Infoblatt Kernenergie


Informationen über die Gewinnung von Kernenergie und die verschiedenen Reaktortypen



Kernkraftwerk Heilbronn (Enkelmann)


Energiegewinnung aus Atomen

Kernenergie wird durch die Spaltung von Atomkernen freigesetzt. Die durch die Spaltung erzeugte Wärmeenergie wird mittels Trägermedium, Turbine und Generator in elektrische Energie umgewandelt.
Als Spaltmaterial wird Uran verwendet, dessen Kerne durch ein auftreffendes Neutron gespalten werden. Die Spaltprodukte fliegen mit hoher Geschwindigkeit auseinander, was gleichbedeutend mit einem Anstieg der Temperatur ist. Die Bewegungsenergie wird an umliegende Uran-Moleküle weitergegeben. Das Uran ist von Wasser umgeben, so dass die Moleküle des Wassers in Bewegung gesetzt werden, wodurch sich das Wasser stark erhitzt und verdampft.
Langsame Neutronen sind für diesen Vorgang sehr viel besser geeignet als schnelle Neutronen, da sie sich einen längeren Zeitraum im Bereich der Uranmoleküle aufhalten und somit die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf ein Molekül treffen, sehr viel größer ist. Da bei der Spaltung immer wieder freie Neutronen entstehen, ergibt sich eine Kettenreaktion und somit ein sich fortsetzender Prozess der Energieproduktion.


Die Komponenten eines Atomkraftwerks

Als Basis muss eine genügend große Masse an spaltbarem Material in Form von Brennelementen vorliegen und darüber hinaus ein Moderator (z. B. Wasserstoff oder Deuterium), der durch Kollision mit den Neutronen diese auf eine langsamere Geschwindigkeit abbremst, ohne sie zu absorbieren. Um den Kernspaltungsprozess steuern zu können oder Notfalls zu unterbinden, müssen Steuerstäbe vorhanden sein, die zwischen die einzelnen Brennelemente geschoben werden können. Diese bestehen aus Materialien, die in der Lage sind, viele Neutronen einzufangen bzw. zu absorbieren, wodurch die Kettenreaktion verlangsamt wird und zum erliegen kommt. Eine weitere Komponente ist das schon angesprochene Medium, um die entstehende Wärme abzuführen und zur Elektrizitätsproduktion zu benutzen. Da bei der Kernspaltung enorme Strahlungsmengen entstehen, muss der Reaktor zusätzlich mit Vorrichtungen versehen sein, die ein Austreten der Strahlung verhindern. Es kommen hier mehrere unterschiedliche Barrieren in Kombination zum Einsatz. Dies sind die Metallummantelung der Brennelemente, die bis zu 25 cm dicke Stahlwand des Reaktorbehälters sowie eine meterdicke Stahlbetonwand um diesen Behälter. Darüber hinaus schirmen weitere Sicherheitsbehälter und letztendlich die Kraftwerksmauern die Strahlung komplett ab.


