Infoblatt Land- und Forstwirtschaft in Deutschland im Überblick


Einführung zur Land- und Forstwirtschaft in Deutschland



(Klett)


Einleitung

Land- und Forstwirtschaft sind grundlegende Bestandteile einer Volkswirtschaft. Auch in Deutschland nimmt dieser Sektor eine wichtige Stellung ein. Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung der Landfläche ist wesentlich durch die naturräumlichen Voraussetzungen einer Region bestimmt. Zu diesen Voraussetzungen zählen als wichtigste Faktoren das Relief und die Bodenqualität. In Deutschland werden gut 80 % der Fläche land- und forstwirtschaftlich genutzt. Jeder achte Arbeitsplatz entfällt auf die Landwirtschaft, einschließlich der mit ihr verbundenen vor- und nachgelagerten Bereiche (z. B. Milchverarbeitung, Fleischerei, Brauerei, Backwarenindustrie, Händler etc.). Die Land- und Forstwirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage und ist eng mit der Natur verbunden.


Landwirtschaft

Die Landwirtschaft bildet in der Wirtschaft den "primären Sektor". Sie befasst sich mit der Bewirtschaftung des Bodens und mit der Tierzucht zum Zwecke der Nahrungsmittelerzeugung und Rohstoffproduktion. Dabei sind die Erzeugungshöhe und -richtung von der Bodenart und dem Klima abhängig. Heute ist die Landwirtschaft im großen Maße mechanisiert. In Deutschland werden 52,3 % der Gesamtfläche, insgesamt 18,70 Mio. Hektar (Stand 2010), landwirtschaftlich genutzt, davon
  • 70 % als Ackerland,
  • 28 % als Dauergrün,
  • die restlichen 2 % teilen sich zwischen Gartenland, Obstanlagen, Baumschulen, Weihnachtsbaumkulturen und Weinanbau auf.
Im Ländervergleich nehmen Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eine Spitzenposition in der landwirtschaftlichen Produktion ein.


Landbauzonen

Als Landbauzonen zählen: Getreidebau, Hackfrüchte, Futterbau, Sonderkulturen und Viehhaltung. Die regionale Verteilung ist abhängig von geographischen Faktoren (Relief, Klima, Boden), der Marktnachfrage, bestehenden Traditionen und politischen Entscheidungen (z. B. Maßnahmen gegen Überproduktion).
Besonders gute Standorte befinden sich an den Rändern der Mittelgebirge, wie die Magdeburger Börde, im Thüringer Becken, nördlich des Wesergebirges, in der Niederrheinischen Bucht, im Rhein-Main-Gebiet oder im Oberrheingraben. Gründe hierfür sind mächtige Lössablagerungen, die während der Eiszeiten aus den Periglazialgebieten (speziell den Urstromtälern) ausgeblasen wurden. Auf diesen Lössablagerungen bildeten sich besonders fruchtbare Bodengesellschaften. Vorwiegend werden hier Getreidearten und teilweise Hackfrüchte angebaut. Zum Getreideanbau gehören Weizen, Gerste, Hafer, Roggen und Mais.
Unter Hackfrüchten werden Kartoffeln, Zuckerrüben, Futterrüben und Feldgemüse zusammengefasst. Der Anbau erfolgt vor allem im Westen Deutschlands in der Jülicher Börde um Mönchengladbach sowie im Rhein-Main-Gebiet, im Würzburger Becken und um Uelzen-Hildesheim-Braunschweig. Speziell den Kartoffelanbau findet man meist in Ostdeutschland. Zuckerrüben werden in den Bördengebieten, entlang der Saale und im Rhein-Main-Neckar-Gebiet angebaut.
Besonders schlechte Bodenqualitäten befinden sich in den Altmoränenlandschaften der Lausitz und Altmark, im Umland vom Fichtel- und Erzgebirge sowie auch in weiten Teilen Nordwestdeutschlands. Diese Gebiete sind für den Getreideanbau weniger geeignet, sodass vielerorts der Tierfutteranbau überwiegt. Außerdem werden diese Regionen sowie die Marschgebiete an der Nordsee, das Voralpenland und die Alpen als Weideflächen für Rinder und Milchkühe genutzt. Zum Futteranbau zählen Klee, Luzerne und Dauergrünland (Wiesen und Weiden).
Als Sonderkulturen werden Obst, Wein, Hopfen, Tabak, Gemüse sowie Heil- und Gewürzpflanzen zusammengefasst. Sonderkulturen sind sehr arbeits- und kapitalintensiv. Sie kommen insbesondere in Südwestdeutschland und punktuell auch in Gesamtdeutschland vor. Auf den Hängen entlang der Mosel, im Rhein-Main-Gebiet, im Oberrheingraben und an der Unstrut wird großflächig Wein angebaut. Auf der Insel Reichenau wird Gemüse angepflanzt und im Rheintal Tabak und Spargel. Im Bodenseeraum und an der Elbe dominiert der Obstanbau und die Hallertau nördlich von München ist durch den Hopfenanbau geprägt.


