Infoblatt Tokyo


Größte Metropolregion der Welt


Kennzahlen und Gliederung von Tokyo

Tokyo ist eine Metropole mit ungeheurem Ausmaß und das Symbol für die japanische Erfolgsgeschichte. Als Hauptstadt ist sie der kulturelle und wirtschaftliche Mittelpunkt des zentralistisch organisierten Japans. Übersetzt heißt Tokyo Osten ("To") und Hauptstadt ("Kyo"), die östliche Hauptstadt. Die Stadt befindet sich auf der größten Hauptinsel Japans Honshu. Gemessen an der Bevölkerungszahl wird Tokyo als die größte Agglomeration der Welt bezeichnet. Allerdings ist eine exakte Angabe der Einwohnerzahl kaum möglich. So wurde die "Stadt" Tokyo 1943 aufgelöst und in 23 Stadtbezirke (die im Englischen als cities bezeichnet werden) unterteilt. Jeder Stadtbezirk wird eigenständig verwaltet und hat von der Autonomie her fast den Status einer eigenständigen Stadt. Diese Situation ist in etwa vergleichbar mit dem Ruhrgebiet. Die 23 Stadtbezirke entsprechen mehr oder weniger dem Kerngebiet von Tokyo. Hier leben etwa 8,5 Mio. Einwohner (Stand 2005). Unter dem Ballungsraum Tokyo werden die 23 Stadtbezirke und alle Vororte aus insgesamt 4 Präfekturen verstanden. Unter anderem gehören hierzu die Millionenstädte Yokohama und Kawasaki. Eine japanische Präfektur ist eine Verwaltungsebene und ungefähr vergleichbar mit dem französischen Departement. Ein Vergleich mit den deutschen Bundesländern ist nur bedingt möglich. In der gesamten Metropolregion Tokyo leben 34,5 Mio. Menschen, was mit Abstand Weltrekord bedeutet. In Japan wird diese Region als Tokyobereich bezeichnet.


Kurze Geschichte der Stadtentwicklung

In Europa versteht man unter der Stadtwerdung einer Siedlung gemeinhin die Vergabe des Stadtrechts. In Japan gab es aber nur wenige Siedlungen, die diese städtischen Privilegien genießen konnten. So ist es auch schwierig, dass Gründungsdatum von Tokyo zu bestimmen. Den Ausgang für die Besiedlung bildete vermutlich ein kleines Fischereidorf namens Edo. Verstärkte Siedlungsaktivitäten wurden durch die Gründung der Burg Edo (1456/57) ausgelöst. Der damalige Daimyō (lokaler Herrscher im feudalen Japan) namens Ota Dokan lud die Elite aus der kaiserlichen Hauptstadt Kyoto nach Edo ein. Infolgedessen wurden viele Luxuswaren in die wachsende Siedlung eingeführt und die Burg Edo erlangte zunehmend Bedeutung. 1603 wurde Edo zur Hauptstadt des Shogunats, weil Tokugawa Ieyasu (1543 - 1616; gilt als einer drei großen Einiger von Japan) seine Regierung nach Edo verlagerte. Durch die Aufwertung entwickelte sich Edo zunehmend zu einer riesigen Stadt. Das Wachstum wurde auch durch wiederholte Katastrophen kaum gestoppt. Immer wieder gab es verheerende Erdbeben und Brände. Ein Großbrand im Jahr 1657 forderte mehrere Tausend Opfer und zerstörte ca. 60 % des Stadtgebiets. Das Shogunat nutzte diese Gelegenheit, um das Stadtgebiet neu zu ordnen. Gleichzeitig wurden der Brandschutz und die Verteidigungsanlagen verbessert. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erreichte die Einwohnerzahl der Stadt die Millionengrenze. Edo war das regierungspolitische und wirtschaftliche Zentrum, obwohl der Kaiser nach wie vor in Kyoto residierte. Im Jahre 1868 wurde auf Geheiß des Meiji-Kaisers Mutsuhito, der als großer Modernisierer Japans bekannt wurde, der kaiserliche Hof nach Edo verlagert. Wenig später wurde Edo in Tokyo umbenannt. Ein Großbrand zerstörte 1872 mehrere Stadtteile von Tokyo. Die katastrophalen Zerstörungen wurden genutzt, um die Quartiere im europäischen Stil modern wieder aufzubauen. So wurden statt Holz- und Papierhäuser Gebäude aus massivem Stein errichtet. Vorbilder waren die Straßen in Paris und die Häuser in London.
Ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 1923, erlebte Tokyo seine schwerste Katastrophe. Das Große Kantō-Erdbeben forderte 142.807 Todesopfer. Die durch das Beben ausgelösten Brände zerstörten große Teile von Tokyo und der umliegenden Städten. Hauptgründe für die verheerenden Großbrände waren die enge Bebauung mit Holzhäusern und der mittägliche Zeitpunkt, denn in vielen Häusern wurde gerade auf traditionellen Feuerstellen das Mittagessen zubereitet. Selbst die modernen aus Backsteinen errichteten Häuser stürzten durch die Erschütterungen ein. Der Wiederaufbau dauerte bis zu den 1930er Jahren. Als Lehren aus der Katastrophe wurden wichtige Gebäude in feuerfester, moderner Stahl-Bauweise errichtet. Weiterhin wurde das Straßennetz neu konzipiert und enge, verwinkelte Gassen möglichst vermieden.
Das Stadtbild Tokyos wurde während des 2. Weltkriegs erneut dramatisch verändert. Die in vielen Stadtteilen nach wie vor dominierenden Häuser aus Holz und Papier waren ein leichtes Opfer für die amerikanischen Brandbomben in den Jahren 1944 und 1945. Mehr als 100.000 Menschen kamen ums Leben. Tokyo war während der Besetzung der Alliierten von 1945 bis 1952 von amerikanischen Truppen besetzt. Der erneute Wiederaufbau wurde für weitere Modernisierungsmaßnahmen genutzt. Heute wird das Stadtbild der japanischen Hauptstadt von vielen modernen Wolkenkratzern geprägt. Wichtigste Triebkraft für die rasante Stadtentwicklung war aber die bemerkenswerte wirtschaftliche Expansion und die technischen Entwicklungen.
1964 war Tokyo Austragungsort der XVIII. Olympischen Sommerspiele.


