Infoblatt Bodendegradation


Infoblatt zum Thema Bodendegradation und Bodenerosion mit Bildern, Karten und weiterführenden Aufsätzen



Bodenerosion durch Wind (Hassenpflug)


Degradation

Unter Degradation sind alle Umwandlungen ökologischer Potenziale durch natürliche Änderungen (z. B. des Klimas) und / oder durch menschliche Eingriffe zu verstehen. Je nachdem, welche Geofaktoren vorrangig betroffen sind, sprechen wir z. B. von Bodendegradation oder Vegetationsdegradation. Die Degradation macht sich bemerkbar im Verlust charakteristischer Merkmale z. B. eines Bodentyps (Verlust von Nährstoffen, Versauerung, Entkalkung, Verschlechterung der Bodenstruktur etc.), sie muss aber nicht gleichbedeutend sein mit Zerstörung. Der Begriff "Degradation" bzw. "Degradierung" beinhaltet allerdings, dass die Veränderungen negativer Art sind. In aller Regel treten Boden- und Vegetationsdegradation nicht isoliert voneinander auf, sondern bedingen und verstärken sich gegenseitig: Ein degradierter Boden hat Einfluss auf den Bewuchs, wie umgekehrt eine Änderung der Vegetation Rückwirkungen auf den Boden hat.
Landschaftsdegradation ist der umfassendere Begriff. Er besagt, dass mehrere Kompartimente der Natur betroffen sind, wobei die ablaufenden Prozesse äußerst vielschichtig und verflochten sind und auch größere Räume betreffen können, bis hin zu ganzen Landschaftszonen.


Desertifikation

Die Extremform bzw. Endstufe der Landschaftsdegradation ist die Desertifikation. Sie führt zur nahezu totalen Zerstörung der ökologischen und ökonomischen Leistungsfähigkeit der davon betroffenen Räume. Infolge unangepasster, vor allem landwirtschaftlicher Nutzungen entstehen wüstenartige Umweltbedingungen in Landschaften, die vordem keine Wüsten waren (man-made-desert). Eine Bedingung ist, dass diese Räume für Desertifikationsprozesse bestimmte Voraussetzungen vorweisen müssen, besonders klimatischer Art, z. B. Dürregefährdung. Mit anderen Worten: Eine echte Desertifikation ist nicht in allen Klimazonen möglich, sie beschränkt sich im wesentlichen auf die ariden, semiariden und - mit Einschränkungen - auf die trockenen subhumiden Klimazonen der Erde. Das bekannteste Beispiel für Desertifikation ist die Sahelzone, ein etwa 7.000 km langer und ca. 800 km breiter Streifen südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer. Diese Wüstenrandzone wurde vielfältig genutzt, wie z.B. in Form von ackerbaulicher Erschließung von Gebieten, die eigentlich nur eine nomadische Weidewirtschaft zulassen; Überweidung, vor allem durch Ziegen und Rinder; Schlagen von Gehölzen als Energielieferant. Infolgedessen kam es zur Ausbreitung wüstenhafter Bedingungen bis weit in die bisher noch von Menschen besiedelten Räume.
Die inhaltlich ungenaue bzw. falsche Auslegung der beiden Termini "(Landschafts-)Degradation" und "Desertifikation" führt dazu, dass die meisten diesbezüglichen Statistiken, auch solche offizieller Gremien, ungenau und nicht miteinander vergleichbar sind. Als besonders problematisch erweist sich dies, wenn der fortschreitende Prozess der Degradation und Desertifikation aufgezeigt werden soll und dazu Daten verschiedener Jahren aus unterschiedlichen Quellen herangezogen werden.


Bodenerosion

Die am weitesten verbreitete Art der Bodendegradation ist die Bodenerosion, d. h. die Abtragung von Böden durch Wasser und Wind. Sie wird ausgelöst bzw. beschleunigt durch bestimmte menschliche Tätigkeiten, vor allem durch die Abholzung von Wäldern, durch die Zerstörung der Vegetationsdecke infolge Überweidung und durch Ackerbau auf erosionsanfälligen Böden. Wird die schützende Vegetationsdecke beseitigt, ist der Boden den Witterungseinflüssen, insbesondere dem Niederschlag schutzlos ausgeliefert. Durch das abfließende Wasser werden die oberste fruchtbare Bodenschicht abgetragen und die im Boden noch vorhandenen Nährstoffe ausgespült.
In den ariden und semiariden Gebieten ist die Winderosion vorherrschend. Normalerweise schützt eine spärliche Pflanzendecke aus angepassten Gräsern und Sträuchern den Boden vor der Abtragung. Wird diese Pflanzendecke zerstört, wie z. B. in den "Getreidesteppen" Nordamerikas, kann durch Staub- und Sandstürme der Oberboden entweder vollkommen abgetragen oder dessen fruchtbarkeitsbestimmenden Feinanteile selektiv ausgeweht werden.


