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Funktionale Gliederung und Aufriss der US-amerikanischen Stadt


Schematische Skizze einer US-amerikanischen Stadt zu Beginn des dritten Jahrtausends



schematischtisches Stadtmodell


1 Skyline einer US-amerikanischen Großstadt

Die Ballung der Wolkenkratzer (skycrapers) im Stadtkern verleiht den US-amerikanischen Großstädten eine besondere Note, die unverwechselbare "skyline". Die Hochbauweise kam in den USA am Ende des 19. Jahrhunderts auf und bereitete sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts von dort über die ganze Erde aus.



Chicago: Skyline (Photodisc)


2 CBD mit Wolkenkratzern

Central Business District (CBD): zentraler Geschäftsbereich der US-amerikanischen Stadt mit einer Ballung von Einrichtungen des tertiären Sektors, vor allem Büros, Versicherungen, Banken und Hotels (Finanz- und Management-Sektor); äußerlich bestimmend sind die Wolkenkratzer (skyscrapers) die der US-amerikanischen Stadt ihre besondere Skyline vermitteln.



Chicago: Downtown (Photodisc)


3 Übergangszone - Abrissgebiete und Parkflächen

Übergangszone (transition zone) zwischen der Downtown und dem Stadtrand; kennzeichnend ist die starke Mischung von Funktionen: öffentliche Dienstleistungseinrichtungen, Parkplätze und Parkhäuser, Busbahnhöfe, Gewerbe, Wohnhäuser (meist in schlechtem Zustand); Flächensanierung in jüngerer Zeit hat riesige Freiareale geschaffen, die als Parkplätze genutzt werden.



Los Angeles: Übergangszone


4 Slums am Rande der Downtown

Innerstädtisches Viertel mit vernachlässigter Bausubstanz, abgewohnten Häusern, sozialschwachen Bevölkerungsschichten, ethnischen Minderheiten und Ghettos.



Harlem: heruntergekommenes Wohnviertel in New York (von der Ruhren)


5 Übergangszone - Sozialer Wohnungsbau


6 Übergangszone - Wohngebiet / residential area

Wohngebiet (residential area) der Mittelschicht mit eng gebauten Mehrfamilienhäusern geringer Stockwerkzahl auf kleinen Grundstücken: aufgrund der guten Anbindung an die Downtown mit der U-Bahn wohnen hier heute viele Yuppies, die ihren Arbeitsplatz im Bankenviertel des CBD haben.



Brooklyn: Wohngebiet in der Übergangszone in New York


7 Übergangszone - commercial strip

Durch die Trennung von Wohn- und Arbeitsplatz und das tägliche Pendeln von den Vorortsiedlungen zu den Arbeitsplätzen in die Innenstadt war die Grundlage für das Entstehen von commercial strips gelegt. Diese strips (= Bänder, Streifen) ziehen sich entlang der großen Ausfallstraßen und werden durch eine Vielzahl von Einzelgeschäften, Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen gebildet, die in konzentrierter Form bandartig zu beiden Seiten der Straße angesiedelt sind. Durch ihre großen Reklametafeln prägen sie das Erscheinungsbild dieser Straßen. Die dort anzutreffenden Unternehmen sind an ein hohes Verkehrsaufkommen gebunden wie Tankstellen, Reparaturwerkstätten, Autoteile- und Reifengeschäfte oder Schnellrestaurants (einschließlich der Drive-in-Restaurants). Aber auch Supermärkte und Gartencenter finden sich entlang eines solchen strips. Oftmals sind auch kleinere Dienstleistungsunternehmen (Rechtsanwälte, Ärzte) anzutreffen, die von der schnellen Erreichbarkeit und den günstigen Parkmöglichkeiten profitieren. Je nach Größe der Stadt, ihrer ethnischen und sozialen Zusammensetzung und ihres Umlandes unterscheiden sich die commercial strips in ihrer Ausdehnung und ihrer Zusammensetzung (Waren- bzw. Dienstleistungsangebot). Sie können nur wenige hundert Meter lang sein, sich aber auch über mehrere Meilen erstrecken.
(Bevölkerung und Siedlung in den USA, Werner Klohn, Hans-Wilhelm Windhorst, Vechtaer Materialien zum Geographieunterricht, Vechta, 1998, 156.)


