Infoblatt Hochgeschwindigkeitszüge in Japan


Streckennetz, Geschichte, Technik



Shinkansen (Rother)

Japan ist das Geburtsland der Hochgeschwindigkeitszüge. Zu den olympischen Spielen 1964 nahm die japanische Eisenbahngesellschaft JNR den Verkehr zwischen Tokyo und Osaka auf, die beiden Metropolen waren statt wie bisher 6,5 nur noch 4 Stunden voneinander entfernt. Die Züge werden "Bullet Trains", also Geschoss-Züge genannt und fahren auf den "Shinkansen", den "neuen Hauptstrecken". Da die alten Schienen Kapspurbreite besaßen (1.067 mm), mussten für die Kippsicherheit der schnellen Züge normalspurige Trassen (1.435 mm) verlegt werden. Heute fahren in Japan zehn verschiedene Zugtypen im Hochgeschwindigkeitsverkehr.


Streckennetz

Japan hält keine idealen Bedingungen für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb vor. Die Inseln sind sehr stark besiedelt, es kommt immer wieder zu Erd- und Seebeben, zwischen den Küsten und den Bergregionen herrschen extreme klimatische Unterschiede und die langgestreckte Form Japans erfordert besonders lange Trassen. Trotzdem wurden in Japan die ersten Hochgeschwindigkeitsstrecken der Welt gebaut. Im Mittelpunkt des japanischen Eisenbahnnetzes liegt die Stadt Tokyo. Die Stadt ist über Hauptlinien mit allen Teilen Japans verbunden und ein gut ausgebautes Nebenliniennetz durchzieht das nahe Hinterland. Von den wichtigsten Bahnhöfen der Stadt werden täglich mehrere Millionen Pendler befördert. Um die seit Beginn des 20. Jahrhunderts bestehenden Eisenbahnverbindungen zu entlasten, wurden ab 1960 neue Fernverkehrsverbindungen gebaut. Heute verkehren zwischen Tokyo und Fukuoka Hochgeschwindigkeitszüge, die in ungefähr sieben Stunden eine Entfernung von rund 1.070 Kilometern zurücklegen. Insgesamt existieren in Japan 7.000 km Hochgeschwindigkeitsstrecken.


Geschichte

Im Jahr 1957 war bereits ein Zug entwickelt worden, der bis zu 250 km/h schnell fahren konnte. Für diesen Zug musste mit Hilfe der Weltbank eine neue Strecke gebaut werden, da sich sonst keine Geldgeber fanden. Diese Strecke zwischen Tokyo und Osaka wurde Tokaido-Strecke genannt, nach dem historischen Königsweg zwischen Kyoto und Tokyo, dem alten Edo. Schon bei dieser Strecke wurde darauf geachtet, niveaugleiche Übergänge aus Sicherheitsgründen zu vermeiden. Die gesamte 515 km lange Strecke verlief auf Dämmen, Brücken, Viadukten oder in Tunneln und ist eingezäunt. Nachdem die Tokaido-Strecke ein voller Erfolg wurde, begannen 1962 die Bauarbeiten an dem 160 km langen Schienenweg Shin-Osaka - Okayama (Sanyo-Strecke). Auf dieser Strecke wird heute mit den modernen Zügen der Baureihe 500 eine Geschwindigkeit von 300 km/h erreicht. Seit 1992 beträgt die Höchstgeschwindigkeit für Züge auf der Tokaido-Strecke 270 km/h. Höhere Geschwindigkeiten sind durch die vergleichsweise engen Kurvenradien ausgeschlossen. Die Pünktlichkeit der japanischen Züge ist vorbildlich. Heute wird im 3-Minuten-Takt gefahren, Verspätungen einzelner Züge hätten verheerende Auswirkungen. So haben sich Zugführer, die auf einer 3 km langen Teilstrecke mehr als 15 Sekunden Verspätung einfahren, schriftlich zu verantworten. Besonders erwähnenswert ist, dass in der fast 40 Jahre alten Geschichte der "Shinkansen" nicht ein Mensch zu Schaden kam. Bei einem Erdbeben im Oktober 2004 ist zum ersten Mal ein Shinkansen entgleist.


Technik

Schon bei der ersten Baureihe der Bullet-Trains wurden Unterflurmotoren eingesetzt, die auf alle Achsen wirken. Somit können höhere Beschleunigungen erzielt und mehr Passagiere befördert werden, als in Zügen mit Triebköpfen (vgl. ICE 1). Auf der Tokaido-Strecke liegen die Bahnhöfe in etwa 43 km Abstand. Die Bahnhöfe der neuen Strecken besitzen die Vorsilbe "Shin-" für "Neu-", z. B. Shin-Osaka. Die Bahnhöfe an den neuen Strecken besitzen zwei bahnsteigfreie Durchgangsgleise für schnelle Durchfahrten und auf beiden Seiten je ein Ausweichgleis mit Außenbahnsteig. Die Bahnsteigkanten werden durch Absperrgitter geschützt, die erst bei stehendem Zug geöffnet werden. Japan wird relativ häufig von Erdbeben heimgesucht. Deshalb werden Bauwerke schon seit längerer Zeit erdbebensicher ausgelegt. So auch die Shinkansen-Trassen: Nahten Erdbebenwellen heran, wurden in den betroffenen Leitungen sofort der Strom abgeschaltet, der Zug leitete daraufhin eine Notbremsung ein.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Lars Pennig
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2003
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 16.05.2012