Bodenversalzung

Unter Bodenversalzung versteht man die Anreicherung von leicht löslichen Salzen wie z. B. Natriumchlorid (NaCl) oder Magnesiumsulfat (MgSO4) im Oberboden. Salzanreicherung hat an sich natürliche Ursachen: In trockenen Klimaten steigen gelöste Salze im nach oben gerichteten Bodenwasserstrom kapillar an die Oberfläche, kristallisieren dort bei der Verdunstung aus und reichern sich als Ausblühungen oder Krusten an. Weit häufiger tritt die Versalzung jedoch durch die Tätigkeit des Menschen auf, vor allem dann, wenn in ariden Gebieten der Boden unsachgemäß bewässert wird, d. h. wenn dem Boden mehr Salze zugeführt werden, als die Pflanzen benötigen, bzw. wenn diese nicht ausgewaschen werden. Die Produktivität der Böden wird durch die Versalzung stark beeinträchtigt: Durch den hohen osmotischen Druck des Bodens nimmt die Fähigkeit der Pflanzen zur Wasseraufnahme ab und infolge von Gefügeverdichtung sowie Verhärtung kommt es zu einer Zerstörung der Bodenstruktur. Letztlich führt Versalzung zu deutlich geringeren Erträgen oder zu einer völligen Unfruchtbarkeit des Bodens.
Die künstliche Bodenversalzung kann verhindert werden, wenn ausschließlich geeignetes Bewässerungswasser verwendet wird und nicht mehr Wasser als erforderlich zugeführt wird, da jegliches Wasser Salze enthält und überschüssige Mengen zum Anstieg des Grundwasserspiegels führen. Dieser muss jedoch tief liegen, damit kein kapillarer Aufstieg erfolgen kann.


Schadstoffbelastung und Bodenversauerung

Auch die Schadstoffbelastung und die Bodenversauerung sind weltweite Erscheinungen. Sie betreffen alle Ökosysteme, land- und forstwirtschaftlich genutzte Böden, städtische Böden, Böden der gemäßigten Breiten und der Tropen. Da diese Arten der Bodendegradation jedoch verstärkt erst seit dem 20. Jahrhundert, vornehmlich durch Industrialisierung eingetreten ist - und weiter voranschreitet -, ist das Ausmaß auch in den Industrieländern am stärksten.
Zu Bodenvergiftungen kann es z. B. durch den Eintrag von landwirtschaftlichen Abfällen oder von Klärschlämmen kommen, falls diese stark mit Schwermetallen belastet sind. Vielfach werden Böden auch als Deponien für Abfälle aus Industriebetrieben missbraucht. In den Ausmaßen noch nicht abzusehen ist die Vergiftung und Versauerung von Böden durch den Eintrag polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe aus der Luft. Sie entstehen vornehmlich bei der Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl) und gelangen als nasse Deposition (Saurer Regen) in den Boden. Saurer Regen wird ursächlich mit dem Waldsterben in Verbindung gebracht, schädigt aber auch die Böden, indem es durch die Versauerung einerseits zur Auswaschung von Nährstoffen kommt und andererseits größere Mengen von schädlichen Metallionen freigesetzt werden. Die Folge ist eine verminderte Aufnahme von Nährstoffen (Mangelernährung) und von Wasser, wodurch wiederum das Pflanzenwachstum beeinträchtigt wird.


Bodenverdichtung und Bodenversiegelung

Zu den Bodendegradationserscheinungen zählen schließlich auch die Bodenverdichtung und die Bodenversiegelung. Bodenverdichtungen entstehen z. B. durch den Einsatz schwerer Maschinen in der Land- und Forstwirtschaft. Dadurch kann es zu einer Beeinträchtigung der Bodenlebewelt und zu einer Veränderung der Porenverteilung kommen; die Durchlässigkeit für Luft und Wasser nehmen ab, was wiederum die Durchwurzelung behindert, während gleichzeitig die Erosionsgefahr zunimmt. Mittelbar bodenschädigend wirkt die Versiegelung durch Asphalt, Straßenpflaster etc. Auch dadurch ändern sich entscheidende Bodeneigenschaften wie die Durchlüftung, die Wasserspeicherfähigkeit oder die Pufferkapazität; Bodenorganismen werden vernichtet, im extremen Fall stirbt der Boden.
Die Ausführungen zeigen, dass Art und Ursachen der Bodendegradation vielfältig sind und der Schädigungsgrad regional stark variiert. Der Auflistung der verschiedenen Arten ist jedoch nicht zu entnehmen, dass es neben den vom Menschen verursachten Schäden auch natürliche gibt, z. B. durch chemische Prozesse, wie Bildung von Lateritkrusten in den wechselfeuchten Tropen, oder durch Klimaeinwirkungen, wie z. B. Lessivierung (Tonverlagerung durch große Mengen Sickerwasser) in warmgemäßigten humiden Klimaten. In der Summe sind die natürlichen Schäden aber wesentlich geringer als die durch den Menschen verursachten.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Norbert von der Ruhren
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 13.04.2012