nach seinen eigenen Worten "keine Vorliebe für Polarerkundung hatte", sich aber durch Mut, Stärke, Entschlossenheit und Flexibilität auszeichnete.

Er wurde der Leiter der ersten britischen Antarktisexpedition 1901 - 1904, die mit der "Discovery" – einem Holzsegelschiff – im Juli 1901 den englischen Hafen Dundee verließ und die Antarktis noch vor Einbruch des Winters erreichte. Hier erforschte Scott bis 1904 das Victorialand und das Ross-Eisschelf. Nach der Überwinterung im Südpolareis versuchte er 1902 zum ersten Mal, zum Südpol vorzudringen. Doch der Vorstoß musste abgebrochen werden, weil die Engländer sich nicht mit den mitgenommenen Schlittenhunden auskannten und sie falsch fütterten, so dass viele der Huskies starben. Hinzu kam die Erschöpfung der Männer, die unter fehlender Nahrung, Skorbut und Schneeblindheit zu leiden hatten. Am Sylvestertag 1902 gab Scott den Befehl zum Rückmarsch. Die Expedition war – so weit wie noch niemand vorher – bis 82°17' s. Br. vorgedrungen, nur 720 Kilometer vom Pol entfernt.

1904 nach England zurückgekehrt, wurde Scotts Name, auch durch zahlreiche Veröffentlichungen über die Expedition, schnell landesweit bekannt. Er war als erster Mensch mit einem Heißluftballon über der Antarktis aufgestiegen und hatte den Angriff auf den Südpol gewagt. Der Sieg über den Südpol schien greifbar nahe. Dafür erhielt der Engländer seine zweite Chance.

Am 1. Juni 1910 trat Scott noch einmal den beschwerlichen und gefährlichen Weg in die Antarktis an. Offizielles Ziel der Expedition war die Entdeckung des magnetischen Nordpols, aber jeder seiner Männer wusste, es ging zum Südpol. Die Engländer erreichten am 4. Januar 1911 mit der "Terra Nova" die Ross-Inseln. Von dort aus wollten sie – dieses Mal mit Ponys statt der Schlittenhunde – Richtung Pol vordringen. Außerdem setzte Scott beim Transport der Ausrüstung auf Motorfahrzeuge. Er stand unter gewaltigem Zeitdruck, denn Roald Amundsen hatte ihm in einem Telegramm lakonisch mitgeteilt: "Fahre nach Süden, Amundsen." Am 3. Februar 1911 trafen sich die beiden Konkurrenten in der Walfischbucht und tauschten Höflichkeiten aus.

Danach ging jeder seinen eigenen Weg. Scott drang bis zum November soweit südwärts vor, dass er endlich mit vier ausgesuchten Männern das letzte Teilstück zum Pol in Angriff nehmen konnte. Aber die Engländer hatten auf die Norweger bereits einen ganzen Monat an Zeit verloren. Ihr Marsch stand von Anfang an unter einem Unglücksstern: die Motorschlitten streikten, die Ponys waren ein Fehlgriff und wurden erschossen. Fortan mussten die Männer die schweren Schlitten auf einer Route, die weitaus schwieriger war als die der Norweger, selber ziehen. Die Strapazen forderten ihren Tribut: die Männer litten an Skorbut. Als Amundsen am 4. Januar 1912 das norwegische Banner auf dem 90. Breitengrad aufpflanzte, war Scotts Expedition noch immer 200 Meilen vom Pol entfernt.

Die Engländer wussten nichts von ihrer schon besiegelten Niederlage. Die "Magie Südpol" trieb sie weiter vorwärts und hielt sie am Leben. Als sie endlich – am 17. Januar 1912 – den magischen Punkt erreichten, war der Anblick der von Amundsen aufgepflanzten norwegischen Fahne und der für sie zurückgelassenen Ausrüstungsgegenstände wie ein Todesstoß. Sie standen vor den untrüglichen Beweisen ihrer Niederlage im Kampf um den Südpol.

Scott und seine Männer hissten den Union Jack und verbrachten eine Nacht am Pol, ohne ein Wort untereinander zu wechseln. Welche Qualen die Engländer durchlitten, notierte Scott mit zittriger Hand in sein Tagebuch: "Großer Gott! Dies ist ein fürchterlicher Platz. Der Gedanke Erster zu sein trieb uns an, weckte unsere letzten Lebensgeister, brachte uns Hoffnung. Nun geht es heim und zu einem verzweifelten Kampf. Ich zweifle, ob wir es schaffen können."

