Infoblatt Great Plains


Naturraum, Landwirtschaft, Umweltproblematik



Viehhaltung in den Great Plains (Hahn)


Naturraum - Charakteristika

Die Great Plains umfassen ein Gebiet, welches sich auf einer Breite von ca. 700 km zwischen den Rocky Mountains im Westen und dem Mississippi im Osten von Saskatchewan in Kanada bis nach Texas als Hochebene durch Nordamerika erstreckt. Das Areal östlich des 100. Längengrades wird allgemein hin auch als Prärie bezeichnet.

Die Ost-West verlaufende Pine Ridge trennt das niedriger gelegene Missouri-Plateau von den höheren High Plains im Süden. Im Bereich des Missouri Plateaus sind besonders die bis 2.200 m hoch aufragenden Black Hills (bekannt u. a. für die in die Granitfelsen gemeißelten Präsidentenköpfe) und die Badlands (abwechselnde Schluchten und Kämme als eindrucksvolle Erosionslandschaften) in South Dakota von geologischem Interesse.
Die High Plains weisen ebenere Strukturen auf und fallen von knapp 2.000 m Höhe im Westen sanft auf etwa 300 m ü. NN im Osten ab. Weiter nach Süden hin folgen in Texas die komplett ebenen Staked Plains, während die Plains zur Golfebene hin mit dem Balcones Escarpment abschließen. Im Nordosten der Great Plains bestimmen vor allem die während der letzten Eiszeit geformten Endmoränen, Toteisseen und verlandeten Moore das Landschaftsbild. Die in diese Richtung geneigten Plains sind auf die Gebirgsbildungsphase vor ca. 65 Mio. Jahren zurückzuführen, während der sich auch die Rocky Mountains herausgebildet haben. In dieser Phase wurden viele Bereiche der Great Plains regional gehoben und gekippt.
Fluviatile Prozesse haben zur großräumigen Landschaftsgestaltung beigetragen: So sorgten Flüsse wie Arkansas, Platte und Missouri für die Ausbildung kastenförmiger Täler in den Hochplateaus. Aus geologischer Sicht sind Sedimentgesteine wie Ton, Kalk- und Sandsteine sowie Granit und Gneis in den bergigeren Arealen vorzufinden.
Das Klima der Great Plains ist kontinental geprägt mit extremen jährlichen Temperaturunterschieden und kann den winterkalten Steppenklimaten zugeordnet werden.
Da der Jahresniederschlag im westlichen Teil der Plains mit ca. 300 mm wesentlich niedriger ausfällt als im östlichen Teil mit ca. 800 mm, findet man sowohl Feucht- als auch Trockensteppenklima vor. Niederschläge fallen oft unregelmäßig; der Schwerpunkt liegt im Frühsommer. Aufgrund dieser Variabilität des Niederschlags und der relativ hohen Verdunstung sind Dürrejahre keine Seltenheit.

Die eingangs beschriebenen Klimaverhältnisse bilden in den östlichen Bereichen die Voraussetzung für mineralstoffhaltige, humusreiche Schwarzerden, die sog. Mollisole, während Richtung Rocky Mountains eher kalkhaltige, aber sehr ertragreiche Kastanozem-Böden dominieren.
Zur charakteristischen Vegetation gehören vorwiegend Gräser und Sträucher; Baumbewuchs bildet die Ausnahme. Während in Mississippi-Nähe eher üppiger Grasbewuchs vorherrscht, findet sich weiter westlich hauptsächlich Kurzgrassteppe.


