Infoblatt Snøhvit-Projekt


Informationen über die Ergasförderung in der Barentssee



Bau der Verflüssigungsanlage auf der Insel Melkøya, Entwicklungsstand Frühjahr 2006 (Eiliv Leren)

Da die Nachfrage nach Erdgas steigt und sich der Druck auf die Vorräte verstärkt, werden fortlaufend neue Lagerstätten gesucht. Exploration und Förderung erstrecken sich dabei auf immer unwirtlichere Gebiete, in denen die Erdgasgewinnung wenige Jahre zuvor noch undenkbar war, da technische Neuerungen und die Verteuerung des Erdgases eine wirtschaftliche Förderung hier nun möglich machen. So wurde durch ein Firmenkonsortium unter Führung des Statoil-Konzerns mit dem etwa 7,4 Mrd. Euro teuren Snøhvit-Projekt die erste Offshore-Förderanlage in der Barentssee fertiggestellt.


Projektdaten

Das im Hammerfest Bassin gelegene Snøhvit-Projekt umfasst die drei Erdgasfelder Snøhvit, Albatross und Askeladd, in denen 193 Mrd. m³ förderfähiges Erdgas sowie 113 Mrd. Barrel Kondensat (schwere Kohlenwasserstoffe wie Petan oder Hexan) lagern. Die Reservoirs befinden sich in Tiefen von 2.040 bis 2.375 Metern und stehen unter einem Druck von 209 bis 267 bar. Insgesamt belaufen sich die förderfähigen Kohlenwasserstoffvorkommen auf über 300 Mrd. m³, von denen jährlich etwa 6,9 Mrd. m³ dem Produktionsprozess zugeführt werden sollen.
Nachdem das Projekt im Jahr 2002 durch das Norwegische Parlament genehmigt wurde, hat man nach einigen Vorleistungen im Januar 2005 damit begonnen, die Felder durch Bohrungen zu erschließen. Werden in dieser Phase noch Plattformen an der Wasseroberfläche eingesetzt, so findet die eigentliche Förderung gänzlich durch ferngesteuerte Anlagen auf dem Meeresboden in 250 bis 345 Metern Tiefe statt. An der Oberfläche sichtbare Installationen sind im späteren Projektverlauf somit nicht notwendig.
Erdgas und Kondensat werden über eine 143 km lange Pipeline zu einer eigens für das Projekt errichteten Erdgasverflüssigungsanlage auf der Insel Melkøya vor Hammerfest transportiert. Ende Oktober 2007 verließ der erste Tanker mit einer Ladung von 145.000 m³ verflüssigtem Erdgas (Liquified Natural Gas - LNG) den Hafen von Melkøya. Jährlich sollen so 5,67 Mrd. m³ (4,1 Mio. Tonnen) LNG sowie 3,1 bis 5,7 Mio. Barrel (etwa 800.000 Tonnen) Kondensat verschifft werden. Ferner umfasst die Förderung auch 220.000 Tonnen Liquified Petroleum Gas (LPG), d. h. Erdgasnebenprodukte (Propan und Butan), die schon unter einem sehr geringen Druck von 8 bar flüssig werden.
Das LNG wird hauptsächlich in die USA exportiert (2,4 Mrd. m³), doch auch Frankreich (1,7 Mrd. m³) und Spanien (1,6 Mrd. m³) werden durch Snøhvit versorgt. Entsprechend dieser Zahlen wird mit einer Gesamtförderdauer bis zum Jahr 2035 gerechnet.
Das Snøhvit-Projekt umfasst jedoch nicht nur die Förderung der verschiedenen Produkte, sondern auch die Injektion des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die Lagerstätte. Dazu wird das durch den Förderprozess mit an die Oberfläche gelangte CO2 abgeschieden und zurückgeleitet. In Norwegen wurden erste positive Erfahrungen damit im Sleipner-Gasfeld gesammelt. Beim Snøhvit-Projekt sollen 23 Mio. Tonnen oder 2 % der gesamten CO2-Emissionen Norwegens in den knapp 30 Förderjahren wieder in der Erde versenkt werden. Auch andere Staaten zeigen reges Interesse an dieser Technologie, da man so hofft, seinen Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasen aus dem Kyoto-Protokoll nachkommen zu können.


Gasverflüssigungsanlage

Eine Besonderheit des Snøhvit-Projekts ist in der Gasverflüssigungsanlage zu sehen, die in ihrer Kapazität und Größe einmalig in ganz Europa ist. Aufgrund der unzureichenden Infrastruktur sowie des strengen Klimas in Nordnorwegen wurde die Anlage in einzelnen Modulen in ganz Europa gebaut und dann nach Melkøya transportiert und dort zusammengefügt. So wurde z. B. das Herzstück des Produktionskomplexes, die eigentliche Kühlanlage, in Spanien vorgefertigt und getestet. Nach erfolgreichem Probelauf wurde die Konstruktion, welche ein Transportgewicht von 35.000 Tonnen hatte, dann mit einem Schwertransportschiff Richtung Norwegen verschifft. Die Kühlanlage soll später im Betrieb eine Produktionskapazität von 4,3 Mio. Tonnen LNG pro Jahr haben. Obwohl die Verflüssigungsanlage auf Melkøya weltweit zu den energieeffizientesten gehört, verbraucht sie noch immer 1,5 TerraWatt-Stunden, um eine Produktion über 330 Tage im Jahr zu gewährleisten. Daher verwendet man etwa 6 % der Rohgasmenge, um ein eigenes, 224 Megawatt starkes Kraftwerk zu betreiben.
Mit Hilfe der Anlage wird das geförderte Gas auf eine Temperatur von -163 °C heruntergekühlt, wodurch es sich verflüssigt und ein 600fach geringeres Volumen als das gasförmige Produkt annimmt. In dieser Form ist es sehr viel einfacher zu lagern und zu transportieren. Mittels eigens für das Snøhvit-Projekt gebauter Tankschiffe können auch weit entfernte Absatzmärkte, in diesem Fall insbesondere die USA, kosteneffektiv erreicht werden.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Kristian Uhlenbrock
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2006/2010
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 25.04.2010