Infoblatt Der Gelbe Fluss


Fakten, Verlauf, Bedeutung und Probleme


Fakten

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Verlauf

Er durchfließt heute von West nach Ost die Provinzen Qinghai, Sichuan, Gansu, Ningxia, Neimonggol, Shaanxi, Shanxi, Henan und Shandong, wo er schließlich in den Bohai-Golf mündet. Der Huanghe kann in drei Teile untergliedert werden: Den Oberlauf im 3.000 m hohen Qingzang-Plateau, den Mittellauf im Löss-Plateau mit 1.000 bis 2.000 Höhenmetern und den Unterlauf in der Nordchinesischen Ebene.
Der Huanghe entspringt in den Ausläufern des Kunlunshan bzw. Nanshan-Gebirges (im südöstlichen Teil Qinghais). Im Oberlauf ist das Wasser noch klar und die Wasserführung recht hoch. Dann umfließt er ohne große Nebenflüsse in einer weiten Schleife das Ordos-Plateau und streift dabei die südliche Gobi. Im Bereich dieses Bogens, der durch die Innere Mongolei führt, nimmt die Wasserführung durch Verdunstung immer mehr ab. Dabei durchsägt er, bis zum erneuten Umlenken nach Osten, wo die Weihe als größter Nebenfluss mündet, das nordchinesische Lössgebiet in engen Schluchten und großen Gefällen. Durch die vielen Zuflüsse im Mittellauf aus den Provinzen Gansu, Shaanxi und Shanxi schwillt der Huanghe wieder enorm an und nimmt hier jährlich eine Sedimentfracht von über einer Milliarde Tonne auf, weshalb er auch "schlammreichster Fluss der Erde" genannt wird.



Schematische Darstellung des Verlaufs des Gelben Flusses (Klett)


Bedeutung

Neben dem Jangtse ist der Huanghe die wichtigste Lebensader des Landes: Er bringt Wasser in das dürregefährdete Gebiet und verschiebt die Küste durch seine enorme Sedimentfracht jährlich weit über einen Kilometer in das Meer hinein. 120 Millionen Menschen leben im Einzugsgebiet des Flusses, die meisten davon in der Nordchinesischen Ebene. Diese ist mit 320.000 Quadratkilometern eine der größten Ebenen weltweit und bietet beste landwirtschaftliche Anbauvoraussetzungen. Shandong zählt neben Sichuan aufgrund des Schwemmlössbodens zur fruchtbarsten Provinz des Landes. Entlang des Huanghe befinden sich insgesamt 20 % der chinesischen Ackerbauflächen. Neben der hoch entwickelten Landwirtschaft an den Ufern ist der Gelbe Fluss auch ein wichtiger Transport- und Verkehrsweg, auch wenn nur Teilstrecken des Mittel- und Unterlaufes schiffbar sind. Durch die gewaltige Wassermenge und das teilweise starke Gefälle besitzt er mitsamt seinen Nebenläufen gewaltige Wasserkraftreserven von circa 40 Millionen Kilowatt.



Lanzhou: Trockenfeldterrassen am Oberlauf des Gelben Flusses (Brodengeier)

Am Gelben Fluss liegt auch die Wiege der chinesischen Kultur: Das fruchtbare Lössplateau von Nord-Henan und Shaanxi war die Heimat der neolithischen Yangshao-Kultur. Vor 6.000 Jahren errichteten sie ihre ersten Siedlungen entlang des Huanghe. Parallel dazu entwickelte sich wahrscheinlich in Shandong die Longshan-Kultur. Diese Provinz, wo der Huanghe in das Gelbe Meer mündet, entwickelte sich zum Zentrum der chinesischen Zivilisation, denn hier liegt die Heimat von Konfuzius. Bis heute bündeln sich hier bedeutende Kulturzentren des Landes, zum Beispiel die Stadt Luoyang, die lange Zeit eine militärische und wirtschaftliche Schlüsselrolle in China spielte und Zentrum des Buddhismus mit dem weltbekannten Shaolinkloster war. Heute bedeutende Städte entlang seines Laufes sind Landhou, Baotou, Zhengzhou und Jinan.


Probleme

Der Einfluss des Klimas auf den Huanghe ist besonders hoch, denn der jahreszeitliche Wechsel der Niederschläge ist extrem, auch zwischen den Jahren kann die Wassermenge stark schwanken. Das Verhältnis zwischen Niedrigwasser im Winter und Hochwasser im Sommer beträgt 1:100. Während sommerlicher Starkregen kann der Wasserspiegel innerhalb von wenigen Stunden um mehrere Meter steigen. Der Abfluss schwankt zwischen 100 und 22.000 Kubikmetern/Sekunde, Spitzenwerte liegen sogar bei 33.000 Kubikmetern/Sekunde.
Während der Trockenzeit im Frühjahr und im Winter ist der Fluss zwar ein Segen für Landwirtschaft und Bevölkerung, aber während der Hochwasserperiode ein Fluch. Der Huanghe ist der Fluss Chinas mit den meisten Hochwasserschäden. Er wird deshalb auch als das größte Sorgenkind Chinas bezeichnet. Immer wieder gab es katastrophale Überschwemmungen, die Zehntausende Opfer in der dicht besiedelten Ebene forderten. Beispielsweise ertranken bei einer Jahrhundertflut 1887 mehr als eine Million Menschen, damals waren über 22.000 Quadratkilometer der Großen Ebene überflutet. Seit 2200 v. Chr. soll es angeblich kein Jahrzehnt gegeben haben, in dem der Fluss nicht über die Ufer trat.
Das Gebiet der Nordchinesischen Ebene ist ständig von Überschwemmungen bedroht. Natürliche Ursachen sind die stark schwankenden Wassermassen und die hohe Stickstoffbelastung des Flusses. Durch falsche agrarische Nutzung wird die Erosion im Lössbergland noch gesteigert. Auch dadurch ist der Gelbe Fluss unberechenbar: ständig wächst der eigene Schwemmkegel. Das Flussbett erhebt sich durchschnittlich drei bis vier Meter über das Umland und wächst jährlich um weitere zehn Zentimeter, sodass der Fluss regelmäßig über die Deiche brach und die Hochwassergefahr ständig zunahm. Auch trotz der gewaltigen Wasserbaumaßnahmen der letzten Jahrtausende sind 1.500 Deichbrüche zu verzeichnen. Dabei schuf er sich im Laufe der Jahrtausende oft ein neues Flussbett. Insgesamt sind 26 Laufverlegungen nachweisbar, zuletzt 1947. Eine sehr lange Zeit mündete der Huanghe nicht wie heute nördlich, sondern südlich der Halbinsel Shandong. Die Mündung des Flusses schwankte insgesamt um 800 bis 1.000 km entlang der Küste.