Entwicklung der landwirtschaftlichen Nutzung

Ursprünglich galten die Great Plains als eine für agrarische Nutzung völlig ungeeignete Zone, die ihnen auch den Namen "Great American Desert" einbrachte. Erst als weiße Siedler in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf ihrem Zug gen Westen die Plains erreichten, wurden viele hier sesshaft. Der amerikanische Homestead Act von 1862 ermöglichte den Siedlern Finanzierungsmöglichkeiten beim Erwerb von Land; zeitgleich versprach sich die Bundesregierung davon die Schaffung einer gewissen Siedlungsdichte, welche zur dauerhaften Erschließung der Plains mit Eisenbahnlinien erforderlich war.
In der Folgezeit förderten mehrere überdurchschnittlich regenreiche Jahre den Glauben an die agrarischen Möglichkeiten der Plains und damit auch eine beschleunigte Ansiedlung.
Die ersten Jahrzehnte der agrarischen Nutzung waren hauptsächlich durch intensive Rinderweidewirtschaft geprägt. Die enorme Nachfrage nach Weizen während und nach dem Ersten Weltkrieg führte zu einer Ausdehnung der Weizenanbauflächen in die semiariden Gebiete über 100° westliche Länge hinaus, die nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 1960er Jahren weiter forciert wurde. Möglich war dies erst durch die Methode des Dry Farming. Im Vordergrund stand hier die Brachetechnik: Felder wurden in lange Streifen aufgeteilt, von denen einer im Wechsel angebaut, der andere brach gelassen wurde, wobei er meist nach größeren Niederschlägen gepflügt und zunächst geeggt wurde. So wurden die Kapillaren zerstört, die Verdunstung sollte vermindert werden. Niederschläge aus zwei Jahren sollten also für eine Anbauperiode verfügbar gemacht werden. Dabei ergaben sich im Laufe der Jahrzehnte durch den Fortschritt der Brachetechnik erhebliche Veränderungen beim Speichereffekt, die allerdings die Feuchteproblematik nicht langfristig lösen konnten. Auch starke Dürren in den 30er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, bei denen allein in den 30er Jahren etwa 600.000 Farmer wirtschaftlich ruiniert wurden, konnten diesen Prozess nicht aufhalten.
Heutzutage ist diese Weizenmonokultur wieder zurückgegangen und beschränkt sich größtenteils auf Sommer- und Winterweizenanbau in den nordwestlichen und zentralen Plains, wohin gegen in den östlichen Gebieten Mais, Hirse und andere Futterpflanzen mit großem Wasserbedarf dominant sind. Das Landschaftsbild wird hier daher durch Bewässerungsfeldbau und extensive Weidewirtschaft geprägt. Auch die Rindermast spielt nach wie vor eine Rolle bei der Landnutzung in den Great Plains.


Aktuelle Situation und Umweltproblematik

Mit der umfangreichen Bewirtschaftung der Great Plains gehen z. T. katastrophale Bodenzerstörungen durch unbedachte Landnutzung einher.
Die häufigen Dürren in Verbindung mit der extensiven Nutzung der Böden begünstigen ausgeprägte Bodenerosion. Insbesondere das Dry Farming führt zusammen mit den großräumigen Getreidemonokulturen in Dürrejahren zu katastrophalen Folgen: Durch den fehlenden Baumbestand sind die Böden der Erosionsarbeit des Windes, der in den Plains große Geschwindigkeiten erreichen kann, schutzlos ausgeliefert. Ist der fruchtbare Oberboden einmal abgetragen, können anschließende Niederschläge tiefe Rinnen und Gräben auswaschen und den Boden einfach wegschwemmen.
Besonders ausgeprägt sind die Auswirkungen der Bodenerosion dort, wo die höchste Niederschlagsvariabilität herrscht: entlang der Trockengrenze zwischen Colorado, Kansas, Oklahoma, Texas und New Mexico, was diesem Gebiet den Beinamen Dust Bowl eingebracht hat.
Da diese Erosionsprozesse im vergangenen Jahrhundert Millionen Hektar Ackerland zerstört haben, versucht man ihnen mit Bodenerhaltungsmaßnahmen wie z. B. Renaturierung, Terrassierung und Windschutzhecken Herr zu werden. Der weitestgehende Übergang zum Agrobusiness und der hohe Mechanisierungsgrad haben immer größere Betriebe hervorgebracht, welche die angesprochenen bodenerhaltenden Maßnahmen in den Hintergrund treten lassen.
Auch heutzutage sind die Great Plains – im Vergleich zu ihrer Fläche – nur wenig bewohnt und gehören mit etwa einer Million Einwohnern zu den am dünnsten besiedelten Landwirtschaftsregionen der Welt. Die Dürreproblematik und der gestiegene Technisierungsgrad lassen auf ein weiteres Sinken dieser Zahl schließen; der Anteil der im primären Sektor Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung in den Great Plains ist seit dem Weizenboom in den 1920er Jahren signifikant zurückgegangen. Vielerorts bildet sich einst kultiviertes Land zurück in ursprüngliche Graslandschaft, auf der zunehmend Büffelzucht betrieben wird.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Nils Wiemann
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 25.05.2012