Scotts schlimmste Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Der Rückweg artete in eine Folter aus: der Skorbut verschlimmerte sich, schwere Erfrierungen und Schneeblindheit kündigten sich an. Mitte Februar starb der erste seiner vier Männer – Evans. Im März folgt Oates, der seine Kräfte schwinden fühlte und das Zelt verließ. Er blieb für immer verschollen.

Scott, Wilson und Bauers lebten noch. Die Männer stemmten sich mit letzter Kraft gegen den Tod, der unaufhaltsam aus der Eiswüste heran kroch. Am 21. März ging der lebenswichtige Brennspiritus zur Neige. Zudem hielt ein Schneesturm die Männer in den Zelten fest. In seinem letzten Tagebucheintrag ohne Datum schrieb Scott: "Jeden Tag waren wir bereit, nach unserem elf Meilen (18 km) entfernten Depot aufzubrechen, aber da draußen vor unserem Zelt ist die Landschaft ein einziges wirbelndes Schneegestöber. Wir haben die Hoffnung auf Besserung aufgegeben. Wir werden es bis zum Ende ertragen, aber natürlich werden wir jeden Tag schwächer, und unser Tod kann nicht mehr sehr weit sein. Es ist ein Jammer, aber ich glaube kaum, dass ich weiter schreiben kann. Um Gottes Willen, sorgt für unsere Hinterbliebenen!" Nur 18 Kilometer vom rettenden Vorratsdepot entfernt, kam für Scott und seine Männer das unwiderrufliche Ende.

Acht Monate später fand eine Rettungsmannschaft die Toten erfroren in ihren Schlafsäcken: Wilson und Bauers lagen nebeneinander, Scott hatte den Arm um seinen besten Freund Wilson gelegt. Trotz ihrer absoluten Erschöpfung hatten die Männer 18 kg Gestein, das für geologische Untersuchungen in England gedacht war, bis zur letzten Station ihrer Schicksalsreise mitgeschleppt. Aus Ehrerbietung vor den Toten wurden auf ihre Gräber in England einige der Steine als Beweis für den eisernen Willen dieser Männer gelegt.

Die Gründe, warum Scott scheiterte, werden bis heute diskutiert. Seine Expedition schien perfekt vorbereitet und hatte sogar ein komplettes Labor dabei. Scotts größter Fehler, aus heutiger Sicht, war der Verzicht auf die bewährten Schlittenhunde. Eine Rolle spielte auch, dass die Engländer nicht genügend Erfahrungen mit Skiern hatten.

In jedem Fall bleibt Robert Falcon Scott ein heroischer Polarforscher, der sein Leben im Kampf um einen der letzten unentdeckten Punkte unserer Erde verlor. Der Polarforscher Scott hat seinen Platz in der Geschichte der Entdeckungen sicher – als tragischer Held im Wettlauf um den Südpol genauso wie als Erforscher des antarktischen Victorialandes und des Ross-Eisschelfs.


Sein Leben in Zahlen und Fakten

  • geb. 1868
    Robert Falcon Scott wurde am 6. Juni 1868 im englischen Devonport geboren.
  • 1881
    Als 13-Jähriger trat er in die Royal Navy (britische Marine) ein und begann eine Militärlaufbahn.
  • 1899
    Scott wurde zum Leiter der königlichen geographischen Antarktisgesellschaft ernannt.
  • 1901 - 1904
    Scott leitete die britische nationale Antarktisexpedition.
  • 1905
    In Großbritannien erschienen die Reiseaufzeichnungen Scotts über die britische nationale Antarktisexpedition.
  • 1907
    Scott entschloss sich, die Leitung einer zweiten Antarktisexpedition zur Erforschung des magnetischen Südpols zu übernehmen.
  • 1910
    Am 1. Juni begann diese zweite Expedition, die für alle Beteiligten verhängnisvoll enden sollte.
  • nach 1912
    Am 17. Januar erreichten Scott und seine Männer den Südpol, wo sie die norwegische Flagge fanden, die Amundsen als Bezwinger des Pols am 14. Dezember 1911 in das Eis gerammt hatte. Die demoralisierten und völlig entkräfteten Engländer traten den Rückweg an, doch keiner kehrte aus der weißen Hölle der Antarktis zurück. Im Dezember fand ein Rettungstrupp die Leichen im letzten Lager in unmittelbarer Nähe eines Versorgungsdepots.



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Dr. Klaus-Uwe Koch
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 03.06.2012