Infoblatt HafenCity Hamburg


Geschichte und Projekt



Hamburger HafenCity (Klett)

In vielen Städten verändern sich durch den ständigen wirtschaftlichen Strukturwandel die Nutzungen. Alte Funktionen wie z. B. industrielle Gebiete und Häfen werden nicht mehr gebraucht, während neue Funktionen wie z. B. große Shopping-Center etabliert werden. Oft werden dafür unbebaute Fläche an den "Rändern der Stadt" genutzt. Die nicht mehr benötigten Flächen und Objekte fallen dagegen brach. Häufig sind dies Flächen in den Innenstädten bzw. innenstadtnahen Gebieten. Solche Flächen müssen dann revitalisiert werden. Revitalisierung bedeutet, die Spuren alter Funktionen zu entfernen und sinnvolle Nachnutzungen zu finden. Die Revitalisierung von Hafenbrachen gibt es in vielen Städten, wie z. B. in London und Rotterdam. Das größte Stadtentwicklungsvorhaben Europas wird aber zurzeit im Herzen von Hamburg realisiert: die HafenCity. Auf den Flächen der ausgedienten innerstädtischen Hafenanlagen entsteht ein völlig neuer Stadtteil mit Gewerbe- und Wohnfunktion. Die Hamburger Innenstadt wird durch das Vorhaben der HafenCity – und das ist einmalig für Europa – um mehr als 50 Prozent vergrößert. Im Jahr 1997 wurde der Masterplan für das neue Stadtgebiet Hamburgs vorgestellt. Innerhalb von 25 Jahren soll eines der größten Waterfront-Development-Projekte der Gegenwart realisiert werden. Mit einer Fertigstellung der HafenCity wird nicht vor 2020 gerechnet.


Geschichte des Hamburger Hafens

Die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung der Hansestadt Hamburg war zweifelsohne der Hafen. Bis in das 16. Jahrhundert bildete der Alsterhafen gemeinsam mit Binnen-, Ober- und Niederhafen an der Elbe den Motor für die Blüte der Stadt im Hansebund. Als sumpfige Insel lag der sog. Grasbrook – das Gebiet der geplanten HafenCity – vor den Toren der südlichen Stadtmauer. Teile des Grasbrooks wurden im 17. Jahrhundert mit hafenbezogenen Objekten und Einrichtungen (z. B. Bootsplätze, kleine Werften) bebaut. Erst mit der beginnenden Industrialisierung und Ausweitung des Handels Mitte des 19. Jahrhunderts begann der massive Ausbau zu einem bedeutsamen Hafen- und Industriestandort. Nach einem Hafen-Generalplan wurden mehrere Häfen mit modernen, tideoffenen Hafenbecken errichtet. Die Hafenanlagen bekamen eine direkte Verknüpfung mit der Eisenbahn. Damit wurden der Transport und die Verteilung von Waren tief greifend rationalisiert. Vom einstigen Vorland der Stadt entwickelt sich der Grasbrook zum modernsten Hafen der Stadt. Nach 1888 wurden Teile des Hafens als Freihafen erklärt. Hier durften sich die Schifffahrt, der Warenhandel und die Exportindustrie weiterhin zollfrei entfalten. In weiteren drei Ausbaustufen wurde die "Speicherstadt" errichtet. Die alten Speicher in der Hamburger Innenstadt wurden somit überflüssig. Der Preis für die neuen Speicherflächen war hoch. Die Innenstadt von Hamburg verlor damit nicht nur zwei traditionelle Stadtteile, sondern auch den direkten Kontakt zur Elbe. Das Ensemble der neuen Speicher trennte das Wohnen und urbane Leben der Innenstadt vom Arbeiten im Hafen wie ein Querriegel.

Während des 2. Weltkrieges wurden große Teile des Hamburger Hafens fast völlig zerstört. Die Hafenanlagen wurden wiederaufgebaut und bekamen so ein völlig neues, modernes Gesicht. Ständige Fortentwicklungen im Transport- und Güterwesen erforderten permanente Anpassungsmaßnahmen im Hafen. Beispielsweise machte 1966 das erste Roll-on/Roll-off Schiff am Hamburger Kai fest. Zwei Jahre später folgte das erste Vollcontainerschiff. Der Schwerpunkt des Umschlaggeschäftes verlagerte sich zunehmend in die moderneren Hafenanlagen im südlichen Bereich von Hamburg. Durch die sog. „Containerisierung“ wurden die Speicheranlagen wirtschaftlich nicht mehr benötigt. Die innenstadtnahen Kaianlagen und Hafenbecken wurden aber weiterhin für die konventionelle Schifffahrt genutzt. Mitte der 1990er Jahre beschloss die Hamburger Bürgerschaft die alten Hafenflächen umzustrukturieren. Im direkten Anschluss an die historische Speicherstadt und die heutige Innenstadt soll ein neuer Stadtteil entstehen – die Hamburger Hafencity. Damit kehrt die Innenstadt nach mehr als einem Jahrhundert wieder mit einem direkten Zugang zur Elbe zurück.