Landwirtschaftliche Betriebe

Das Haupteinkommen der landwirtschaftlichen Betriebe ist die Tierhaltung. Auch heute noch wird die Arbeit in den Betrieben zum größten Teil von Familienarbeitskräften erbracht. Die Größe der Betriebe schwankt. In Süd- und Südwestdeutschland sind meist kleine und mittlere Betriebe mit bis zu 50 Hektar Nutzfläche anzutreffen. In Nord- und Nordwestdeutschland dominieren mittlere Betriebe. Große Betriebe sind in Ostdeutschland am häufigsten. Bei einer Gesamtzahl von etwa 299.100 Betrieben gibt es mehr Klein- als Großbetriebe, die Durchschnittsgröße je Betrieb beträgt 55,8 ha.


Ökologischer Landbau

2010 wirtschafteten 16.532 landwirtschaftliche Betriebe auf rund 941.000 Hektar Fläche ökologisch. Das sind 5,5 % aller Betriebe auf etwa 5,6 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Der Hauptgedanke des ökologischen Landbaus ist ein nachhaltiges Wirtschaften im Einklang mit der Natur. Ökobauern achten besonders auf eine artgerechte Tierhaltung, auf den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und auf den Verzicht von Pflanzenschutzmitteln, chemischen Düngemitteln und Antibiotika.


Forstwirtschaft

Stark reliefierte Gebiete, wie die deutschen Mittelgebirge und die Alpen, sind aufgrund der steilen Hangneigungen und des teilweise kargen Bodens landwirtschaftlich nur sehr schwer nutzbar. Diese Regionen sind größtenteils mit Wald bedeckt und bilden somit die größten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands. Dazu zählen insbesondere der Schwarzwald, Thüringer Wald und Harz. Weitere große Waldgebiete befinden sich auch im Odenwald, Spessart und in der Moränenlandschaft Nordostdeutschlands. Eine potenziell natürliche Waldvegetation lässt sich jedoch in Deutschland kaum noch finden, da große Waldflächen bereits gerodet sind bzw. der bestehende Wald forstwirtschaftlich genutzt wird. Deutschland ist zu gut 31 % bewaldet, das entspricht ca. 11,1 Mio. Hektar. Damit gehört es zu den waldreichsten Ländern der EU. Regional schwankt der Bewaldungsanteil stark. Rheinland-Pfalz und Hessen haben mit 42,1 % bzw. 41,7 % den höchsten Waldanteil. Demgegenüber hat Schleswig-Holstein nur einen Anteil von 10,3 % Waldfläche, Bremen besitzt gar keine Waldflächen (Stand 2010).
Etwa 44 % der deutschen Waldflächen ist in Privatbesitz, gut ein Drittel im Besitz der Länder, knapp 20 % Körperschaftswald (z. B. Kommunen) und 4 % gehören der Treuhand (Stand 2012). Aus dieser Besitzstruktur und der hohen Anzahl an Waldbesitzern ergibt sich eine große Variationsbreite der Bewirtschaftung und eine hohe Vielfalt der Wälder. Etwa 40 % des Waldes besteht aus Laubbäumen.
Gefährdet wird der Zustand des Waldes durch sog. neuartige Waldschäden. Diese werden verursacht durch Luftverschmutzung, Zersiedlung und Waldzerschneidungen durch die Anlage von Verkehrswegen. Im Jahr 2011 zeigten 28 % der Waldflächen deutliche Kronenverlichtungen (d.h. mehr als 25 % Nadel- o. Blattverlust), wobei vor allem Buchen (2010: 33 %; 2009: 50 %) und Eichen (2010: 51 %) betroffen sind.

Die Wälder Deutschlands sind unterschiedlich stark betroffen:
  • bis 20 % Fränkische und Schwäbische Alb, Lüneburger Heide, Niederlausitz
  • 20 - 30 % Harz, Odenwald, Teutoburger Wald, Schwarzwald, Bayerischer Wald
  • 30 - 40 % Erzgebirge, Bayerische Alpen, Taunus
  • 40 - 50 % Thüringer Wald
Um die vielfältigen Funktionen des Waldes aufrecht zu erhalten, ist eine planmäßige, pflegerische und nachhaltige Forstwirtschaft erforderlich. Denn der Wald ist nicht nur Holzlieferant, er reguliert auch den Wasserhaushalt, reinigt die Luft, schützt vor Lärm und Lawinen und trägt zum Biotop- und Artenschutz bei.


Literatur

Liedke, H. & J. Marcinek (1994): Physische Geographie Deutschlands. Gotha.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sabine Seidel, Wolfgang Koppe, Wibeke Hebold
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.07.2012