Infoblatt Prognosen und Projektionen zur Weltbevölkerung


Abschätzung der zukünftigen Weltbevölkerungsentwicklung




Prognosen

Die Vereinten Nationen veröffentlichen im zweijährigen Turnus mittelfristige Vorausberechnungen der Weltbevölkerungsentwicklung, denen eine für jedes Land unterschiedliche Fertilitätsabnahme bei insgesamt steigender Lebenserwartung zugrunde gelegt wird. Dabei wird jedoch die Tragfähigkeit der Erde nicht berücksichtigt: Die Frage, ob auf unserem Planeten beispielsweise überhaupt 12 Milliarden Menschen Nahrung finden, ist – obgleich für die Thematik von enormer Wichtigkeit – im Rahmen dieser Berechnungen unbedeutend.
Die Prognose reicht bis ins Jahr 2050 und hat sich in der Vergangenheit als sehr zuverlässig erwiesen, da neue Entwicklungen und Details sehr schnell in die Berechnung einfließen. Zudem lebt ein großer Teil der in der Prognose zu berücksichtigenden Menschen bereits, somit sind Altersstruktur und die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter für diesen Zeitabschnitt recht genau bekannt bzw. zu berechnen.
Weniger gesichert sind hingegen die Annahmen über Veränderungen des generativen Verhaltens, welche regional von sehr unterschiedlichen kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen und ihrer zukünftigen Entwicklung abhängig sind. Zeit ist hier mit der wichtigste Faktor, da wirtschaftlicher, sozialer, gesellschaftlicher wie auch demographischer Wandel parallel kultureller Veränderungen bedarf und diese sich nicht einfach anordnen lassen, sondern reifen müssen.
Die mittlere Variante der UN-Prognose, welche bisher die genauesten Ergebnisse geliefert hat, beruht auf der Annahme, dass sich die Fruchtbarkeitsrate, definiert als Zahl der Kinder pro Frau (Total Fertility Rate = TFR), global betrachtet von gegenwärtig 2,65 Kindern pro Frau auf 2,05 im Jahr 2050 vermindert. Der stärkste Rückgang wird für die Entwicklungsländer erwartet, hier soll die TFR von 5 auf 2,57 sinken. Für die Industrieländer rechnet man hingegen mit einem Anwachsen der TFR von 1,56 auf 1,84. Resultat dieser Entwicklungen wäre eine Bevölkerungszahl von 7,9 Milliarden im Jahr 2025 und von 9 Milliarden Mitte dieses Jahrhunderts.
Nach der hohen Variante mit einer TFR von 2,6 werden 2050 11,2 Milliarden Menschen leben, nach der niedrigen Variante (TFR 1,6) lediglich 7,7 Milliarden.


Großräumliche Gegensätze

Bedeutsamer als die quantitative Zunahme der Weltbevölkerung sind die damit einhergehenden räumlichen und strukturellen Verschiebungen. 98 % des Wachstums wird in den Entwicklungsländern stattfinden. Steht Asien bis 2050 voraussichtlich "nur" ein Wachstum von etwa 50 % bevor, so wird sich die Bevölkerung Afrikas in diesem Zeitraum mehr als verdoppeln. Einige Staaten werden in diesem Zeitraum sogar wenigstens eine Verdreifachung ihrer Bevölkerung erleben: Burkina Faso, Burundi, Tschad, Kongo, Demokratische Republik Kongo, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, Niger und Uganda sowie in Asien Afghanistan und Timor-Leste.
Insgesamt sind gerade einmal neun Staaten für mehr als die Hälfte des Bevölkerungszuwachses verantwortlich: Indien, Pakistan, Nigeria, Demokratische Republik Kongo, Bangladesch, Uganda, USA, Äthiopien und China.
Einige Länder verzeichnen hingegen eine Stagnation, 51 sogar einen Rückgang der Bevölkerung – darunter etwa Deutschland, Japan und Italien sowie die meisten Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Europa wird nach der mittleren Variante 2050 eine um zehn Prozent geringere Bevölkerung als heute aufweisen.
Grundannahme dieser Prognose ist das Ausbleiben von größeren räumlichen Ausgleichsbewegungen, also von interregionalen und -nationalen Massenwanderungen. So ist es durchaus möglich, dass der Bevölkerungsrückgang in den Industriestaaten durch Zuwanderung etwa aus Afrika oder Asien kompensiert wird.


Projektionen

Die Projektionen der UN für den Zeitraum ab 2050 bis 2150 stellen eine reine Modellrechnung dar. Die oben angeführten Fertilitätsraten werden dabei fortgeschrieben und durch zwei Zwischenversionen ergänzt, die ab 2025 von einer Fruchtbarkeitsrate von 10 % über bzw. unter dem Erhaltungsniveau ausgehen. Die Spannweite der Ergebnisse ist enorm, nach der mittleren Variante folgt nach dem Erreichen des 11-Milliarden-Niveaus eine Stagnation oder Abnahme, der demographische Wendepunkt wäre damit erreicht. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine drastische Abnahme der Fruchtbarkeitsrate in weiten Teilen der Erde.
Bei unveränderter heutiger Fruchtbarkeit in den nächsten 150 Jahren ergäbe sich eine Bevölkerungszahl von knapp 300 Milliarden Menschen im Jahr 2150, eine völlig unvorstellbare Anzahl, die die Belastbarkeit der Erde bei Weitem übersteigen dürfte.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sebastian Siebert, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2005
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.08.2012