Infrastruktur und Wirtschaft

Noch vor New York City gilt Tokyo als die wirtschaftlich stärkste Metropolregion der Welt. Selbst die wirtschaftliche Rezession in den 1990ern konnte diesem Status nichts anhaben. Ein Grund für die wirtschaftliche Stärke ist die zentralistische Organisation von Japan. So ist Tokyo nicht nur Regierungssitz des Landes, sondern auch das Finanz- und Verwaltungszentrum. Viele Unternehmen und Institutionen haben ihren Stammsitz im Großraum Tokyo. Das Wirtschaftsprofil der Megacity wird durch wissensintensive unternehmensorientierte Dienstleistungen und leistungsstarke Schwer- und Leichtindustrien bestimmt. Tokyo ist einer der größten Finanzplätze der Welt. Die Tokyo Stock Exchange zählt zu den wichtigsten internationalen Börsen. Außerdem sind in Tokyo zahlreiche Verlage, Medienkonzerne und Versicherungen angesiedelt. Aufgrund der günstigen Lage an der Tokyo-Bucht hat sich die Metropole zum bedeutendsten Handelsplatz Japans entwickelt. Im Tokyoter Hafen werden die meisten Im- und Exporte des Landes abgewickelt. Ein wichtiger neuer Messe- und Bürostandort ist der zwischen dem Stadtzentrum und dem Flughafen Narita gelegene "Tokyo Big Sight"-Komplex. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig ist der Fremdenverkehr. So gilt die dicht bevölkerte Hauptstadtregion in ihrer Ausdehnung in die Fläche und Höhe an sich schon als Sehenswürdigkeit.
Die wirtschaftliche Stärke hat auch ihre Schattenseiten. Lange Zeit führte Tokyo die Liste der teuersten Städte an. Die Bewohner von Tokyo merken vor allem an den hohen Mieten und Grundstückspreisen, was es bedeutet, in der teuersten Stadt der Welt zu leben. Für europäische Verhältnisse leben die Tokyoter vielfach auf engstem Raum.

Eine so gewaltige Metropole wie Tokyo kann nur mit einem äußerst leistungsfähigen Netz aus Bahn- und U-Bahnlinien funktionieren. In Tokyo wird mit über 300 km Länge und 13 Linien eines der größten U-Bahnnetze der Welt befahren. Die Tokyoter Metro gilt als eine der am stärksten in Anspruch genommenen U-Bahn der Welt. In Stoßzeiten sind die Wagen oft derart überfüllt, dass nur mit Reindrücken der Passagiere die Türen verschlossen werden können. Das U-Bahnnetz wird durch ein dichtes S-Bahn- und Busliniennetz ergänzt. Über 80 % des Nahverkehrs in Tokyo findet jedoch auf Schienen statt. Für den Individualverkehr wurde seit den 1960er Jahren das enge Straßennetz erheblich modernisiert. Vom Stadtzentrum aus führen die Stadtautobahnen und Hauptverkehrstraßen strahlenförmig in die Außenbezirke. Mehrere Ringautobahnen werden durch die Ausfallstraßen miteinander verbunden. Aufgrund des akuten Parkplatzmangels wird der Straßenverkehr jedoch erheblich eingeschränkt.
Im 19. Jahrhundert wurde das Eisenbahnnetz Japans aufgebaut, wobei Tokyo das Herz bildet. So ist die Metropole über Hauptlinien mit allen Teilen des Landes verbunden. Mehrere Millionen Pendler nutzen die Fernbahnhöfe Ikebukuro, Shibuya, Shinagawa, Shinjuku, Tokyo (Hauptbahnhof) und Ueno täglich. Außerdem ist Tokyo das wichtigste Luftdrehkreuz Japans mit zwei internationalen Flughäfen. Der Airport Haneda diente bis 1978 dem internationalen Flugverkehr. Seitdem übernimmt der Flughafen Narita die Funktion als Luftdrehkreuz für nationale und internationale Flüge. 2002 wurde aufgrund der hohen Nachfrage eine zweite Landebahn eröffnet.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2007
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 10.06.2010