Das Projekt im Überblick

Das neue Quartier wird auch als neue Stadt am Hafen bezeichnet. Die Pläne für den Stadtteil auf der Elbinsel klingen beeindruckend. Die Entwicklung eines neuen City-Raumes bedeutet mindestens für Europa das setzen neuer Maßstäbe: Auf einer Fläche von 157 ha entsteht eine lebendige Stadt mit maritimem Flair, die Arbeiten und Wohnen, Kultur und Freizeit, Tourismus und Einzelhandel miteinander verbindet. Das unterscheidet sie wesentlich von den reinen büro- und einzelhandelsdominierten klassischen Cityräumen. Was die HafenCity außerdem von anderen großen Stadtentwicklungsvorhaben in Wasserlage unterscheidet, sind ihre besonders zentrale Lage und der hohe Qualitätsanspruch, der sich u. a. in der gewollten Vermischung von Nutzungen, dem Anspruch an Urbanität und ökologischer Nachhaltigkeit sowie einem innovativen Entwicklungsprozess niederschlägt. Die HafenCity wird zudem nicht eingedeicht, also auch nicht vom Wasser abgeschnitten. Mit Ausnahme der Kai- bzw. Uferpromenaden wird das Gebiet auf ca. 8,00 m ü. NN angehoben. Durch dieses sog. Warftkonzept erhält das frühere Hafen- und Industrieareal eine neue charakteristische Topographie, die den Zugang zum Wasser und das hafentypische Milieu bewahrt und gleichzeitig den Hochwasserschutz gewährleistet.

Mit der HafenCity werden mehr als 2,32 Mio. qm Bruttogeschossfläche neu gebaut: So entstehen 6.000 Wohnungen für 12.000 Einwohner, Dienstleistungsflächen mit mehr als 45.000 Arbeitsplätzen, Gastronomie, Kultur- und Freizeitangeboten, Einzelhandel sowie Parks, Plätze und Promenaden.


Allgemeine Daten

  • Gesamtfläche: 157 ha
  • Landfläche: 126 ha
  • Bruttogeschossfläche (BGF): Neubau ca. 2,32 Mio. qm
  • Es entstehen 6.000 Wohnungen und mehr als 45.000 Arbeitsplätze
  • Erweiterung der Hamburger City um 40 %
  • 10,5 km neue Wasserlagen mit Promenaden und Plätzen
  • Ca. 26 ha öffentliche Parkanlagen, Plätze und Promenaden
  • Derzeit (2012) sind 49 Projekte fertig gestellt; 35 Projekte in Bau oder in Planung
  • Ca. 1 Mio. qm BGF sind durch Verkauf der Grundstücke oder Anhandgaben (exklusive Optionen mit Planungsverpflichtung) bereits gesichert
  • 99 % der bebaubaren Grundstücksflächen befinden sich vor der Veräußerung in öffentlichem Eigentum (Sondervermögen "Stadt und Hafen", vertreten durch die HafenCity Hamburg GmbH)
  • Investitionsvolumen: Private Investitionen ca. 8 Mrd. Euro; öffentliche Investitionen: ca. 2,4 Mrd. Euro, überwiegend finanziert aus Grundstücksverkaufserlösen des Sondervermögens der Grundstücke in der HafenCity (ca. 1,5 Mrd. Euro)



Die Entwicklung der HafenCity im Überblick

  • 1997: Ankündigung des Projekts HafenCity
  • 2000: Beschlussfassung des Masterplans durch den Senat
  • 2000: Beginn der Infrastrukturmaßnahmen, Flächenfreimachung und Betriebsverlagerungen
  • 2003: Intensiver Beginn der Hochbaumaßnahmen (Quartier Am Sandtorkai / Dalmannkai)
  • 2007: Baubeginn des zentralen Areals Überseequartier
  • 2007: Baubeginn der U-Bahnlinie U4
  • 2009: Gesamtfertigstellung des ersten Quartiers Am Sandtorkai / Dalmannkai
  • 2010: Präsentation und öffentliche Diskussion des überarbeiteten Masterplans für die östliche HafenCity
  • 2011: Fertigstellung des Quartiers Am Sandtorpark / Grasbrook (bis auf ein Wohngebäude) und des Quartiers Brooktorkai / Ericus
  • 2012: Betriebsaufnahme der U4 (Herbst)
  • 2013: Fertigstellung HafenCity Universität, Elbarkaden



Nachhaltige HafenCity

Ein Leitbild der Planung in der HafenCity ist die Nachhaltigkeit. Hier sind zum Beispiel zu nennen:
  • Die Nutzung ehemaliger Hafen- und Industrieflächen, nachdem sie, soweit erforderlich, dekontaminiert und saniert wurden
  • Klimagerechter Hochwasserschutz: Nutzung und Entwicklung eines Warftkonzeptes
  • Hohe Bodennutzungseffizienz: Hohe Dichte an Bewohnern und Beschäftigten pro ha und einem erheblichen qualitätsvollen Freiflächenanteil. Parken flächensparend nahezu ausschließlich unterirdisch in den dem Hochwasserschutz dienenden Warftsockeln
  • Nachhaltige klimagerechte Stadtstruktur: Nutzungsmischung; kompakte und kurze Wege; dichte und trotzdem offene Stadtstruktur mit vielen Wegeoptionen; enge Anbindung an die bestehende City; Bebauungsstruktur reduziert Hitzeinseleffekt
  • Nachhaltige Mobilität
  • Nachhaltige Wärmeenergieversorgung
  • Nachhaltige Gebäude
  • Umweltzeichen HafenCity für besonders nachhaltige/ökologische Bauprojekte vor Ort



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich, Dr. Petra Sauerborn
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2006
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 26.03.2012