Infoblatt Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)


Entwicklung und Aufbau der großen Volkspartei



SPD


Entwicklung

Während der demokratischen Revolution von 1848/49 formierten sich erstmals Strömungen der organisierten Arbeiterbewegungen: der Bund der Kommunisten (Karl Marx und Friedrich Engels) im Westen Preußens sowie die Arbeiterverbrüderung (Stephan Born) in Berlin, Sachsen und in Teilen Nord- und Süddeutschlands. Erste Gewerkschaften entstanden, jedoch scheiterte die Revolution und die Anfänge der organisierten Arbeiterbewegung wurden unterdrückt.
Ferdinand Lassalle (1825 - 1864) gründete 1863 in Leipzig den "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverband" (ADAV), der sich auf dem Gothaer Kongress (1875) mit der "Sozialdemokratischen Arbeiterpartei" (SDAP) – 1869 von August Bebel und Wilhelm Liebknecht in Eisenach gegründet – zur "Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands" (SAP) vereinigte.
1878 konnte Otto von Bismarck das Sozialistengesetz im Reichstag durchsetzen. Alle sozialistischen und freigewerkschaftlichen Bestrebungen wurden verboten.
Als das Sozialistengesetz nicht verlängert wurde, erreichte die SPD (Name seit 1890), die durch die Industrialisierung immer mehr Anhänger im Arbeitermilieu hatte, bei den Reichstagswahlen 1890 mit 19,7 Prozent den höchsten Wähleranteil. 1912 erhielt sie bereits 34,8 Prozent und bildete die stärkste Fraktion im Reichstag.
Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs ging auch das Kaiserreich zu Ende. Die Mehrheits- und die Unabhängige Sozialdemokratie (MSPD, USPD) übernahmen im "Rat der Volksbeauftragten" die Macht. Friedrich Ebert forcierte allgemeine, gleiche Wahlen zu einer deutschen Nationalversammlung und wurde Reichspräsident. Die SPD wurde zur führenden politischen Kraft der Weimarer Republik.
Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 erstarkten die extremen Kräfte in der deutschen Politik. Die Arbeitslosigkeit nahm zu. Ende Januar 1933 wurde Adolf Hitler Reichskanzler und der Terror der Nationalsozialisten gegen Kommunisten und Sozialdemokraten setzte ein. In der Reichstagsabstimmung über das Ermächtigungsgesetz (alle bürgerlichen Parteien würden Hitler formell zum Diktator machen), protestierte die deutsche Sozialdemokratie und wurde daraufhin verboten.
Nach der bedingungslosen Kapitulation am Ende des Zweiten Weltkriegs und der Aufteilung des deutschen Reichs in vier Besatzungszonen formierte sich in den Westzonen die SPD neu, eine Vereinigung mit den Kommunisten wurde kategorisch ablehnt.
Als Oppositionspartei gewann die SPD in den 1950er Jahren immer stärkeren Einfluss.

Gegen Ende der 1950er Jahre öffnete sich die sozialdemokratische SPD der modernisierenden christlichen bundesrepublikanischen Gesellschaft und ebnete damit den Weg für die Teilnahme an der großen Koalition mit der CDU/CSU 1966 bis 1969.
1969 wurde Willy Brandt der erste sozialdemokratische Bundeskanzler der Nachkriegsgeschichte und Gustav Heinemann Bundespräsident.
Nach der Enttarnung eines DDR-Spions im Kanzleramt übergab Brandt 1974 das Amt des Bundeskanzlers an Helmut Schmidt.
Die FDP verließ 1982 die sozialliberale Koalition und verschaffte somit den Unionsparteien die Mehrheit in Bonn. Die SPD wurde in die Rolle der Opposition gedrängt.
Nach dem Zerfall des Ostblocks und dem Zusammenbruch des DDR-Regimes (1989) vereinigten sich die beiden deutschen Staaten. Noch unter der SED-Diktatur wurde in der DDR die SDP (Sozialdemokratische Partei in der DDR) als Bruderpartei der westdeutschen SPD gegründet, 1990 verschmolzen beide Parteien.
Nach einer Phase, in der die SPD ihre Position in den Ländern ausbaute, wurden "Innovation und Gerechtigkeit" die Leitbegriffe, unter denen die SPD bei den Bundestagswahlen 1998 gewann.
Der neue Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Koalition aus SPD und Grünen nahm sich ein ehrgeiziges Reformprogramm vor, das auf die Korrektur sozialer Ungerechtigkeiten, die Ordnung der zerrütteten Staatsfinanzen, eine umfassende Steuerreform und Investitionen in Zukunftsaufgaben zielte.
Von 2005 bis 2009 stellte die SPD zusammen mit der CDU in einer großen Koalition die Regierung. Nachdem die Partei jedoch mit schlechten Umfrageergebnissen zu kämpfen hatte und innerparteiliche Konflikte schwelten, trat ihr Bundesvorsitzender Kurt Beck Anfang September 2008 zurück, Nachfolger wurde Franz Müntefering.
Im Zuge der Bundestagswahl 2009 wurde die große Koalition nicht fortgesetzt, die SPD ist seitdem in der Opposition. Sigmar Gabriel löste Franz Müntefering im November 2009 als Parteivorsitzenden ab.


Aufbau

Die SPD gliedert sich in Ortsvereine, die in Unterbezirken zusammengefasst werden. Diese wiederum werden zu 20 Bezirken gebündelt, die Delegiert in den Parteirat sowie den Bundesparteirat entsenden. Diesen übergeordnet ist der Parteivorstand. Die politische Willensbildung vollzieht sich von unten nach oben. Zudem gibt es Landesverbände (Bundesländer), die in erster Linie die landespolitischen Aufgaben erfüllen. Die SPD hat zum Juni 2012 483.226 Mitglieder und ist damit momentan die mitgliederstärkste Partei; in den 1970er Jahren hatte die Partei über eine Million Anhänger.


Bundesregierungen mit SPD-Beteiligung

5. Wahlperiode (1965 - 1969): Bundeskanzler Ludwig Erhard (bis 30. November 1966), Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (ab 1. Dezember 1966), beide CDU (Große Koalition); Vizekanzler war Willy Brandt 6. Wahlperiode (1969 - 1972): Bundeskanzler Willy Brandt
7. Wahlperiode (1972 - 1976): Bundeskanzler Willy Brandt
8. Wahlperiode (1976 - 1982): Bundeskanzler Helmut Schmidt
14. Wahlperiode (1998 - 2002): Bundeskanzler Gerhard Schröder
15. Wahlperiode (2002 - 2005): Bundeskanzler Gerhard Schröder
16. Wahlperiode (2005 - 2009): Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU (Große Koalition)


Literatur

Gabriel, Oskar W., Oskar Niedermayer und Richard Stöss (Hrsg.): Parteiendemokratie in Deutschland. Opladen 1997.
Mintzel, Alf und Heinrich Oberreuter (Hrsg.): Parteien in der Bundesrepublik Deutschland. Sonderausgabe der Landeszentrale für politische Bildung NRW. Bonn 1990.
Pötzsch, Horst: Die deutsche Demokratie. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2004.
Sontheimer, Kurt und Wilhelm Bleek: Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepu-blik Deutschland. München 1997.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Christine Reinke, Kristian Uhlenbrock, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 23.08.2012