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Südamerika
Infoblatt Ursachen und Folgen der Zerstörung der Tropischen Regenwälder
Daten, Ursachenkomplex Landwirtschaft, Holzeinschlag, industriellen Großprojekten, Klimaveränderungen, Auswirkungen auf Ökosysteme, Artenvernichtung sowie sozioökonomische Auswirkungen
Holztransporter im Regenwald (Leicht)
Einleitung
Die Tropischen Regenwälder haben eine besondere Bedeutung als Lebens- und Kulturräume für naturnah lebende Gesellschaften und Völker und sind Lieferanten zahlreicher Rohstoffe und Wirtschaftsgüter. Zudem erfüllen sie wichtige Funktionen für das regionale, aber auch das globale Klima. Sie bilden Wasserspeicher und beugen der Bodenerosion vor. Die Geschichte der Tropenwaldzerstörung beginnt schon mit den Entdeckungsreisen und Eroberungszügen europäischer Seefahrer. Die Entdeckung von Edelmetallen wie Gold, Silber und Diamanten, aber auch die Bedeutung tropischer Gewürze und anderer tropischer Agrarprodukte führten schon früh zur Vernichtung großer Waldflächen.
Weltweit sind derzeit rund 4,1 Mrd. Hektar von Wald bedeckt, 1,3 Mrd. Hektar davon nehmen die Tropischen Regenwälder in Südostasien, im Kongobecken und Amazonas-Gebiet ein. Doch durchschnittlich 13 Mio. Hektar der gesamten Waldfläche werden pro Jahr vernichtet, das entspricht in etwa 35 Fußballfeldern pro Minute.
Ursachen
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Die Hauptschuld an der Waldzerstörung in den Tropen trägt die Landwirtschaft mit schätzungsweise 85 %, darunter 35 - 45 % Kleinbauern, 20 - 25 % Viehzucht und 15 - 20 % Agroindustrie. Der traditionelle Wanderfeldbau kann noch als ökologisch angepasste Wirtschaftsmethode für tropische Gebiete bezeichnet werden, bei der kleinräumige (Brand-)Rodungen nach der Nutzung relativ schnell wieder zuwachsen. Doch Bevölkerungsdruck führt zu einer Verkürzung der Brachezeiten und somit zu einer Degradation der Böden. Laut der Food and Agriculture Organization (FAO) wird auf 7,7 Mio. km² in den Tropen Ackerbau betrieben. Eine Zunahme der Ackerflächen (von 1900 - 1980 eine Verdreifachung im tropischen Afrika) geschieht zu Lasten des Waldes. Der Anteil des Wanderfeldbaus an der Zerstörung der geschlossenen Tropenwälder liegt daher in Amerika bei 35 %, in Afrika bei 70 %, in Asien bei 49 % sowie im weltweiten Mittel bei 40 %. Eine Ablösung des Wanderfeldbaus durch industrielle Produktionssysteme (großflächige exportorientierte Plantagen (Monokulturen) sowie großflächige, extensive Rinderhaltung) führt oftmals zu einer Verdrängung von Kleinbauern durch Großgrundbesitzer. Selbst bei extensiver Viehhaltung sind tropische Böden nach maximal zehn Jahren erschöpft.
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Der Holzeinschlag trägt mit 10 - 15 % zur Waldzerstörung in den Tropen bei. Die Tropen hatten 1996 ein statistisch erfasstes Brenn- und Nutzholzaufkommen von insgesamt 1,62 Milliarden m³, wovon 82 % auf Brennholz und 18 % auf Nutzholz entfallen. Weltweit gesehen verbrauchen derzeit 1,2 Milliarden Menschen mehr Brennholz, als in ihrer Umgebung nachwächst (Brennholzkrise). 28 % des in den Tropen eingeschlagenen Nutzholzes sind für den Export bestimmt. Während die Nachfrage in den Industrieländern stabil ist, nimmt der Bedarf der Entwicklungsländer stark zu. Beim selektiven Holzeinschlag werden nur wertvolle Bäume (Edelhölzer) dem Wald entnommen (1 bis 2 Stämme pro Hektar). In erster Linie führt dies zu einer Schädigung des Genpools einer Baumpopulation, nachfolgende Baumgenerationen sind von deutlich geringerer Qualität. Tropenhölzer wie z. B. Sipo oder Sapelli brauchen 400 - 900 Jahre, um zur Erntereife heranzuwachsen. Überdies werden ca. 30 - 40 % der gesamten Waldfläche durch Fällarbeiten und Transporte geschädigt. So müssen für jeden gefällten Nutzbaum durchschnittlich fünf weitere sterben, im ungünstigsten Fall bis zu 25. Der technische Fortschritt erleichtert auch das rasche und gründliche Abholzen riesiger Flächen (Kahlschlag).
