Infoblatt Werften in der DDR


Die Entwicklung der Schiffswerften in der DDR

Bis in die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts hatte sich die Stadt Rostock kaum über ihre mittelalterliche Stadtbefestigung hinaus entwickelt. Erst mit Beginn der Industrialisierung setzte die Entwicklung der Vorstädte ein. 1850 entstand der Vorläufer der Neptunwerft. Die Kröpelinertor-Vorstadt westlich der Altstadt entstand damals hauptsächlich als Arbeiterwohnsiedlung mit Mietskasernen und Kastenhäusern in engräumiger Bauart. Links der Unterwarnow entstand nach und nach ein Industriegürtel, der bis zum Gelände der Warnowwerft im Ortsteil Warnemünde reicht. In Warnemünde selbst hat neben der Werft noch die Ingenieurhochschule für Seefahrt ihren Standort (seit 1991 Teil der Universität), deren Geschichte auf die Mecklenburgische Seefahrtsschule aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht.


Die Werften in der DDR

An der Ostseeküste entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg in Wismar, Rostock-Warnemünde und Stralsund große Werften, auf denen seit 1946 über 5.000 See- und Binnenschiffe in mehr als 200 Typenausführungen für Kunden in 45 Ländern gebaut wurden. Mehr als 90 % aller Schiffsneubauten waren für den Export bestimmt. Hauptabnehmer war die Sowjetunion, die bis 1989 insgesamt 3.500 Schiffe kaufte.
Das VEB Kombinat Schiffbau wurde 1979 gegründet und hatte seinen Hauptsitz in Rostock. Gleichzeitig befanden sich hier noch die Neptunwerft, das Dieselmotorenwerk Rostock, die Isolier- und Klimatechnik Rostock, die Schiffselektronik Rostock, die Industrie-Kooperation Schiffbau Rostock und das Institut für Schiffbautechnik und Umweltschutz. Das Kombinat, dessen jährliches Produktionsvolumen bei 6 Mrd. Mark lag, war auf die Produktion von Großserien ausgerichtet. Ein kundenorientierter Spezialschiffbau war weitgehend ausgeschlossen, was sich unter den seit 1990 herrschenden neuen Wettbewerbsbedingungen und nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Marktes als verhängnisvoll erwies.


Entwicklung nach der Wende

Am 1. Juni 1990 wurde das Kombinat aufgelöst bzw. in die "Deutsche Maschinen- und Schiffbau AG" (DMS) umgewandelt, die mitsamt den 24 in GmbHs umgewandelten Werften und Zulieferbetrieben zu dessen Rechtsnachfolger wurde. Bis Mitte 1992 sank die Zahl der Arbeitsplätze bei der DMS auf 17.000. Auf den Werften, wo zu DDR-Zeiten 34.000 Personen beschäftigt waren, schrumpften die Belegschaften bis zum Juli 1992 auf insgesamt nur noch 13.500. Damit hatten die ostdeutschen Werften in nur zwei Jahren einen Personalabbau hinnehmen müssen, wie er in vergleichbarer Größe in der westdeutschen Werftindustrie in 15 Jahren stattgefunden hatte.
Nach der Wende gehörte die Neptunwerft zum Bremer Vulkan-Verbund, der jedoch 1996 zusammenbrach. Die mittlerweile nach Warnemünde umgezogene Werft existiert noch heute, jedoch arbeitet sie als Tochter der Meyerwerft Papenburg nur noch in kleinem Umfang. Seit 2000 fertigt die Neptunwerft auch wieder Neubauten, heute vor allem Binnenschiffe. Seit dem Jahr 2006 konzentriert sich die Neptun Werft vor allem auf den Bau von Flußkreuzfahrtschiffen und den Sektionsbau.
Der ehemalige VEB Mathias-Thesen-Werft Wismar gehörte vom 1. Juni 1990 – jetzt als Mathias-Thesen-Werft Wismar GmbH – bis August 1992 zur Deutschen Maschinen und Schiffbau AG (DMS) und wurde dann ebenfalls vom Bremer Vulkan-Verbund übernommen. Nach dessen Konkurs ging die Werft 1998 in den Besitz des norwegischen Konzerns Aker über. Ferner gehörte der Unternehmensgruppe Aker Yards auch die ehemalige Kvaerner Warnow Werft in Rostock an. Zusammen kooperierten die beiden Standorte von 2002 bis 2008 unter der Bezeichnung Aker Ostsee. 2008 verkaufte Aker Yards die Werften an die russische Wadan Yards Group AS, deren deutsche Unternehmensteile jedoch bereits ein Jahr später Insolvenz anmelden mussten. Der russische Investor und alleiniger Eigentümer der eigens gegründeten Nordic Yard, Vitaly Yusufov, erwarb schließlich die deutschen Anteile, sodass 2009 in den Werften unter dem Namen Nordic Yards der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte. Die Werftengruppe Nordic Yards gilt mittlerweile als einer der führenden Hersteller im High-Tech-Schiffbau und fertigt vor allem Spezialschiffe und Offshore-Projekte.



Dock der Werft Wismar (MEV)


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Lars Pennig, Kristian Uhlenbrock, Wiebke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 15.04.2012