8 Suburb - Gewerbegebiet / industrial area

Entlang von Hauptstraßen und Autobahnen entstanden in den vergangenen Jahren immer mehr Fabriken und Bürogebäude, die "industrial parks", "business parks", "High-Tech Parks". Industrie- und Dienstleistungsbetriebe sind aus der Kernstadt in die kostengünstigeren Suburbanstandorte verlagert worden. Charakteristisch sind meistens ebenerdige Gebäude mit Grünanlagen und attraktiven Zugangsbereichen. Bebauungsvorschriften sichern ein "positives Image" des Standortes.



Suburbangebiet nahe der Ring-Autobahn von Baltimore (Roland Hahn)


9 Suburb - gated community

Manche der neuen Suburbansiedlungen sind privat organisiert und nach außen durch einen Zaun abgeschlossen. Der Zugang ist nur durch eine Pforte mit Ausweiskontrolle möglich. Die Furcht vor Kriminalität und die bewusste Ausgrenzung der "Elite" führen zu den "gated communities".



Nordwestliches Exurbangebiet von Baltimore (Roland Hahn)


10 Suburb - Büropark / office park

Während in der frühen Phase der Suburbanisierung die Arbeitsplätze weitgehend noch in der Downtown verblieben waren, änderte sich dies in der Folgezeit. Eine immer größere Zahl von Arbeitsplätzen entstand im suburbanen Raum. Ursache dafür war ein Bündel von Steuerungsfaktoren.
Zunächst ist der Niedergang der „traditionellen“ Industriezweige (Schwerindustrie) zu nennen, die zumeist in den Städten angesiedelt waren. Die dort verlorengegangenen Arbeitsplätze wurden vielfach nicht mehr durch neue ersetzt. Neue Industrien waren (und sind) zumeist unabhängig vom Eisenbahn- oder Schiffsverkehr, sie konnten sich daher problemlos im Außenbereich der Städte ansiedeln. Für diese Industrien sind gute Anbindungen an - auch überregionale – Straßenverbindungen (Gütertransport mit Lastkraftwagen) wichtig. Auch die wachsende Bedeutung des Dienstleistungssektors, der ebenfalls weitgehend unabhängig von den traditionellen Standortfaktoren ist (sogenannte footloose industry), hat zu räumlichen Verlagerungen geführt. Die Arbeitskräfte in diesen neuen Bereichen unterscheiden sich erheblich von den früher in den traditionellen Industrien Beschäftigten. Es handelt sich vielfach (insbesondere bei den forschungsorientierten Industrien) um Spezialisten mit hochwertiger Ausbildung. Sie wollen in suburbs mit gutem Schulangebot für die Kinder wohnen, aber auch einen kurzen Anfahrtsweg zur Arbeitsstelle haben und diese mit dem eigenen Pkw erreichen können. Bevorzugte Standorte dieser Industrien liegen in der Nähe der Auf- bzw. Abfahrten der Umgehungsautobahnen (beltways). Sie sind damit für ihre Beschäftigten, für Geschäftsreisende und für Lastkraftwagen optimal erreichbar.
So entstanden Bürozentren (office parks) und Industrieparks (industrial parks) im Randbereich der Stadt, oftmals sogar in der Nähe von Wohnsiedlungen. Diese Einrichtungen wurden von Entwicklungsgesellschaften speziell auf die Bedürfnisse der Betriebe hin konzipiert (geeignete Zufahrtsstraßen, Parkplätze, Grünflächen u.a.m.). Die einmal begonnene Abwanderung von Betrieben aus der Downtown in die Randbezirke hatte dann einen selbstverstärkenden Effekt, denn durch den Verlust von Arbeitsplätzen und damit der Steuereinnahmen in den Innenstädten waren die Städte gezwungen, die Gewerbe- und Grundsteuern zu erhöhen. Damit gewannen die Außenstadtbereiche zusätzlich an Attraktivität, weil die steuerliche Belastungen für die Unternehmer dort sehr viel geringer waren und sind.
(Bevölkerung und Siedlung in den USA, Werner Klohn, Hans-Wilhelm Windhorst, Vechtaer Materialien zum Geographieunterricht, Vechta, 1998, 156.)