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Der Gesamtanteil der Rodungen für Bergbau- oder Infrastrukturvorhaben an der Tropenwaldzerstörung liegt bei bis zu 5 %. Dieser Punkt umfasst die Erschließung von Rohstoffvorkommen, Anlagen zur industriellen Verarbeitung, Großprogramme zur Infrastrukturentwicklung sowie die Verwirklichung hydroelektrischer Großprojekte (Staudammbau). Derartige Projekte sind meist begleitet von infrastrukturellen Maßnahmen zum Bau von Straßen, Stromleitungen, Pipelines etc.
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In den Tropenländern beträgt der Bevölkerungszuwachs derzeit pro Jahr durchschnittlich 2,5 %. Diese starke Zunahme verursacht einen Mangel an Nahrung, Bildung, Gesundheitsfürsorge und sozialer Absicherung. Das Problem der Ernährungsunsicherheit wird durch Prozesse wie Landflucht und Verstädterung verschärft. Um eine Lebensgrundlage zu sichern, erfolgt in staatlichen Siedlungsprogrammen eine Besiedlung und Umnutzung der Wälder. Der Anstieg der Bevölkerungsdichte führt zu einer Expansion und Intensivierung des Wanderfeldbaus.
- Globale Umweltzerstörungen gehen in erster Linie auf die Wirtschaftsprozesse und den Lebensstil in den Industrieländern zurück. Exporterlöse aus dem Verkauf von Forst- und Agrarprodukten sind eine wichtige Deviseneinnahme für Entwicklungsländer. Probleme entstehen durch Schwankungen der Exporterlöse sowie der Rohstoffpreise auf den Weltmärkten. Verschuldung erhöht den Druck zur Erwirtschaftung von Devisen und damit häufig zum Ausverkauf der natürlichen Ressourcen eines Landes.
Folgen
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Die Vernichtung der Tropenwälder hat tief greifende Folgen. Dazu gehören Veränderungen des regionalen wie des globalen Klimas, Verminderung der Artenvielfalt sowie Verlust von wertvollem Boden. Aber auch die sozialen und ökonomischen Folgen sind erheblich.
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Am bedeutendsten für den globalen Klimawandel ist Kohlendioxid (CO2) mit einem Anteil von 50 %. 32 mal wirksamer ist Methan (CH4), welches jedoch nur auf einen Anteil von 20 % kommt. Das bei Waldrodungen freigesetzte CO2 macht bis zu 25 % der gesamten anthropogenen CO2-Emissionen aus, der Anteil in absoluten Zahlen liegt bei 1 - 2,5 Mrd. Tonnen Kohlenstoff. Freigesetzt wird das CO2 beim Verbrennen oder Verrotten der gerodeten Biomasse sowie durch Oxidation des im Bodenhumus gebundenen organischen Kohlenstoffs. Zudem wird mit der Vernichtung von Regenwäldern auch deren Speicherfähigkeit von CO2 reduziert. So nahm diese in den letzten zehn Jahren jährlich um 1,2 Gigatonnen ab.
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Artensterben ist ein natürlicher Bestandteil der Evolution, aber durch anthropogene Einflüsse steigt das Tempo exponentiell: Schätzungen zufolge starb 200 Millionen Jahre lang etwa eine Art pro Jahr aus. Seit 1970 geht man davon aus, dass sich diese Zeitspanne auf einen Tag verkürzt hat. Seit 1985 soll diese Rate eine Art pro Stunde, seit 2000 gar eine Art pro 30 Minuten betragen. Kompensation durch die Entstehung neuer Arten ist wegen der Geschwindigkeit des Flächenrückgangs und der Verinselung tropischer Wälder nicht denkbar; eine geringere Biodiversität ist somit eindeutiges Ergebnis dieser Entwicklung. Selbst konservative Schätzungen gehen davon aus, dass das Aussterben einer Pflanzenart das Aussterben von durchschnittlich 30 Tierarten nach sich zieht.
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Weltweit werden jährlich 60.000 km² Kulturland zerstört, 200.000 km² werden soweit degradiert, dass eine weitere Bearbeitung unwirtschaftlich ist. Von der Bodendegradation sind 45 Mio. km² (35 % der Landfläche) bedroht. Die Abtragung von Boden erfolgt überwiegend durch Wasser und ist direkt proportional zur Niederschlagsmenge, der Niederschlagsintensität sowie dem Oberflächenabfluss, der sich aus Hangneigung und Infiltrationskapazität (bestimmt durch Deckungsgrad der Vegetation, Durchwurzelung des Bodens sowie physikalischen Bodeneigenschaften) ergibt. Der Oberflächenabfluss auf gerodeten Flächen erhöht sich von etwa 25 auf 50 - 70 %. In den meisten abgeholzten Regionen wird nie wieder Wald wachsen, da die Erosion den ungeschützten Boden fortschwemmt.