Bergland am Gelben Fluss: Erosion im Lössplateau (Brodengeier)

Das Problem sind nicht nur die durch die Laufverlagerungen entstehenden Flutkatastrophen und die damit einhergehenden Todesopfer, sondern auch der Verlust des fruchtbaren Lösses, der durch den Fluss erodiert und an anderer Stelle wieder abgelagert wird. Gründe für das Hochwasser sind die zunehmende Versandung des Flussbettes im Flachland, die Abholzung ganzer Landstriche und der große Bedarf an Neuland, denn das ursprüngliche Waldgebiet um den Lauf wurde nach und nach in Acker- und Weideland umgewandelt.
Die Gefahren des Flusses versucht man unterschiedlich zu mindern: Im Oberlauf sollen Auffangbecken und Stauseen die Wasserführung gleichmäßiger gestalten. Das starke Gefälle im Oberlauf wird zur Stromgewinnung genutzt; so entstanden in letzter Zeit mehrere große Wasserkraftwerke. Im Mittellauf versucht man die Bodenerosion durch Aufforstung und vor allem durch die Schaffung von Hangterrassen zu verhindern. Das ist aber schwierig, da das Gebiet der Größe der Bundesrepublik Deutschland entspricht, kaum besiedelt und von Natur aus vegetationsarm ist. Der Unterlauf in der gesamten Ebene ist komplett eingedeicht. Die Dämme sind über mehrere Jahrhunderte entstanden und bewirken, dass der Fluss nicht mehr das Sediment natürlich ablagern kann, sondern sich im Flussbett staut und dieses erhöht, weshalb auch die Deiche ständig angepasst werden müssen. Heute befindet sich der Damm teilweise 15 m über der Ebene. Zudem gibt es viele Umleitungskanäle, die Hochwasser auf landwirtschaftliche Flächen leiten und gleichzeitig bewässern sowie mit Löss anreichern sollen. Durch die Wasserbaumaßnahmen in den letzten Jahrzehnten konnte der Lauf stabilisiert und sein Wasserstand einigermaßen reguliert werden. In den vergangenen 30 Jahren drohte neunmal Hochwassergefahr am Huanghe, doch es kam bisher zu keiner Überschwemmungskatastrophe.
Seit den 1990er Jahren existiert ein völlig neues und gegensätzliches Problem: Am Unterlauf herrscht in den trockenen Sommermonaten Wassermangel, d. h. dort ist der Fluss teilweise sechs Monate völlig trocken und der Grundwasserpegel sinkt überall. Aus dieser Dürre ergeben sich Versorgungsengpässe für die Bevölkerung und die Wirtschaft, die nicht mehr ausreichend mit Wasser und dem Strom der Wasserkraftwerke versorgt werden können. Gründe dafür sind die zahlreichen Staudämme, Kanäle und die extensive Wassernutzung durch Industrie und Landwirtschaft, der Bevölkerungszuwachs und die damit einhergehende Verstädterung und Industrialisierung. Außerdem wird die Region von einer anhaltenden Dürreperiode mit wenigen Niederschlägen und hohen Temperaturen heimgesucht, was möglicherweise auch auf den Klimawandel zurückzuführen ist.


Literatur

  • Karl Baedeker GmbH (1996): Allianz-Reiseführer China, 2. Auflage, Ostfildern.
  • Oliver Fülling (1998): DuMont-Reiseführer China, Reihe Richtig Reisen, Köln.
  • Dieter Böhn (1987): China – Klett Länderprofile, Geographische Strukturen, Daten, Entwicklungen, Stuttgart.
  • Birgit Zinzius (1999): Das kleine China-Lexikon, China und die Chinesen von A – Z, Darmstadt.
  • Staiger; Friedrich; Schütte [Hrsg.] (2003): Das große China-Lexikon, Darmstadt.
  • Jianzhu; Yimei; Shuying (1989): Temporal and spatial distribution of heavy rain in the middle and lower Reaches of the Huanghe River, In: Brush, Lucien M.: Taming the Yellow River: Silt and Floods: Proceedings of a bilateral seminar on problems in the lower reaches of the Yellow River.



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Nancy Allmrodt
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 10.06.2012