Reaktortypen

  • Siedewasserreaktor
    Bei einem Siedewasserreaktor sind die Brennelemente innerhalb eines Druckbehälters installiert, der zu etwa zwei Dritteln mit Wasser gefüllt ist. Das Wasser strömt dabei von unten nach oben und wird durch die Temperatur innerhalb des Behälters in Dampf umgewandelt. Dieser strömt über eine Leitung am oberen Teil des Druckbehälters direkt zur Turbine. Wasser, welches bei diesem Prozess nicht verdampft wurde, wird durch einen Ringraum zwischen Behälter und dem Kern des Reaktors dem nachströmenden Frischwasser zugeführt und weitergenutzt. Nachdem der Wasserdampf die Turbine angetrieben hat und deren Bewegung auf einen Stromgenerator übertragen wurde, wird er in einen Kondensator weitergeleitet und hier durch Kühlwasser wieder verflüssigt. Danach wird das Wasser erneut in den Reaktorraum gepumpt und erhitzt. Die Leistung eines solchen Reaktors wird über Umwälzpumpen innerhalb des Druckbehälters gesteuert, wobei eine erhöhte Drehzahl gleichzeitig die Leistung des Reaktors erhöht.
  • Druckwasserreaktor
    Auch bei diesem Reaktortyp zirkuliert das Wasser in einem Druckbehälter, in dem sich die Brennelemente befinden, doch wird hier ein weiterer Schritt im Dampferzeugungsprozess eingeführt. Der Druck liegt deutlich höher und wird durch einen sog. Druckhalter reguliert. Der höhere Druck verhindert ein Sieden des Wassers. Das stark erhitzte, aber nicht verdampfte Wasser wird in einen Dampferzeuger geleitet, der wiederum an einen weiteren Wasserkreislauf angeschlossen ist. Das unter hohem Druck stehende Wasser gibt hier seine Wärme an den zweiten Wasserkreislauf ab und bringt dessen Wasser aufgrund des geringeren Drucks zum Verdampfen. Analog zum Siedewasserreaktor wird der Dampf dann zu einer Turbine geführt, treibt diese an und wird danach durch einen dritten Wasserkreislauf wieder abgekühlt, verflüssigt und dem Prozess erneut zugeführt.
  • Schneller Brüter
    Im Gegensatz zu den beiden vorher genannten Reaktortypen, die nur das natürlich vorkommende Uran-235 spalten können, ist in einem Schnellen Brüter eine Spaltung von Uran-238 möglich. Neben der Freisetzung von Energie wird hier jedoch zusätzlich ein Teil des Uran-238 in Uran-239 umgewandelt, welches wiederum als Spaltmaterial zu verwenden ist. Dies findet unter Einsatz schneller Neutronen statt, da diese am effektivsten zur Spaltung führen. Der Prozess kann dabei so gesteuert werden, dass der Verbrauch von Uran-238 durch Kernspaltung unter der neu erzeugten Menge an spaltbarem Uran-239 liegt. Es wird also durch Einsatz schneller Neutronen sowohl Material gespalten wie auch neues spaltbares Material erbrütet, wodurch sich der Name "Schneller Brüter" begründet. Dabei ist allerdings eine sehr viel höhere Menge an Spaltmaterial notwendig, da schnelle Neutronen mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu einer Kernspaltung führen als langsame. Die Folge davon ist eine um ca. 200 °C höhere Prozesstemperatur als bei den beiden vorher beschriebenen Reaktortypen (330 °C).
    Da Wasser als Mittel zur Wärmeabfuhr die schnellen Neutronen zu stark abbremsen würde, kommt bei diesem Reaktortyp flüssiges Natrium zum Einsatz. Dies siedet erst bei Temperaturen von 883 °C und kann die höheren Wärmeenergien schneller abführen. Das im Reaktortank enthaltene Natrium, welches durch den Spaltprozess radioaktiv geworden ist, gibt seine Wärme an einen zweiten Natriumkreislauf ab, welcher wiederum an einen Wasserkreislauf angeschlossen ist. Dieses Wasser wird in Dampf umgewandelt, treibt eine Turbine an und wird nach Abkühlung durch einen weiteren Wasserkreislauf wiederverwendet.
  • Thorium-Hochtemperaturreaktor
    Dieser Reaktor arbeitet bei Betriebstemperaturen, die mit 750 °C deutlich über denen von Leichtwasserreaktoren und Schnellen Brütern liegen. In einem Versuchsreaktor, der in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre bei Hamm betrieben wurde, bestanden die Brennelemente nicht aus Stäben, sondern aus kleinen Graphitkugeln, in denen eine Menge von 1 g spaltbarem Uran-235 und als Brutstoff 10 g Thorium-232 enthalten waren. Neben der Spaltung des Uran-235 fand ebenfalls eine Erbrütung von spaltbarem Uran-233 statt, so dass zu einem gewissen Anteil eine Selbstversorgung mit Spaltmaterial stattfand. Als Kühlmittel wurde Helium eingesetzt, welches die Wärmeenergie an einen Wasserkreislauf abgab. Der dadurch entstehende Dampf trieb wiederum eine Turbine an, wurde danach abgekühlt und weiterverwendet.
  • Siedewasser-Druckröhrenreaktor
    Dieser in der UdSSR entwickelte Reaktortyp besteht aus in einem Block aus Graphitziegeln eingebetteten Druckröhren. Diese beinhalten die Brennelemente und werden von Wasser durchströmt. Durch die Temperatur, die bei den Kernspaltungen entsteht, wird das Wasser teilweise verdampft. In einem Dampfabscheider werden der Wasserdampf einer Turbine und der flüssige Anteil des Wassers wieder dem Reaktorkern zugeführt. Zu trauriger Berühmtheit kam dieser Reaktortyp im April 1986, als im ukrainischen Tschernobyl durch einen GAU (Größter Anzunehmender Unfall), der bei technischen Experimenten verursacht wurde, ein ganzer Landstrich radioaktiv verseucht wurde.


    Quelle: Geographie Infothek
    Autor: Kristian Uhlenbrock
    Verlag: Klett
    Ort: Leipzig
    Quellendatum: 2012
    Seite: www.klett.de
    Bearbeitungsdatum: 28.05.2012