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Am Beispiel des kommerziellen Nutzholzeinschlags lassen sich gut die ökonomischen Auswirkungen einer Tropenwaldnutzung und deren soziale Folgekosten aufzeigen. Die weltweiten Exporterlöse aus dem Handel mit Tropenholz beliefen sich 1987 auf 7 Milliarden US-$, durch Übernutzung der Wälder wird jedoch ein Rückgang auf etwa 2 Milliarden US-$ prognostiziert. Als Folgekosten des Holzeinschlages entstehen kaum abschätzbare wirtschaftliche Belastungen wie z. B. Engpässe in der regionalen Holzversorgung, der Verlust von Sekundärprodukten wie Harz, Honig, Naturseide sowie der Verlust von Grundstoffen für die Arzneimittel- und Kosmetikindustrie.
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Die Zerstörung der Lebensräume traditioneller Stammesvölker hat oftmals drastische soziale Folgen. Immer wieder kam und kommt es zur Umsiedlung, Vertreibung oder gar Ausrottung ganzer Stämme. Hinzu kommt die Verbreitung von Zivilisationskrankheiten, der Verlust kultureller Identität und wirtschaftlicher Unabhängigkeit, darüber hinaus das Verschwinden der sozial und ökologisch angepassten Nutzungsweisen, Anbautechniken und Heilmethoden. Interessenkonflikte durch Landnutzungskonkurrenzen beruhen darauf, dass ansässige Kleinbauern und Indianer oftmals keinerlei Besitztitel haben. Landkonflikte fordern häufig Todesopfer, immer wieder kommt es zu Massakern an der indianischen Urbevölkerung. Ursprüngliche Bewohner des Regenwaldes verlieren durch den Zuzug von außen ihren natürlichen Lebensraum und ihre Existenzgrundlage, was zur Entstehung wirtschaftlicher Verluste und sozialer Konflikte beiträgt.
- Die Studie TEEB - The Economics of Ecosystems and Biodiversity beziffert die jährlichen Kosten durch den Verlust an Biodiversität im Zuge der Waldrodungen auf zwei bis fünf Billionen Dollar. Die Summe ergibt sich aus den kostenlosen Dienstleistungen, die die Natur den Menschen zur Verfügung stellt, darunter z. B. Kohlendioxidspeicherung, Nahrung, nachwachsende Rohstoffe oder die Bereitstellung von Trinkwasser. Durch die Zerstörung der Wälder fallen diese weg. Dabei sind die Menschen in ärmeren Ländern von den Auswirkungen überproportional betroffen.
Zahlen zur Vernichtung der Tropenwälder
Eine genaue Quantifizierung des Waldbestandes in den Tropen sowie dessen Vernichtungsrate gestaltet sich schwierig, da die Datenerfassungs- und Interpretationsmethoden von Organisation zu Organisation verschieden sind. Somit ergeben sich teilweise deutliche Diskrepanzen zwischen verschiedenen Quellen.
Im Jahr 1990 war etwa 1/3 (das entspricht 40,7 Mio. km²) der Landoberfläche der Erde von Wald bedeckt. Heute sind es nur noch etwa 40 Mio. km² Wald, allein in den letzten zehn Jahren (von 2000 bis 2010) wurden über 52 Mio. Hektar Wald vernichtet. Die Tropischen Regenwäldern machen mit etwa 13 Mio. km² etwa ein Drittel der gesamten Waldfläche aus.
Laut der Food and Agriculture Organization (FAO) der UN gingen zwischen zwischen 2000 und 2010 jährlich etwa 5,4 Millionen Hektar an Tropischen Regenwald verloren, wobei das Amazonas-Gebiet mit einem Verlust von etwa 3,6 Millionen Hektar jährlich am meisten geschädigt wurde. In den Jahren von 2000 bis 2005 verschwanden insgesamt 27 Mio. Hektar Regenwald. Das bedeutet, dass in fünf Jahren 2,4 % des gesamten Tropenwaldes zerstört wurden. Bei konstanten Rodungsraten könnte im Jahr 2050 mehr als die Hälfte der Tropenwälder vernichtet sein. Allein im Jahr 2009 wurden 683 Mio. m3 Tropenwald abgeholzt.
Heute sind 3/4 der globalen Waldflächen physikalisch und gesetzlich nutzbar. Initiativen zum Schutz der Wälder greifen nur bedingt, das Verhältnis von Aufforstung zu Vernichtung liegt derzeit bei 1:10. Im Jahr 2010 wurden lediglich 1,9 % der Regenwaldfläche aufgeforstet. Illegaler Holzeinschlag, industrialisierte Forstwirtschaft und die Umwandlung in landwirtschaftliche Flächen setzen den Wäldern am meisten zu, dazu kommen verheerende Waldbrände.
Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sebastian Siebert, Kristian Uhlenbrock, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2002
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.07.2012
Autor: Sebastian Siebert, Kristian Uhlenbrock, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2002
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.07.2012