Office Park in Costa Mesa (Kalifornien) (nach Unterlagen der Stadtverwaltung, Aufnahme vom 10.08.2000)


11 Suburb - shopping mall


12 Suburb - Wohngebiet / Einzelhaussiedlung

In 20 bis 50 km Entfernung von der Stadtmitte entstehen die Suburbansiedlungen, meistens von Bau- und Kapitalgesellschaften organisiert. Die besonders attraktiven Wohnsiedlungen für die oberen Mittelschichthaushalte sind gekennzeichnet durch große Einfamilienhäuser in attraktiver Aussichtslage oder an einem See; zu den Freizeiteinrichtungen gehören Golfplatz, Tennisanlagen, Jogging trails und Spazierwege.



Nordwestliches Stadtgebiet von Baltimore (Roland Hahn)


13 edge city - Gewerbegebiet und Bürokomplexe

Urbanes Subzentrum mit Büro- und Dienstleistungsfunktionen sowie einer (untergeordneten) Wohnfunktion; in den 1980er Jahren an der Peripherie US-amerikanischer Großstädte entstanden; wichtig ist die gute Verkehrsanbindung (Lage an wichtigen Verkehrsknotenpunkten, davon ausgehend Entwicklung von High Tech-Korridoren).

"Ich will diese neuen urbanen Zentren edge cities (frei übersetzt: Pionierstädte) nennen. Cities deshalb, weil sie alle Funktionen einer City aufweisen, obgleich in einer räumlich gestreuten Form, dass man sie kaum als solche wahrnimmt. Edge deshalb, weil sie pulsierende Kerne mit Pionieren und Einwanderern sind. Cities, die sich fernab der alten Stadtzentren erheben, dort, wo vor 30 Jahren lediglich kleine, abgeschiedene Dörfer zu finden waren.
Edge cities verkörpern die dritte Welle des menschlichen Vordringens in neue Grenzgebiete in den letzten 50 Jahren. Zunächst verlagerten wir unsere Wohnhäuser jenseits der Grenze dessen, was wir traditionell als Stadt bezeichnet haben. Diesen Prozess nennen wir die Suburbanisierung Amerikas. Dann, müde geworden von dem ständigen Aufsuchen der Stadtzentren, um uns mit all den notwendigen Dingen des Lebens zu versorgen, holten wir unsere Vorsorgungszentren dorthin, wo wir wohnten. Damit begann in den 60er und 70er Jahren das malling Amerikas. Heute befindet sich die wirtschaftliche Basis der Stadt – unsere Arbeitsplätze – dort draußen, wo die Mehrzahl von uns seit zwei Generationen wohnt und sich versorgt: in den edge cities.
Die edge cities ist jener Ort, der - über rund 180 000 m² vermietbaren Büroraum verfügt, der Arbeitsplatz im Informationszeitalter. Dies ist mehr, als der Stadtkern von Memphis aufweist.
- mindestens rund 22 000 m² an vermietbaren Einzelhandelsräumen hat. Das entspricht einer Mall mittlerer Größe.
- mehr Arbeitsplätze als Schlafplätze aufweist. Bei Arbeitsbeginn strömen die Menschen in diese Siedlungen.
- im Bewusstsein der Bevölkerung eine zusammenhängende Einheit bildet, dessen funktionale Entwicklung abgeschlossen ist und eine Mischung aus Arbeiten, Sich-Versorgen und Sich-Vergnügen bietet. - der noch vor 30 Jahren nicht über die geringsten Merkmale einer Stadt verfügte.
Die edge cities sind sichtbares Ergebnis individueller amerikanischer Wertentscheidungen darüber, was man als sein "Zuhause" betrachtet."
(Lebensraum Stadt: Raum zum Leben?, Peter Knoth, Barbara Stricker, Verlag: Bayrischer Schulbuch-Verlag, München, 1995, 130.)



Edge City


Quelle: Geographie Infothek
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2001
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 27.11.2005
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